Filmkritiker auf der ganzen Welt übertrumpfen sich derzeit in ihren Rezensionen über die Verfilmung des Erfolgsmusicals «Cats» mit Superlativen – im negativen Sinn. «Das Schlimmste, was Katzen seit Hunden passieren konnte» oder «Cat-astrophe» ist da zu lesen. Wir finden: Ganz so schlimm ist es nicht. Aber auch nicht gut.
Seit 1981 wird das Musical «Cats» auf der ganzen Welt aufgeführt. Die Premiere gilt als Startpunkt der goldenen Musical-Zeit. 18 Jahre lief es am Broadway und 21 Jahre am Londoner West End, es ist damit eines der erfolgreichsten Musicals weltweit. Und auch der Höhepunkt des Stücks, das Lied «Memory» der Katze Grizabella, gilt als der bekannteste Musical-Hit überhaupt. Eigentlich spricht alles für den Erfolg einer Verfilmung.
Selbst bei der Bühnenversion wird Nummernrevue zur Tortur
Wenn da nicht die Geschichte wäre. Basierend auf Gedichten von T.S. Eliot (1888–1965) schrieb Andrew Lloyd Webber (71) ein Musical, bei dem mehrere «Jellicle Cats» (was Jellicle heisst, ist bis heute nicht bekannt) in einer Casting-Show mit eigenen Vorstellungsliedern um den Einzug in den «sphärischen Raum» kämpfen, also um ein neues Leben.
Selbst bei der Bühnenversion wird diese Nummernrevue ohne bemerkenswerte Dramaturgie zu einer Tortur. Beim Film ist es noch schlimmer. Hier hat sich Regisseur Tom Hooper (47) definitiv zu sehr am Theaterstück orientiert. Weniger Gesinge und mehr Handlung hätten dem Film gutgetan.
Spätestens bei der fünften Katze, die sich mit einem Lied vorstellt, wird sich auch der letzte Musical-Fan im Kino fragen, warum er überhaupt im Saal sitzt. Eigentlich könnte man nebenbei noch seine Steuererklärung erledigen, ohne irgendwas von der Handlung zu verpassen. «Cats» verkommt als Film-Version zur flachen Unterhaltung für nebenbei.
Wahnsinnig verstörend
Dass dabei Menschen wie Katzen und mittels CGI-Technologie wie Avatare ihrer selbst aussehen, ist nur zu Beginn gewöhnungsbedürftig. Jedoch hätte man bei der Szene von Jenny Fleckenreich, gespielt von Rebel Wilson (39), auf Kindergesichter auf den Mäusen und Kakerlaken verzichten können.
Es wirkt wahnsinnig verstörend, wenn die menschlichen Katzen menschliche Kakerlaken fressen, der Gedanke an Kannibalismus ist unausweichlich. Irritierend ist auch, wieso bei der eigentlich grandiosen «Memory»-Szene von Grizabella (gespielt von Jennifer Hudson, 38), ihre Nase wie bei einer echten Katze läuft.
Keine Spannung, zu langatmig
An «Cats» gibt es wirklich viel auszusetzen. Trotz der hochkarätigen Besetzung (Judi Dench, Ian McKellen, Idris Elba, Taylor Swift, Jason Derulo, Jennifer Hudson, Rebel Wilson), der modernen Filmtechnik und dem Erfolg des Bühnenstücks ist hier alles andere als ein Meisterwerk gelungen.
Die vielen Fehlentscheide des Regisseurs und die nicht vorhandene Spannung machen «Cats» zur eineinhalbstündigen, langatmigen Seicht-Unterhaltung.