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Ich gehe privat und im Berufsleben Risiken ein.» Shia LaBeouf (r.)

Foto: AP Photo/Sony Pictures Entertainment, Giles Keyte

Interview: Dierk Sindermann aus Los Angeles

Er stülpte sich auf dem roten Teppich eine Einkaufstüte mit der Aufschrift «I am not famous anymore» – «Ich bin nicht mehr berühmt» über den Kopf, prügelte sich in einem Nachtclub und machte einen Alkoholentzug. Shia LaBeouf (28) ist ein Enfant terrible. Aber auch einer der begabtesten Jungschauspieler Hollywoods. So zu sehen mit Brad Pitt (50) im neuen Film «Fury». Doch auch da geriet der Nachwuchsstar mit dem Weltstar aneinander.

BLICK: Was war passiert?
Shia LaBeouf: Es war ganz am Anfang der Dreharbeiten. Wir haben mit dem Team trainiert. Es war genau so, wie Soldaten geschliffen werden. Irgendwann war ich völlig fertig und konnte keinen einzigen Liegestütz mehr machen. Brad hat rübergeschaut und gebrüllt: «Heb deinen fucking Arsch hoch.» Ich hab gedacht: Oh nein, nicht schon wieder.

Wieso schon wieder?
Ich habe mich schon am letzten Set total mit dem Hauptdarsteller verkracht. Ich hatte wahnsinnige Angst, Brad als Freund und Kamerad zu verlieren. Ich bin zu den Latrinen gerannt und habe angefangen zu weinen. Ich bin halt so ein Sensibelchen.

Wie hat Brad darauf reagiert?
Unglaublich toll. Er ist rübergekommen und hat mich in den Arm genommen. So etwas ist mir mit einem Kollegen noch nie passiert. Wir haben uns einfach nur gehalten. Ich weiss, es klingt total kitschig, aber seither sind wir sehr verbunden.

Könnten Sie sich im wahren Leben vorstellen, Soldat zu sein?
Ich kann mich in junge Männer hineinversetzen, die freiwillig zum Militär gehen. In unserer patriarchalen Gesellschaft gibt es keine Zeremonien, die einem vom Jungen zum Mann werden lassen. Ausser man zieht in den Krieg. Viele der Jungs wollen einfach nur als Erwachsene angesehen werden.

Die Soldaten im Film haben alle Spitznamen. Haben Sie privat auch einen?
Ich habe verschiedene. Mein Vater hat mich «Honeyboy» gerufen. Für meine Mutter war ich immer «Souper» oder «Soupy». Weil ich als Junge Suppe über alles liebte. Ich hatte sehr empfindliche Zähne und das Kauen von fester Nahrung tat mir weh.

Sie haben in letzter Zeit oft Negativschlagzeilen gemacht. Fühlen Sie sich falsch verstanden?
Als Schauspieler und Künstler gehört es dazu, dass Leute alles Mögliche in dein Leben hineininterpretieren. Klinge ich wie ein Angeber? Ich bin nämlich kein guter Schauspieler.

Sind Sie nicht?
Nein, deshalb verwandle ich mich auch so gut es geht in meine Filmfiguren. Ich versuche alles, um so authentisch wie möglich zu wirken. Dann muss ich weniger schauspielern und kann einfach nur ich sein.

Es heisst, dass Sie dafür sogar eine Art Selbstverstümmelung betrieben haben.
Ja. Mein Gesicht musste so aussehen, wie bei jemandem, der schon drei Jahre in einem Panzer im Krieg gekämpft hat. Ein Zahn musste weg.

Und die Schnittwunde in Ihrem Gesicht?
Habe ich mir selbst zugefügt. So bin ich zu dem Mann geworden, den Sie auf der Leinwand sehen. Und ich habe mich auch so gefühlt. Deshalb ist auch das Tattoo mit der Aufschrift «Surrender to Jesus» («Gib dich Jesus hin») echt.

Wenn man ständig mit Leib und Seele mit seiner Rolle verschmilzt, verliert man dann nicht irgendwann seine eigene Persönlichkeit?
Wer sagt denn, dass man nur ein wahres Ich hat? Jeder von uns hat mehrere Seiten, die er in verschiedenen Lebenslagen zeigt. Kleiden Sie sich nicht besser und reden anders, wenn Sie – wie jetzt – ein Interview führen?

Das stimmt!
Sehen Sie! Der neue Shia La-Beouf, der reifere Shia LaBeouf, hat erkannt, dass es das wahre Ich einfach nicht gibt. Dass man verschiedene Seiten haben kann, ohne dass man sich auf eine festlegen muss. Seither habe ich eine sehr viel positivere Einstellung zum Leben gewonnen.

Soldaten machen ihr Testament, bevor sie in den Krieg ziehen. Wen würden Sie in Ihrem letzten Willen bedenken?
Ich bin ein Muttersöhnchen und würde alles meiner Mama hinterlassen.