Sie wuchs in Bern auf, kehrte aber mit 18 Jahren an ihre Geburtsstätte zurück. «Es lief reibungslos», erzählt sie: «Ich lernte sofort wichtige Leute wie die Oscar-Preisträger Robert Redford und Kathy Bates kennen.»
Sicher half auch, dass sie ihr Schauspieldebüt schon als Zwölfjährige absolviert hatte: am Stadttheater Bern, in Musikstücken wie «Oliver Twist» oder «Lulu».
Steiler Karriere-Start
In der US-Filmmetropole brauchte sie dann auch nicht mehr irgendwelche Jobs anzunehmen wie andere Nachwuchskünstler – ihre Karriere begann sofort: «Zwei, drei kleinere Filme im Jahr reichten mir zum Leben.»
Nebenher arbeitete sie als Model und geriet so auch nie in Versuchung, sich auf zweifelhafte Angebote von Regisseuren oder Produzenten einzulassen: «Sie wollten sich immer noch nach der Arbeit verabreden», sagt Chappuis.
«Manche Männer in Hollywood sind wie Haie: Wenn du nicht aufpasst, fressen sie dich auf.» 2002 gipfelte ihr Erfolg in der Rolle einer Dirne im Leinwand-Epos «Gangs of New York» des Meister-Regisseurs Martin Scorsese (67). Sie durfte in die blauen Augen von Leonardo DiCaprio (35) blicken und sich in die starken Arme von Daniel Day-Lewis (53) schmiegen, sie hatte es geschafft!
«Plötzlich musste ich kämpfen»
Doch eine Rolle macht noch keinen Star. Chappuis spürte es zunächst gar nicht. Aber dann wurde ihr klar: Die Angebote blieben aus. «Plötzlich musste ich kämpfen, war mit der Wirklichkeit konfrontiert. Und die ist in Hollywood härter als viele denken.» Was sie zuvor selten tat, war jetzt nötig: Sie musste an Castings teilnehmen, um Rollen zu ergattern. «Manchmal waren wir bis zu 1000 Leute.»
Die Lage verbesserte sich nicht. Also kehrte sie zu ihrer Mutter nach Bern zurück, wollte ihr Glück in Europa versuchen. «Ich dachte, wenn ich in die Schweiz komme, ist alles wie immer. Doch hier läutete mein Telefon gar nicht mehr. Es kamen keine Angebote, die Kontakte waren weg.»
Wie verkraftet es eine junge, schöne, selbständige, bis dahin erfolgreiche Schauspielerin, schlagartig von ihrem aufregenden Leben abgeschnitten zu sein? «Ehrlich gesagt: sehr schlecht. Die Stille war bei mir angekommen.»
Realität – das erste Mal
Um Geld zu verdienen, arbeitete sie als Messe-Hostess, verteilte sogar Zeitungen. «Am Anfang dachte ich: Oh nein, jetzt muss ich solche Dinge machen. Doch es war das erste Mal, dass ich die Realität erlebte.»
Und dann kam der Oktober 2005, der tiefste Einschnitt in ihrem Leben: «Ich spürte mich nicht mehr und fühlte nur noch Verzweiflung.» Es war nicht der Karriere-Knick allein – die bis dahin so strahlende junge Frau erkrankte an einer Depression. Sieben Wochen verbrachte sie in den Universitären Psychiatrischen Diensten Bern (UPD).
Wie fühlt es sich an, wenn etwas mit dem eigenen Inneren nicht mehr stimmt? Eliane Chappuis spricht leise. Denkt nach: «In diesem Moment ist man überzeugt, dass man sehr grosse Probleme hat. Man denkt, man sei am Ende. Und: Man kann sich einfach nicht selber da rausholen.»
Andere mussten helfen: «Ich habe eine sehr liebe Mutter und nette Freunde. Ich schaue, dass sie nicht aus dieser oberflächlichen Branche sind.» Die Tochter eines Schweizers und einer Vietnamesin offenbart: «Ich habe im Buddhismus Stärke geschöpft.
Kraft im Buddhismus geschöpft
Der Glaube liefert mir stets eine neue Perspektive und hilft mir, mein Glück realisieren zu können.» Bald wird sie ein Album mit Zen-Gebeten von Thich Nhat Hanh (83) veröffentlichen. «Mangels Schauspiel-Offerten habe ich mit dem Singen angefangen.» Im Herbst will die Single-Frau nach London ziehen.
Dabei läuft es für sie nun endlich auch in der Heimat: Im Schweizer Spielfilm «Die weis-se Lilie», dem Debüt von Regisseur David Borter (20), steht sie wieder vor der Kamera – mit kurzen Haaren. «Der Look passt perfekt zu meiner Rolle als Andrea, einer kecken, dominanten Frau. Und natürlich zu mir!»
Hollywood ist für die neue Chappuis vorerst abgehakt. «Dafür hätte ich keinen Pfuus mehr.»Und doch ist sie schon wieder voller Kraft: «Neuer Film, neue Frisur, neues Album. Jetzt kommt wie ein zweiter Wind in mein Leben. Eigentlich ist das mein Comeback!»