Hollywood, kurz nach dem Mittag: Security-Leute, Journalisten, Fotografen, alle hasten eilig zur Seite. «Go away, go away», ruft eine Frau mit Oscar-Aufschrift auf ihrem T-Shirt und fuchtelt wie wild mit den Händen. Grund für den Aufruhr? Der rote Teppich soll nochmals sauber gemacht werden. In knapp vier Stunden schreiten die Stars der Filmbranche über den Red Carpet an den vollgepackten Zuschauertribünen vorbei, hinauf ins Dolby Theatre zur Oscar-Verleihung.
13:30 Uhr: Ein Mann mit grimmiger Miene hat mich erspäht. «Sie müssen gehen, los jetzt», ruft er auf Englisch und deutet auf meine Akkreditierung. Dort prangt neben dem Namen eine grosse, fette «3». Bedeutet: Ab 13 Uhr keinen Zugang mehr zum roten Teppich – wie die meisten der rund 1500 anwesenden Medienschaffenden. Nur noch Fernsehjournalisten sind zugelassen. Ich solle mich beeilen, sagt der Mann und weist mir ungeduldig den Weg. BLICK wird vom Red Carpet geschmissen!
Kategorien vertauscht
Bei den Academy Awards gibts für fast alles eine Regel. Wie lange man wo stehen darf, wie lange die Videos sein dürfen. Nur mit der Organisation klappt es nicht immer so ganz. Das zeigt sich auch im Interview-Raum, dort wo die Journalisten die Live-Show Seite an Seite verfolgen. Als der Programmablauf auf Zetteln verteilt wird – also wann welcher Oscar vergeben wird – fällt der österreichischen Kollegin sofort ins Auge: «Der Goldjunge für die beste Hauptdarstellerin fehlt!» Eine halbe Stunde später tritt eine Verantwortliche vors Mikrofon: Mehrere Kategorien seien miteinander vertauscht worden. Die korrekte Reihenfolge werde noch vorgelesen, dann könne man sich Notizen machen.
Doch zu spät, im wenige Meter entfernten Dolby Theater gehts schon los: Die Kult-Band Queen kommt auf die Bühne, eröffnet die Live-Show. Über die Bildschirme sind Hits wie «We are the Champions» und «We will rock you» zu hören. Im Anschluss werden die ersten Goldjungen verliehen, gleichzeitig eröffnet das Buffet für die Presse: Shrimps, Pasta, Poulet – alles sehr exquisit.
«Danke an die Crew»
Dann gehts Schlag auf Schlag: Jede Gewinnerin und jeder Gewinner schaut im Interview-Raum vorbei, beantwortet zwei oder maximal drei Fragen, bevor es für sie wieder zurück zur Show geht. Dabei muss alles zügig ablaufen, schliesslich gibts Gewinner in 24 Kategorien abzuhandeln.
Die Fragen: abwechslungsreich. Die Antworten der Stars: langweilig. In 67 Prozent der Fälle notiere ich ein «Danke an die Crew» auf meinen Notizblock. Dicht gefolgt von Lobeshymnen auf die Eltern und an den Schatz.
Nur eine überzeugt im Interview-Raum: Lady Gaga. Sie kommt, als die Show bereits vorbei ist. Die Sängerin hat einen Oscar für den Filmsong «Shallow» gewonnen. Gaga nimmt sich über 15 Minuten Zeit, spricht über Gleichberechtigung, die LGBT-Community und sogar über den – aus ihrer Sicht – bedenklichen Umgang mit Smartphones.
Nach ihr ist Schluss. «Bis zum nächsten Jahr», ruft jene Organisatorin ins Mikrofon, die uns bis zuletzt den korrekten Programmablauf schuldig geblieben ist.
Den Oscars fehlte der Moderator
Was von den Oscars 2019 bleibt, ist wenig: Kaum grosse Emotionen, keine Skandale und – ausser dem soliden Auftritt von Queen – blasse Musik-Acts. Doch was am meisten vermisst wurde, war ein Moderator. Die witzigen Sprüche eines Jimmy Kimmels vom Vorjahr geben einer solchen Veranstaltung das gewisse Etwas, um dreieinhalb Stunden dranzubleiben. Nur so werden auch Awards wie «bestes Make-up & Hairstyling» oder «Sound Editing» zum Erlebnis.
Die ersten Academy Awards seit drei Jahrzehnten ohne Moderator – sie waren die schlechtesten seit Jahren. Bleibt zu hoffen, dass bei der nächsten Verleihung wieder jemand durch den Anlass führt. BLICK wäre bereit.