Die Oscar-Verleihung ist für Sie längst Routine, nicht?
Julianne Moore: Ach was! Egal, wie lange man schon im Geschäft ist und wie oft man ausgezeichnet wurde: Diese Ehre ist der Big Deal! Eine echt riesige Sache. Ich schwebe auf Wolke sieben.
In «Still Alice» spielen Sie eine Frau, die schon in jungen Jahren Alzheimer bekommt. Wie gut ist Ihr eigenes Gedächtnis?
Als ich jünger war, wusste ich immer, wo ich meine Schlüssel gelassen hatte oder um wie viel Uhr ein Film anfing. Heute vergesse ich schon mal das eine oder andere. Ich habe zum Rollenstudium auch einen Alzheimer-Test gemacht. Zu meiner Beruhigung war aber alles noch im grünen Bereich.
Sie haben es in Hollywoods A-Liga geschafft. Was ist schlimmer: nie ganz berühmt geworden zu sein oder seine Berühmtheit verloren zu haben?
Das ist eine sehr interessante Frage! In meiner Wahrnehmung ist es traumatisch für einst bekannte Schauspieler, wenn sich plötzlich keiner mehr für sie interessiert. Das zerstört einen Teil ihrer Seele.
Darüber müssen Sie sich zum Glück keine Sorgen machen.
Scherzen Sie? Keiner in unserer Branche ist dagegen immun, plötzlich keine Rollen mehr zu bekommen. Auch ich nicht. Ständig denke ich an Kollegen, die unheimlich talentiert sind, aber nicht mehr auf der Leinwand zu sehen sind. Deshalb ist es wichtig, dass man nicht sein ganzes Leben davon abhängig macht, als Schauspieler Erfolg zu haben. Viele von uns bauen sich deshalb ein zweites Standbein auf.
So wie Sie als Autorin von Kinderbüchern.
Ja, ich habe vier herausgebracht. Drei aus der «Freckleface Strawberry»-Serie und eins über meine Kindheit: Wie es war, mit einer Mutter aufzuwachsen, die aus einem anderen Land stammt. Meine kam aus Schottland. Es gibt auch zwei «Freckleface Strawberry»-Apps. Mit der einen können Kinder kreativ Mathe-Aufgaben lösen, mit der anderen süsse Monster zeichnen.
Sie leben in New York, nicht in Hollywood. Warum?
New York ist mein Zuhause geworden. Der Rummel dort ist nicht ganz so gross wie in Los Angeles. Wir haben das Glück, ein relativ normales Leben führen zu dürfen. In Hollywood ist es nicht ungefährlich, auch sehr oberflächlich. Schein ist oftmals wichtiger als Sein in dieser Branche. Aber ich liebe meinen Job. In eine neue Rolle zu schlüpfen und das Leben aus anderen Blickwinkeln zu betrachten, macht mich sehr glücklich. Aber mein Job ist nicht mein Leben.
Wichtiger ist ...
... die Familie natürlich. Das Leben mit meinen Mann Bart und den Kindern in unserem Haus mit Hund. Dort fühle ich mich am erfülltesten. Was zählt, ist, dass mein Sohn Caleb gerade superhappy ist mit seiner Freundin und dass meine Tochter Liv ihre neue Schule mag. Natürlich ist es für mich gut, Arbeit zu haben. Sigmund Freud hat einmal gesagt, dass du arbeiten und lieben sollst – ich habe die perfekte Balance gefunden.
Wer gibt bei Ihnen zu Hause den Ton an?
Ha, ha: Mein Mann scherzt immer, dass ich die Präsidentin der Familie bin, und er als Manager für Unterhaltung und Nahrungsbeschaffung zuständig sein darf. Im Ernst, ich bin gut in Organisation. Als meine Tochter in ihre neue Schule gekommen ist, hat sie am ersten Tag gemerkt, dass ihr Spanisch schlechter war als das ihrer Klassenkameraden. Ich habe noch in der Nacht Mails an Nachhilfelehrer verschickt und bereits am nächsten Morgen um 5.30 Uhr einen engagiert.
Haben Stars für solche Dinge nicht Assistenten?
Ich habe auch eine Assistentin. Sie arbeitet schon seit neun Jahren für mich und fungiert nebenher als Kindermädchen. Sie ist superschlau, kompetent, vertrauenswürdig. Doch das heisst nicht, dass ich ihr Sachen auftrage, die ich besser selbst erledigen kann.
Altern ist in Hollywood ein grosses Thema. Auch für Sie?
Wissen Sie, viele wollen verhindern, älter zu werden. Sie versuchen mit allen Mitteln, jung zu bleiben. Wieso ist es denn so schlimm, zu altern? Ich sehe es nicht als Verlust der Jugend, sondern viel mehr als Gewinn an Lebenserfahrung.
Wer wünscht sich nicht, noch einmal 21 zu sein?
Um Himmels willen, nein! Früher hatte ich immer das Gefühl, eine gute Party zu verpassen, bin auch zu jeder hingerannt. Heute will ich nur noch zu Hause bei der Familie sein, weil das besser ist als jede noch so verrückte Party. In meinen Zwanzigern hätte ich nie geahnt, wie wunderbar erfüllend es ist, Ehefrau und Mutter zu sein. Man lernt sich erst richtig kennen, wenn man reifer wird.
Im Aussehen können Sie es ohne Probleme mit Frauen aufnehmen, die 20 Jahre jünger sind. Verraten Sie uns Ihr Geheimnis.
Ich versuche, so gut es geht, unnötige Kohlenhydrate wie Brot und Pasta wegzulassen und hauptsächlich Früchte und Gemüse zu essen. Natürlich gibt es aber Momente, in denen auch ich schwach werde.
Sind Sie in den Social Media aktiv?
Ach, dazu bin ich zu alt (lacht). Ich finde die Internet-Kultur interessant, stehe ihr aber auch kritisch gegenüber. Ich hatte mal meine eigene Facebook-Seite – für ungefähr eine Minute. Dann stellte ich fest: Ich hasse es! Ich habe übrigens auch meiner Tochter Liv verboten, ein Instagram-Konto einzurichten. Sie ist mit ihren zwölf Jahren einfach zu jung dafür und kann die Konsequenzen noch nicht einschätzen.