Eines steht schon jetzt fest: es wird spannend! Am Sonntag Abend steigt die 91. Oscar-Verleihung und besonders in der Kategorie des besten Films ist in diesem Jahr noch alles offen. Während sich in der Vergangenheit meistens zwei Favoriten klar herauskristallisierten, scheinen in diesem Jahr beinahe alle acht Nominierten Chancen auf eine der begehrten Goldstatuen haben. BLICK-Film-Experte Manuel Kellerhals wagt aber trotzdem eine Prognose und kürt zum Schluss einen Favoriten.
Green Book
«Green Book» wärmte die Herzen mit seiner simplen Geschichte über den schwarzen Klavier-Virtuosen Don Shirley (†86), der 1962 den weissen Fahrer Tony Vallelonga (†82) anstellte, damit dieser ihn auf einer Konzerttour durch den Süden der USA begleitete. Ein etwaiger Gewinn kommt darauf an, wie gespalten die Mitglieder der Academy in der heutigen Zeit sind. Ältere Mitglieder mögen, dass der Film ein schweres Thema wie Rassismus mit einer «Gute Laune»-Stimmung und viel Augenzwinkern angeht, für die jüngeren Vertreter dürfte dieser Ansatz allerdings veraltet sein. Der Gewinn des Producers Guild of America Award für den besten Film, der in Insider-Kreisen oft als «Pre-Oscar» gilt, zeigt, dass man «Green Book» nicht unterschätzen darf.
The Favourite
Mit insgesamt zehn Nominierungen gilt der Historien-Film als einer der grossen Favoriten auf den Hauptpreis an der Film-Gala. Verdient hätte die schwarze Komödie über zwei Cousinen, die am Hof von Königin Anne von Grossbritannien (†49) für deren Gunst über Leichen gehen, allemal. Regisseur Yorgos Lanthimos (45) schaffte es, das verstaubte Genre des Kostüm-Films mit technischen Spielereien und beissendem Witz zu entstauben. Vielleicht wäre der Sieg von «The Favourite» allerdings zu traditionell für die Academy, die gerne neue Wege einschlagen möchte.
Bohemian Rhapsody
Die Nominierung von «Bohemian Rhapsody» kann man sich wohl dadurch erklären, dass die Academy vermehrt auch Blockbuster ehren will – denn bei den meisten Kritikern fiel die Biografie von Rockstar Freddie Mercury (†45) durch. Dafür wurde der Queen-Film zum Publikums-Hit und spielte beinahe eine Milliarde Dollar ein. Chancen auf die Auszeichnung als bester Film dürfte der Superhit aber trotzdem kaum haben. Schon alleine die erneuten Missbrauchsvorwürfe gegen Regisseur Bryan Singer (53) dürften die Chancen im Keim erstickt haben.
A Star Is Born
«A Star Is Born» wurde noch vor wenigen Wochen als grosser Favorit gehandelt. Denn das Musik-Drama von Bradley Cooper (44) trifft mit seiner intim erzählten Underdog-Story eigentlich genau den Geschmack der Academy. Der Blockbuster hat ausserdem die wohl treuesten Fans der diesjährigen Nominierten – schon nur dank einer grandiosen Lady Gaga (32). An den Preisverleihungen vor den Oscars konnte der Film aber nicht einen der wichtigen Awards abräumen. Ausserdem ist Superstar Bradley Cooper (44) nicht für die beste Regie nominiert. Würde «A Star Is Born» gewinnen, wäre es das erste mal seit 1934, dass die Goldstatue an einen Film geht, der in dieser Sparte nicht nominiert ist.
Black Panther
Schon alleine die Nominierung von «Black Panther» ist eine kleine Sensation. Denn bisher ignorierten die Oscars die Superhelden-Epen aus dem Hause Marvel vehement. Ein Sieg von «Black Panther» könnte der Academy aber endlich wieder die Aufmerksamkeit des jungen Publikums geben, die in den letzten Jahren zunehmend verloren ging. Ausserdem hatten wenige Filme einen so grossen Einfluss auf die Pop-Kultur von 2018 wie der Action-Film über König T'Challa und seinen Kampf um das fiktive Wakanda. Ein Sieg von «Black Panther» wäre revolutionär – und genau deswegen möglich.
Vice
In «Vice» stellt Regisseur Adam McKay (50) den Ex-US-Präsidenten George Bush (72) gnadenlos als Marionette von seinem Vize Dick Cheney (78) dar und nimmt damit auch die ganze Republikaner-Partei aufs Korn. So spricht der Film der politisch oft linken Academy eigentlich aus der Seele. Doch für eine Auszeichnung als bester Film dürfte «Vice» schlicht und einfach nicht gut genug sein. Da hilft auch die grandiose Leistung von Christian Bale (45), der für seine Rolle als Cheney 20 Kilo zunahm, nicht weiter.
BlacKkKlansman
«BlacKkKlansman» trifft den Nerv der Zeit – und das ist die ganz grosse Stärke der Tragikomödie um einen schwarzen Polizei-Beamten, der in den 70er Jahren den Ku-Klux-Klan unterwandert. In den letzten Jahren wurde immer wieder bemängelt, dass die Academy vor allem Filme von weissen Männern bevorzuge und ein Diversitäts-Problem habe. «BlacKkKlansman» könnte dagegen ein deutliches Zeichen setzen. Doch der Polizei-Film gilt nicht nur deswegen als Geheimtipp, sondern strahlt mehr Coolness aus, als all seine Konkurrenten zusammen. Ausserdem war Regisseur Spike Lee (61) schon fünf mal für einen Oscar nominiert, hat aber noch nie gewonnen. 2019 könnte er endlich den langerwarteten Ritterschlag bekommen.
Roma
Ganz ehrlich: Wäre «Roma» nicht eine Netflix-Produktion, hätte der Film von Regisseur Alfonso Cuarón (57) den Oscar schon in der Tasche. Denn das Drama um ein Dienstmädchen im Mexiko ist so spektakulär erzählt, so bildgewaltig umgesetzt und so meisterhaft besetzt, dass die meisten anderen Nominierten keine Chance hätten. Doch viele Mitglieder der Academy versperren sich immer noch davor, Filme, die von einem Streaming-Dienst produziert wurden, zu ehren. Dennoch: ich setzte darauf, dass der Netflix-Film die Goldstatue nach Hause nehmen wird und damit Geschichte schreibt. Dafür spricht auch, dass «Roma» bereits bei den British Academy Awards als bester Film ausgezeichnet wurde. Und die Academy kann die Augen vor der Zukunft des Film-Business nicht für immer verschliessen.
Dieser Film hätte den Oscar 2019 verdient
Jedes Jahr werden wieder die renommierten Oscars vergeben. Nicht nur Hollywood fiebert der Preisgala im Dolby Theatre in Los Angeles entgegen. Aber warum heisst der Preis überhaupt so? Wer hat die meisten? Wer lehnte ihn ab? Und wie viel kostet der Anlass?
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