«Love» am Filmfestival Cannes
Diese Schweizer Zahnlücke sorgt für einen Sex-Skandal

3D-Porno: Alleine mit Film-Plakaten für Schnappatmung zu sorgen ist Kunst. «Love» gelingt das mit Schweizer Beteiligung.
Publiziert: 22.05.2015 um 12:13 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 00:36 Uhr
Trailer zum 3D-Kunst-Porno «Love»
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:Trailer zum 3D-Kunst-Porno «Love»

Ist er zu hart, bist du zu weich – könnte man meinen, wenn man den Filmplakaten von «Love» glauben schenken will. Darauf zu sehen ist ein ejakulierender Penis, drei Küssende und ein vor Erregung durchnässtes Höschen.

Alleine die offensiven Plakate sorgten im sonst so offenen Frankreich für einen Aufschrei. Ein kalkulierter Skandal? Die Erwartungen der Kritiker auf den 3D-Film, welcher am Mittwoch um Mitternacht an der Croissette gezeigt wurde, war jedenfalls gross. Zuschauer mussten trotz gültigem Ticket abgewiesen werden. Alle wollten den Skandal-Film des Jahres sehen!

Die Handlung in «Love» dreht sich um den Zerfall der Beziehung von Noés Alter Ego, Filmstudent Murphy (Karl Glusman) und seiner Freundin Electra (Aomi Muyock), eine amerikanische Künstlerin welche in Paris lebt. Die Beziehung der beiden gerät in Schieflage, als sie mit Omi (Klara Kristin) eine Menage à Trois beginnen. Es kommt, wie es kommen muss: Letztere wird wegen einem geplatzten Kondom schwanger – Muphys Law natürlich – er sieht sein Leben als zerstört an.

Der Film kommt ohne professionelle Schauspieler aus: Die Tessinerin Aomi Muyock arbeitete früher erfolgreich als Model, Klara Kristin gabelte der Regisseur in einem Nachtclub auf. Die Süddeutsche glaubt: «Der Wille zum totalen Exhibitionismus vor der Kamera geht praktisch nie mit echtem Schauspieltalent einher. Leider.»

Trotzdem wird dieser Film für die bisher gänzlich Aomi Muyock ein Berühmheits-Booster sein: Zur Pressekonferenz und auf dem Roten Teppich erschien die Schauspielerin mit zwei fehlenden Zähnen und sorgte so für grosses Blitzlichtgewitter. Warum ihr Zähne fehlen, verschwieg sie aber.

Regisseur Noé sagt, er habe sich mit dem Film den Traum erfüllt «Die Passion und den Exzess eines jungen, verliebten Paares zu zeigen – mit allen physischen und emotionalen Exzessen.»

Mindestens die Hälfte des Streifens ist versext – trotzdem sollte der Film für Kinder ab 12 Jahren freigegeben werden, erklärt Provokateur Noé. Mutig, bei Sex in Nahaufnahme, Sperma welches dank 3D-Technologie quer durchs Publikum spritzt und Masturbation...

«Sobald man Porno sagt kriegen die Menschen Angst, aber im Film geht es um die Liebe aus sexueller Sicht. Sex ohne Genitalien zu zeigen ist schwierig», so Noé an der Pressekonferenz in Cannes. In Wahrheit zeige der Film «die Sentimentalität von Sex» in einer Liebesbeziehung.

Die Kritiker zeigten sich nach der Film-Premiere enttäuscht – BBC-Kino-Kritiker Jason Solomons schreibt auf Twitter: «Love ist definitiv kein Porno-Film – die Dialoge waren zu schlecht dafür.»

Auch «Spiegel.de» bemängelt die Dialoge, zählt die Sex-Szenen aber zu den «ästhetischsten, die das Arthouse-Kino in jüngerer Zeit hervorgebracht hat».

Nun, immerhin. (any)

Dieser Regisseur liebt Skandale

«Love»-Regisseur Gaspar Noé (52) stammt aus Argentinien, lebt inzwischen in Frankreich und ist ein bekannter Provokateur am Filmfestival Cannes. Nach der «Irreversible»-Premiere (2002) mit Vincent Cassel (48) und Monica Bellucci (50) wurde die Ambulanz gerufen –Zuschauern wurden die detaillierten Vergewaltigungs-Szenen zu viel. Zuletzt schockierte Noé 2009 mit dem Drogentrip «Enter the Void». Für sein umstrittenes Cannes-Debut «Seul contre tous» erhielt Noé 1998 den «Critics Week Award» in Cannes.

Regisseur Gaspar Noé.
Regisseur Gaspar Noé.
afp

«Love»-Regisseur Gaspar Noé (52) stammt aus Argentinien, lebt inzwischen in Frankreich und ist ein bekannter Provokateur am Filmfestival Cannes. Nach der «Irreversible»-Premiere (2002) mit Vincent Cassel (48) und Monica Bellucci (50) wurde die Ambulanz gerufen –Zuschauern wurden die detaillierten Vergewaltigungs-Szenen zu viel. Zuletzt schockierte Noé 2009 mit dem Drogentrip «Enter the Void». Für sein umstrittenes Cannes-Debut «Seul contre tous» erhielt Noé 1998 den «Critics Week Award» in Cannes.

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