Er hat vor einer Woche den Schweizer Filmpreis gewonnen. Sie hat dieselbe Trophäe bereits vor zwei Jahren entgegennehmen dürfen: Jetzt stehen Joel Basman (29) und Marie Leuenberger (39) erstmals gemeinsam vor der Kamera. Die beiden Stars aus den Kinohits «Wolkenbruch» (2018) und «Die göttliche Ordnung» (2017) sind die Hauptdarsteller von «Stürm: Bis wir tot sind oder frei», dem ersten Kinofilm über den St. Galler Ausbrecherkönig Walter Stürm (1942–1999). «Er ist eine der faszinierendsten Figuren der jüngeren Schweizer Geschichte», sagt Basman. «Für viele ist Stürm sogar so etwas wie eine Legende!»
Walter Stürm kommt 1942 als Sohn eines reichen Industriellen in Goldach SG zur Welt. Mit 20 wird er wegen des Verkaufs gestohlener Autos erstmals straffällig. Es folgt eine kriminelle Karriere, wie sie die Schweiz nie gesehen hat. Stürm raubt Banken aus, wird verhaftet, büxt aus dem Gefängnis aus und geht wieder auf Raubzüge. Darauf angesprochen, wo er seine Beute aufbewahre, antwortete er einst: «Dort, wo alle anderen auch: auf der Bank. Nur lauten die Konten nicht auf meinen Namen.»
«Bin beim Ostereiersuchen»
Zwischen 1974 und 1995 kann Stürm acht Mal (!) aus dem Gefängnis fliehen. Und sorgt dabei oft für grosses Schmunzeln bei der Bevölkerung. Als er beispielsweise an Ostern 1981 aus der Strafanstalt in Regensdorf ZH verschwindet, hinterlässt er einen Zettel mit den Worten: «Bin beim Ostereiersuchen, Stürm.» Bei einer weiteren Flucht bleibt er absichtlich zurück, um einem Wärter, den ein anderer Flüchtender mit dem Messer verletzte, die Hand zu verbinden.
«Durch solche Aktionen haftete Stürm bald einmal eine Art Robin-Hood-Image an, was ihm grosse Popularität einbrachte», sagt Regisseur Oliver Rihs (47), der mit der Komödie «Achtung, fertig, WK!» bereits 2013 einen Kinohit gelandet hat.
Starke Frau hinter der Legende
«Stürm: Bis wir tot sind oder frei» zeichnet aber nicht nur das Leben des Ausbrecherkönigs nach, der sich 1999 in Haft das Leben nahm, sondern fokussiert sich vor allem auch auf Stürms komplexe Beziehung zur Anwältin Barbara Hug (1946–2005), der damals bekanntesten Strafverteidigerin der Schweiz. Hug kämpfte fast zwanzig Jahre für Stürms Freiheit, benötigte ihn zugleich aber für ihr eigenes politisches Engagement gegen die Reichen und Mächtigen. «Sie war die starke Frau hinter der Legende Walter Stürm», sagt Marie Leuenberger, die Hug spielt.
Mit einem Budget von 4,6 Millionen Franken wird «Stürm: Bis wir tot sind oder frei» der voraussichtlich teuerste Schweizer Film des Jahres. Er soll Mitte 2020 in die Kinos kommen. «Stürm und Hug waren ein aussergewöhnlich schräges Duo, und das macht die beiden so reizvoll für die grosse Leinwand», sagt Oliver Rihs.