«Ich habe eine Seite an mir, die nicht lustig ist»
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Julie Delpy am ZFF:«Ich habe eine Seite an mir, die nicht lustig ist»

Julie Delpy am Zurich Film Festival
«Hollywood wurde auf alten, hässlichen Männern aufgebaut»

Die französische Schauspielerin Julie Delpy präsentiert in Zurich ihren neuen Film, berichtet von ihren Erfahrungen in einem sexistischen Hollywood und verrät, warum sie sich nie auf die Besetzungscouch eingelassen hat.
Publiziert: 29.09.2019 um 23:09 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2019 um 10:57 Uhr
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Die französische Schauspielerin und Regisseurin Julie Delpy engagiert sich seit Jahren für Gleichberechtigung in der Filmindustrie.
Foto: DUKAS
Patricia Broder

Sie ist wohl eine der feministischsten und unangepasstesten Frauen Hollywoods: Schauspielerin und Regisseurin Julie Delpy (49). Seit Jahren engagiert sich die in Los Angeles lebende Französin für Gleichberechtigung in der Filmindustrie. Am Zurich Film Festival spricht sie am «Women of Impact»-Symposium über ihre Erfahrungen in einer von Sexismus geprägten Branche. «Männer erkannten schon früh die Macht, die sie in der Filmindustrie nutzen können, um von Frauen das zu kriegen, was diese ihnen sonst nicht geben würden», sagt Delpy zu BLICK. «Hollywood wurde auf alten, hässlichen Männern aufgebaut, die mit jungen hübschen Frauen schlafen. Dieses Machtsystem funktionierte jahrzehntelang. Niemand sprach darüber – bis zur MeToo-Bewegung.» Dabei hätten alle über die Machenschaften des gefallenen Filmmoguls Harvey Weinstein (67) Bescheid gewusst. «Und es gibt immer noch genug Täter wie ihn. Die werden nach wie vor geschützt.»

«Hollywood hasste mich»

Delpy stammt aus einer Schauspielerfamilie und stand schon als 14-Jährige vor der Kamera. Als junge Darstellerin habe man ihr oft nahegelegt, sich auf die Besetzungscouch zu legen, also für eine Filmrolle mit dem Regisseur Sex zu haben. «Ich konnte es nicht. Schon als Teenager stiess mich der Gedanke einfach nur ab», so Delpy. Für ihre sexuelle Integrität habe sie einen hohen Preis bezahlt.

«Meine Karriere wäre bestimmt einiges erfolgreicher verlaufen, hätte ich mitgespielt. Aber so bin ich nicht. Ich habe nicht nur Nein gesagt, sondern diesen Männern auch klargemacht, wie schlimm es ist, was sie den Frauen antun.» In der Branche sei sie daraufhin als «schwierig» abgestempelt worden. «Hollywood hasste mich, aber das war mir egal.» Schliesslich übernahm Delpy immer öfter auch den Platz hinter der Kamera. «Frauen sind geborene Filmemacherinnen und zur Stummfilmzeit waren sie als Regisseurinnen gar in der Überzahl.»

Neuer Film half über schwierige Zeit hinweg

Mit ihrem neuen Streifen «My Zoe» feiert die Französin, die nahe der Schweizer Grenze aufwuchs, am Zurich Film Festival Europapremiere. «Es ist eines meiner persönlichsten Werke», erklärt die Filmemacherin. Erzählt wird die Geschichte einer Mutter, die ihr verstorbenes Kind wieder zum Leben erwecken will. «Meine Mutter starb, kurz bevor mein heute zehnjähriger Sohn geboren wurde. In ‹My Zoe› verarbeite ich diese schwierige Zeit, in der was Schreckliches und was Wunderschönes passiert ist.» 

Vierter Teil von «Before Sunrise»?

Nach fast vierzig Jahren im Filmgeschäft ist Julie Delpy für viele noch immer die junge Studentin Céline aus dem Kultfilm «Before Sunrise», der sie und Co-Star Ethan Hawke (48) 1995 zu Stars machte. Auf diese Rolle reduziert zu werden, sei einerseits frustrierend, andererseits würden ihr der Film und seine beiden Fortsetzungen, «Before Sunset» und «Before Midnight», besonders am Herzen liegen. «Ethan und ich haben alle Dialoge selber geschrieben. Mein halbes Teenie-Tagebuch steckt in diesen Filmen.»

Ob es, wie sich viele Fans wünschen, zu einem vierten Teil der Kultreihe kommt? «Wir werden sehen», sagt Delpy, «es müsste ein wirklich guter Plot sein. Aber ich sage niemals nie.»

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