Skinny Jeans und ein knallenges Polo-Shirt betonen jeden Muskel an seinem durchtrainierten Körper. Das ist auch so beabsichtigt. Der einstige Actionheld Jean-Claude Van Damme feiert ein grosses Comeback. Im Kinospektakel «The Expendables 2» von Sylvester Stallone (66) kämpft er mit anderen alten Muskelprotzen wie Chuck Norris, Bruce Willis und Arnold Schwarzenegger. Van Damme steht allerdings auf der anderen Seite. Der Karate-King von damals spielt den brutalen Bösewicht.
War das eine grosse Umstellung?
Jean-Claude Van Damme: Es ist leichter, den Helden zu spielen. Als Bösewicht musst du die Zuschauer von der ersten Sekunde an überzeugen, dass du ein echt mieser Kerl bist.
Haben Sie sich Tipps geholt?
Ja, von Robert De Niro. Er sagte mir, dass alles auf die erste Nahaufnahme des Gesichts ankommt. Sein Rat war, sich jedes Detail der Rolle einzuprägen. Warum meine Figur so geworden ist. Nur damit kommt man überzeugend rüber. Es war auch meine erste Frage an Sylvester Stallone: Was für eine Art Bösewicht willst du?
Was hat er geantwortet?
Ich solle ein ernster, ruhiger Typ sein, den nur ein einziger Charakterzug von den Helden in «The Expendables» unterscheidet: dass er geldgierig ist und nur für sich selbst kämpft.
«Expendables» heisst übersetzt: die Abgehalfterten, Überflüssigen. Haben auch Sie sich in den letzten Jahren manchmal überflüssig gefühlt?
Natürlich war es eine Umstellung, wenn man als Star hochgejubelt wird und ein Rock-’n’-Roll-Leben führt. Und dann bist du plötzlich nur noch ein sogenannter «DVD-Man».
Ein DVD-Man?
Ein Schauspieler, dessen Filme es nicht mehr in die Kinos schaffen, sondern direkt auf DVD herauskommen.
Es gab Zeiten, da flogen Sie nur First Class. Wie ist das heute?
Ich bin immer noch derselbe Typ. Auch wenn ich keine Luxuswagen mehr fahre, sondern einen Nissan-Truck. Den habe ich mir vor allem deshalb zugelegt, weil ich einige Hunde adoptiert habe und sie gerne überallhin mitnehme.
Hat man sich mal an Luxus gewöhnt, kann man nicht einfach …
… Moment! Was heisst gewöhnt? Sicher ist es schön, wenn man im Hubschrauber über dem Strassenverkehr schwebt. Oder in der Präsidentensuite übernachtet. Aber gebraucht habe ich das alles nie. Hätte ich damals Nein sagen sollen und dafür in einer billigen Absteige übernachten? Natürlich nicht!
Wenn Sie zurückschauen: Gibt es etwas, was Sie bereuen?
Dass ich Anfang der 90er-Jahre meine Frau Gladys verlassen habe. Sie war Miss New York und Miss World und hat alles aufgegeben, um unsere gemeinsamen Kinder grosszuziehen. Und ich Idiot habe sie damals sitzen lassen! Gott sei Dank bin ich später reifer geworden und zu ihr zurückgekehrt.
Sie haben Gladys vor 13 Jahren ein zweites Mal geheiratet.
Es war die beste Entscheidung meines Lebens. Gladys hat mich zu dem Mann gemacht, der ich heute bin. Sie hielt sich jahrelang im Hintergrund. Doch damit ist jetzt Schluss. Sie ist zum ersten Mal mit auf meiner gros-sen Werbetour dabei. Wir werden zusammen nach Spanien und Italien reisen. Und natürlich auch nach Brüssel – in meine Heimatstadt. Da kriegt sie endlich mal richtig gute Muscheln. Sie wissen ja: «Muscles from Brussels» (Van Dammes Spitzname ist «Muscles», auf Deutsch: Muskeln. Im Englischen spricht man das genau so aus wie «Mussels», also Muscheln).
Sie haben immer noch dieselbe Figur wie 1992. Wie halten Sie sich fit?
Ich habe nie mit Kampfsport aufgehört (er steht auf, dreht eine seiner berühmten Kick-Pirouetten). Damit bleibt man sehr fit. Heute bin ich allerdings 25 Kilogramm leichter als früher. Ich trainiere gerade für einen Schaukampf gegen den «Ultimate Fighting Champion» Georges St-Pierre. Der ist zwar zwei Jahrzehnte jünger, aber ein paar Runden werde ich sicher gegen ihn durchhalten.
Was war Ihr schwerster Kampf? Viele sagen, es sei der gegen die Drogen gewesen ...
Das liegt nun schon fast 15 Jahre zurück. Ich habe keinen Bock mehr, darüber zu reden. Tatsache ist: Ich fühle mich besser denn je! Ich habe meine Ernährung umgestellt und bin Veganer geworden.
Aus Überzeugung?
Nein, aus Gesundheitsgründen. Die Ärzte stellten fest, dass ich einen sehr hohen Cholesterinspiegel habe. Grund dafür ist ein Problem mit meiner Leber, die Cholesterin im Akkord produziert. Um das in den Griff zu bekommen, habe ich lange auf Fleisch, Milchprodukte und Eier verzichtet. Die Nebenwirkung war, dass ich Muskelmasse verlor.
Ist das ein Problem für Sie?
Für mich ist es keins. Weil ich flinker auf den Beinen bin, wenn ich weniger Muskeln habe. Aber als Sylvester Stallone mich das erste Mal gesehen hat, war er über meine Oberarme entsetzt. Die seien ja wie Zahnstocher, ätzte er. Deshalb musste ich wieder viel Fleisch essen (lässt den Bizeps spielen). Wie Sie sehen, hat es geholfen.
Ihr Co-Star Arnold Schwarzenegger lästerte über die Oldie-Truppe, sie gehöre eigentlich ins Museum.
Stimmt, da gehören all die Kerle auch wirklich hin – bis auf mich! Ich bin ja noch etliche Jahre jünger als sie. Aber Arnie macht immer solche Sprüche. Weil er unbedingt witzig sein will.
Höre ich da etwa Abneigung heraus?
Oh nein! Arnold war eins meiner grössten Idole. Seinetwegen habe ich mit Bodybuilding angefangen. Und durch seine Erfolge hat er auch mir den Weg nach Hollywood geebnet. Es war immer mein grosser Traum, mit ihm zusammenzuarbeiten. Der ist jetzt wahr geworden.
Träumen Sie davon, mithilfe von «The Expendables 2» noch einmal das grosse Comeback zu schaffen?
Ich spüre, dass es langsam nach oben geht. Ich hoffe, dass möglichst viele realisieren, dass ich noch einiges zu bieten habe. Und: dass ich ein viel besserer Schauspieler bin als früher.