Fast 1,80 Meter gross, schlank, blond, mit knallrot geschminkten Lippen. Wenn Irene Staub an der Schoffelgasse im Zürcher Niederdorf vor dem Dancing Cabaret Maxim steht, kommen Männer ins Staunen. «Lady Shiva» war die Königin der Nacht, die Marilyn Monroe von Zürich – und laut BLICK die «berühmteste Dirne der Schweiz».
Seit gestern läuft ein Film über die Ikone der 1980er-Jahre in den Schweizer Kinos. Mit ihrem Film «Glow» will Regisseurin Gabriel Baur (56) zeigen, dass Staub mehr war als eine Hure. «Sie war charismatisch und stark, aber auch sensibel und sinnlich. Irene war ein Freigeist, der Respekt verdient», so Baur zu BLICK.
Von Mick Jagger sprach sie nie wieder
Ihr Film konzentriert sich mehr auf die Muse und Stil-Ikone als auf die Prostituierte. Entdeckt von der Zürcher Mode-Pionierin Ursula Rodel, wird Staub ein gefragtes Model. Sie bewegt sich im Umfeld der Stars, verkehrt mit David Bowie, Andy Warhol und Mick Jagger. Vom Stones-Boss kriegt sie 50 Rosen geschenkt. Doch ein Treffen verläuft nicht nach ihren Vorstellungen. Danach «sprach sie nie wieder von ihm», wie der Film verrät.
«Irene war extrem mutig. Welche Frau würde heute einem weltberühmten Fotografen wie Helmut Newton die Meinung geigen?», sagt Baur. Tatsächlich ist Staub kein Opfer. Sie ist Hure aus freien Stücken und steht dazu. Im Umfeld der Roten Fabrik versucht sie sich als Sängerin, erhält Unterstützung von Yello-Kopf Boris Blank. Und als sie mit Federico Fellini (†73) zusammenkommt, ist der italienische Star-Regisseur begeistert. Doch er prophezeit: «Die Frau lebt zu intensiv. Sie wird nicht mehr lange da sein.»
Plädoyer fürs Anderssein
Er sollte recht behalten. Zerrissen zwischen Erfolg, Freiheitsdrang und Selbstzerstörung stirbt die heroinsüchtige Ikone 1989 mit 37 Jahren unter nicht genau geklärten Umständen bei einem Töffunfall in Thailand. Dank «Glow» kann man ihr Leben zwischen Kunst, Milieu und Glamour nochmal Revue passieren lassen – und erhält dabei auch einen Einblick in das Zürich der 1980er. Baur: «Heute will niemand mehr anecken. Mein Film ist ein Plädoyer dafür, so zum Anderssein zu stehen wie Irene. Wenn sich davon auch junge Leute inspirieren lassen, wäre ich glücklich.»