Mit Schlafzimmerblick umgarnte er als Schwerenöter «Alfie» vor über einem halben Jahrhundert die Damen - Michael Caines Durchbruch, für den er eine Oscar-Nominierung einheimste. Nun blickt er in seinem neuesten Film, der Nostalgie-Doku «My Generation», zurück auf die Swinging Sixties in London, als Arbeiterkinder wie Caine sich als neue, kreative Energie entpuppten und die Beatles, Twiggy und David Hockney das triste Nachkriegs-Establishment aufrüttelten. Seinen 85. Geburtstag feiert der Schauspieler mit einer landesweiten Live-Übertragung seines Films und stellt sich danach den Fragen seines Publikums.
Geboren wurde er 1933 als Maurice Micklewhite im ärmlichen Südlondon, Sohn einer Putzfrau und eines Fischmarktarbeiters. Bis heute spricht er den Cockney-Strassendialekt seiner Jugend. Ein Schuldirektor nahm ihn unter die Fittiche und förderte ihn; am Schultheater schnupperte er das erste Mal Bühnenluft.
Dem «Guardian» verriet er: «Ich beschloss, Schauspieler zu werden, weil ich dachte, es wäre viel besser, als in einer Fabrik zu arbeiten, was ich damals machte.» Er änderte seinen Namen in «Caine» nach dem Kriegsfilm «Die Caine war ihr Schicksal» (1954) mit seinem Lieblingsschauspieler Humphrey Bogart.
Zunächst arbeitete er an regionalen Repertoiretheatern. Dort verliebte er sich mit 22 in eine der Hauptdarstellerinnen, sie heirateten, Tochter Dominique wurde geboren. Doch Caine wollte mehr vom Leben und kehrte zurück nach London.
Dort bekam er durch Zufall die Rolle als Offizier in «Zulu» (1964); eigentlich sollte er einen Unteroffizier aus der Arbeiterklasse spielen. Doch dann rief ihn der amerikanische Regisseur an: «Du siehst eher aus wie ein Offizier als ein Korporal. Kannst du wie jemand aus der Oberschicht sprechen?»
«Ich sagte, ich wäre seit neun Jahren am Repertoiretheater und könnte jeden verdammten Akzent nachmachen», erzählte Caine dem «Independent». Ein britischer Regisseur hätte ihm nie diese Chance gegeben, davon ist er überzeugt - zu gross der Klassendünkel.
Danach drehte der «King of Cool» einen Film nach dem anderen. Sechsmal wurde er für einen Oscar nominiert; zweimal wurde er als bester Nebendarsteller ausgezeichnet, im Woody-Allen-Film «Hannah and her Sisters» (1986) und in «The Cider House Rules» (1999).
In den 60er Jahren genoss der frisch Geschiedene sein Single-Leben sehr. Doch 1971 verliebte er sich in ein Model für eine Kaffeewerbung - die Miss Guyana, Shakira Baksh. Seit 45 Jahren sind sie nun miteinander verheiratet. Der «Times» sagte er, weil er jeden Tag mit wunderschönen Frauen arbeite, musste er die allerschönste heiraten, um jeder Versuchung zu widerstehen. Sie haben zusammen eine erwachsene Tochter, Natasha.