Ghyslain Raza (27) wurde mit peinlichem Lichtschwert-Video zum Gespött der Welt
«Star Wars» zerstörte mein Leben

Für die Fans ist der «Krieg der Sterne» das Grösste, was es zwischen Himmel und Erde gibt. Der heute 27-jährige Ghyslain Raza aber ging wegen der Weltraumsaga durch die Hölle.
Publiziert: 14.12.2015 um 12:47 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2018 um 13:12 Uhr
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Von Andreas Dietrich

Ghyslain Raza wurde zu einem der ersten Cybermobbing-Opfer, die das Internet hervorgebracht hat, zur globalen Lachnummer. Der Junge aus dem kanadischen Trois-Rivières bei Québec erlangte Weltruhm als «Star Wars Kid» – und das ist nicht als Kompliment gemeint.

«Star Wars Kid» ist erwachsen geworden: Ghyslain Raza heute.

Das Unheil nimmt seinen Anfang an einem Novemberabend im Jahr 2002. Ghyslain Raza, damals 14, filmt sich im Schulstudio als «Star Wars»-Figur. Unbeholfen führt der pummelige Jugendliche einen Sternenkampf auf, fuchtelt gegen die Schwerkraft seiner Körperfülle an. Als Lichtschwert dient ihm ein Schläger, den man sonst zum Einsammeln von Golfbällen benutzt. Er tut es für sich, aber vor laufender Kamera. Die Videokassette reiht er in ein Regal des Aufnahmeraums ein.

Einige Wochen später entdecken Mitschüler das Video. Sie lachen sich kaputt – und stellen die Aufnahmen ins Netz. Raza erfährt es erst, als Kollegen in der Mensa auf die Tische klettern und seine ungelenken Bewegungen nachäffen.

Das knapp zweiminütige Video verbreitet sich rasant, der Hype um «Star Wars Kid» nimmt galaktische Dimensionen an. Der Clip (und dessen Variationen) knackt die Milliarden-Klick-Grenze und wird zu einem der erfolgreichsten Youtube-Hits aller Zeiten.

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Vom Erfolg sieht der Teenager nur die Schattenseiten. An der Schule wird er gehänselt, bis er es nicht mehr aushält. Den Abschluss macht er an einer Schule, die zu einer Psychiatrie gehört – der einzige Ort, wo er Ruhe hat vor den Demütigungen. Im Internet von Millionen begafft, verbringt Raza eine unendlich einsame Jugend.

Im Netz wird er mit Häme und Verachtung überschüttet. «Du bist eine Schande für die Menschheit», «An deiner Stelle würde ich mich umbringen» – der Ton der Online-Kommentare ist ohne Gnade. Chancenlos sind die Versuche, das ohne sein Wissen und Einverständnis veröffentliche Video vom Netz zu nehmen. Als Akt des Protests bleibt Razas Familie, die Schüler einzuklagen, welche die Aufnahmen hochluden. Der Fall endet 2006 mit einer aussergerichtlichen Einigung und einer Entschädigung in unbekannter Höhe – und noch mehr Feindseligkeit. Er sei kein Opfer, muss sich Raza anhören, sondern ein geldgieriger Profiteur.

Obschon der Internet-Star wider Willen in jede US-Talkshow eingeladen wird, geht er nicht hin. Er taucht ab.

Sein Schweigen bricht er erst zehn Jahre später. Weil er Opfern von Cybermobbing, von denen es immer mehr gibt, Mut machen will. «Es waren sehr düstere Zeiten», sagt er 2013 dem kanadischen Magazin «L’Actualité», «aber einen Suizidversuch habe ich nie unternommen.» Der Welt «als Zirkusattraktion vorgeführt» zu werden, sei der Horror, aber: «So etwas überlebt man.» Allen, denen Ähnliches widerfahre, sage er: «Du kannst es schaffen!»

Auch Raza hat es geschafft: Einigermassen unbehelligt studiert er in Montreal Jus. Er will Anwalt werden und künftigen Opfern von Cybermobbing zu ihrem Recht verhelfen. «Star Wars Kid» ist erwachsen geworden. Und schlägt zurück.

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