Es gibt keine maskierten Axtmörder in «Midsommar». Keine verwesenden Untoten, die die Hauptfiguren in düsteren Kellergewölben aus den Schatten anspringen. Keine Horror-Visionen, aus denen die Helden schweissgebadet aufwachen, nur um festzustellen, dass der Traum doch keiner war. Das neue Werk von Ari Aster (33) pfeift beinahe vollkommen auf gängige Horror-Klischees. Das zeigt sich schon nur darin, dass «Midsommar» beinahe gänzlich bei Tageslicht stattfindet.
Nachdem die Schwester von Studentin Dani (Florence Pugh, 23) zuerst das Leben ihrer Eltern und dann ihr eigenes genommen hat, sehnt sich diese nach Zusammenhalt. Ihr Freund Christian (Jack Reynor, 27) wollte sich vor der Tragödie von ihr trennen und kann ihr diese Nähe deshalb nun nicht ausreichend bieten. Als der Anthropologie-Student mit seinen Freunden nach Schweden reist, um dort das primitive Mittsommerfest einer abgelegenen Dorfkommune zu erforschen, nimmt er Dani aus Schuldgefühlen mit. Eingelullt von der Freundlichkeit der Dorfbewohner und einer Menge psychedelischen Drogen, bemerken die Studenten allerdings nicht, dass die einladende Harmonie nur eine Fassade ist.
Schrecken hinter der Dorf-Idylle
Die Schrecken von «Midsommar» kommen nicht mit lauten Geräuschen und übertriebenen Spezial-Effekten. Stattdessen schleichen sie sich langsam und leise an. Und sind dann umso beängstigender, wenn sie sich hinter der Dorf-Idylle blicken lassen. Denn der Film täuscht einen genau wie die Studenten. Obwohl man als Zuschauer weiss, dass man sich einen Horrorfilm anschaut, verliert man sich schnell in den wunderschönen Aufnahmen und der exzellenten Klangkulisse.
«Midsommar» hat Längen. Das ist bei 143 Minuten Laufzeit beinahe nicht zu vermeiden. Doch dadurch, dass der Film sich seine Zeit nimmt, wird die hypnotische Wirkung des Geschehens noch verstärkt. Und wenn sich am Schluss alle Puzzleteile zu einem Ganzen zusammenfügen, ergibt sich ein beeindruckendes Bild. Beeindruckend und verstörend.