Therese und Ralph Gähwiler leben in einem Vorort von Bern. Die Frau führt eine kleine Galerie, ihr Mann ist Anwalt und hat politische Ambitionen. Inspiriert von einer Afrikareise, engagiert Therese für ihren überlasteten Gärtner den Afrikaner Ngundu. Als dieser beim Heckenschneiden verunfallt, aber als Sans-Papiers nicht zum Arzt will, gerät Gähwilers Leben aus der Bahn. Auf dieser Ausgangslage basiert der Spielfilm «Usgrächnet Gähwilers» von Martin Guggisberg (48), der heute auf SRF 1 läuft. «Mir ging es darum, eine Komödie zu machen, die aufzeigt, wie absurd unser Verhältnis zu Afrika ist», sagt der Berner Regisseur. Im Mittelpunkt steht der in Simbawbe geborene und in Wien lebende David Wurawa (49), den Guggisberg in einem Kurzfilm entdeckte.
«Ich sagte sofort zu, weil mir der satirische Ansatz gefiel», sagt er zu SonntagsBlick. Wurawa, der auch schon mit dem legendären «Django»-Darsteller Franco Nero (78) gedreht hat, denkt gerne an sein Engagement in der Schweiz zurück. Wurawa entwarf den fiktiven Lebenslauf von Ngundu und half bei den Recherchen mit. «Seine Optik ist entscheidend. Nicht nur die Gähwilers betreten mit dem Kontakt zu ihm unbekanntes Terrain. Für Ngundu ist gleichfalls alles neu und fremd. Er ist genauso verunsichert und möchte wie Gähwilers nur in Frieden leben.»
«Der Film weckt Hoffnungen auf eine bessere Zukunft»
Im wahren Leben hat Wurawa aufgrund seiner Hautfarbe mehrfach Demütigungen erlebt. «Das passiert sehr oft und ist fast schon normal, aber natürlich überhaupt nicht akzeptabel.» Trotzdem sieht er nicht ganz alles ganz negativ. «Ich bin sehr stolz darauf, was in den letzten Wochen passiert ist. Anfang Juni sind in Wien 50'000 Menschen gegen Rassismus auf die Strasse gegangen. Die Atmosphäre war friedlich und geprägt von Solidarität. Es war eine der schönsten Erfahrungen, die ich in Österreich je gemacht habe. Und deshalb liebe ich auch diesen Film: Weil er Hoffnung auf eine bessere Zukunft weckt.»
«Noch heute beuten wir Afrika aus»
Wurawa unterstreicht ausserdem die Wichtigkeit des Humors im Film. «Lachen kann eine schlimme Sache für das Publikum erträglicher machen und befreiend wirken.» Guggisberg sagt: «Der Film ist keine Anklage, sondern der Versuch, mit Humor aufzuzeigen, dass wir Mankos haben im Umgang mit Menschen anderer Hautfarben. Da sind immer noch all diese unverarbeiteten Geschichtskapitel. Noch heute beuten wir Afrika aus und sind uns dessen nicht bewusst. Es gibt einen direkten Zusammenhang zwischen den Flüchtlingen und den billigen Rohstoffen, die wir von dort beziehen. Wenn ‹Usgrächnet Gähwilers› nur ein klein wenig zur Sensibilisierung beiträgt, ist unsere Arbeit gelungen.»