Bei Bud Spencer eingeladen zu sein, gleicht einer Audienz – sein Hofstaat besteht aus Sohn Giuseppe (55), Ehefrau Maria (80), seinem Ghostwriter, drei Angestellten und einem Portier. Sie führen zum Koloss, der als «Plattfuss» die Herzen von Millionen Fans eroberte. Es ist die zweite Begegnung für die Autorin mit Bud Spencer, der zu Hause in Rom für alle nur Carlo Pedersoli heisst.
Signore Pedersoli, es ist mir eine Ehre, Sie wiederzusehen ...
... oh, Sie haben Ihre Haare geschnitten!
Etwas Veränderung …
... die braucht es im Leben. Aber bevor wir anfangen: Ich bin nicht Signore Pedersoli – nennen Sie mich Carlo!
Spencer besteht auf das Du – bleibt selbst aber stets beim Sie.
Carlo, seit unserem letzten Treffen haben Sie Facebook entdeckt!
Ich nenne es Facebud (lacht). Dort habe ich schon mehr als eine Million Freunde. Es ist eine Frage des Anstandes, dass ich mit diesen Menschen in Kontakt komme, auch wenn ich wegen meiner dicken Finger die Tastatur nicht selbst bediene kann. So ganz freiwillig passiert es aber nicht – ich sah mich gezwungen, mich zu verteidigen. Mit meinem Namen und Gesicht wird leider auch Unfug getrieben.
Wieso haben Sie Ihren Namen nie schützen lassen?
Aus Faulheit und auch, weil ich nicht dachte, dass man ihn missbrauchen könnte.
Pedersolis Sohn Giuseppe tritt ins Wohnzimmer – der Filmproduzent verwaltet das Werk seines Vaters. «Es gab viele falsche Bud Spencers im Internet, einer warb sogar für Glücksspiel», ärgert er sich. Dies verletze die Werte, für die sein Papa einstehe. Gerade letzte Woche habe er mit Vaters langjährigem Filmkollegen Terence Hill (76) darüber gesprochen. «Viele Leute denken, Bud Spencer sei wie Beethoven, sein Konterfei gehöre allen.»
Sie sind 86 Jahre alt. Was ist Ihre grösste Erkenntnis?
Das Leben ist grotesk. Jedes Baby, das aus dem Bauch der Mutter schlüpft, ist schon zum Tode verurteilt. Wenn der Herrgott mich zu sich ruft, blicke ich zufrieden zurück – ich hatte ein fliegendes und ausuferndes Leben. Aber erst nach dem Tod fängt an, wofür wir eigentlich geschaffen wurden.
Was, wenn danach nichts ist?
Dann werde ich richtig sauer – der Neapolitaner in mir «si incazza» (lacht). Gott, jetzt hast du mich dieses hohe Alter erreichen lassen, und dann soll einfach fertig sein?
Es wäre auch schade, denn dann könnten Sie im Himmel nicht singen.
Dabei liebe ich es so sehr! Die Musik ist meine wahre Leidenschaft, ich habe mir mit einem Album voller neapolitanischer Stücke einen Lebenstraum erfüllt. Lange waren diese Lieder vergessen und jetzt, wo ich diesen Kontakt mit meinen Fans über das Internet gefunden habe, hoffe ich, dass sie den Weg zu ihnen finden. Darin hört man meine Seele. «W nicht Prügel-Legende Bud
Darauf sind auch Liebeslieder für Maria, mit der Sie soeben den 57. Hochzeitstag begingen. Wie haben Sie gefeiert?
Ja, wie wohl – wir haben eine grosse Kleinigkeit gegessen (lacht). Aber hören Sie, ich muss Ihnen etwas vorspielen.
Pedersoli ruft seinen Hausangestellen, den er «Stalin» getauft hat. «Ich gebe ihnen allen Diktatorennamen, der Letzte hiess Benito», erklärt er. «Stalin, schalt die Musikanlage an. Das sind die Melodien meiner Kindheit, sie sind unsterblich», sagt er schwärmerisch. Pedersoli reisst die Augen auf, singt fröhlich mit.
Kürzlich wären Sie fast an einer inneren Blutung gestorben. Wie haben Sie es geschafft, sich so gut zu erholen?
Tesoro mio, mein Schatz, so eine kleine Blutung kann mich doch nicht zerstören. Ich hatte schon ganz andere Unfälle, den Lebensmut konnten sie mir nie nehmen. Einmal flog ich mit meinem kleinen Flugzeug von Rom nach Mailand, als einer der Motoren Feuer fing, Ich landete rauchend in Florenz.
Sie behaupten, dass Ihr Kopf für immer 28-jährig geblieben ist.
Das ist er! Das Leben hat mich nach 28 nichts Fundamentales mehr gelehrt. Darum habe ich entschieden, im Kopf 28 zu bleiben, basta. Die Leute erschrecken immer, wenn Sie mich auf der Strasse als alten Mann sehen. Es vergeht kein Tag, an dem nicht irgendwo auf der Welt meine Filme mit Terence gezeigt werden. Wir sind also auch in den Köpfen der anderen Leute ewig jung.
Sehen Sie und Ihr alter Kumpel Terence Hill sich eigentlich noch oft?
Oh ja, er kommt regelmässig zu mir Spaghetti essen. Seine eigene Frau verbietet ihm Spaghetti, der schöne Mann soll ja auf keinen Fall dick werden (lacht).
Gibt es eine Chance für ein Comeback von Ihnen beiden?
Ja, ich träume davon. Ich sage ihm immer wieder, dass wir eine gute Story brauchen. Doch das ist nicht ganz so einfach, Kopfnüsse kann ich leider keine mehr verteilen. Terence ist aber im Gegensatz zu mir noch voll im Saft.
Sie haben auch stark abgenommen …
Mein Kampfgewicht war 160 Kilo. Jetzt bin ich 110. Leichter will ich aber nicht werden. Mein alter Freund sollte noch öfter zum Spaghettiessen vorbeikommen.
Hatten Sie beide eigentlich nie Streit?
Nein, nie! Terence und ich sind das einzige Paar in der Geschichte der Menschheit, das sich niemals gezofft hat. Handgreiflich wurden wir abseits der Kamera sowieso nie – ich verabscheue echte Gewalt.
Stimmt es, dass Terence ursprünglich gar nicht als Ihr Filmpartner vorgesehen war?
In meinem ersten Film sollte ein anderer an meiner Seite spielen. Der hat sich kurz vor Drehbeginn aber den Fuss gebrochen. Der Regisseur hat dann in letzter Sekunde als Ersatz diesen unfassbar gut aussehenden blonden Kerl gefunden.
Also alles nur Zufall?
Nein, ich glaube nicht an Zufälle, Terence ist mein Schicksal. Das sage ich auch immer meinen Enkeln.
Schauen die sich noch oft Ihre Filme an?
Wissen Sie, mich kennen die Chinesen, die Australier, ja sogar die Inder. Es gibt keinen Ort auf der Welt, wo Terence und ich keine Fans haben. Aber hier, in meinem eigenen Wohnzimmer in Rom, da kümmert sich niemand um meinen Ruhm. Wenn «Banana Joe» mal wieder läuft, rufen meine Enkel: «Nonno, schalt den Fernseher aus, das kennen wir doch alles schon!»
«Vier Fäuste für ein Halleluja», «Der rechte und die linke Hand des Teufels», «Zwei Himmelhunde auf dem Weg zur Hölle» ... Gibt es eigentlich einen Liebling unter Ihren vielen Filmen ...
Es sind 128, um genau zu sein!
Scusa, 128 Filmen.
Si, signora! «Banana Joe» liegt mir besonders am Herzen, weil ich ihn selbst geschrieben habe. Und natürlich «Zwei Himmelhunde auf dem Weg zur Hölle»: Da sass ich erstmals hinter dem Steuerknüppel.
Der Legende nach sind Sie bei den Dreharbeiten in die Luft gegangen, als Sie eigentlich nur auf der Startbahn hätten fahren dürfen ...
Oh ja, das war lustig! Mann, hatten die da unten alle Schiss (lacht). Damals ist meine Leidenschaft fürs Fliegen entbrannt – und sie hat sich nie mehr abgekühlt.
Zum Abschied erhebt sich Pedersoli aus dem Sessel, «für eine Signora steht man auf», sagt er und verspricht: «Es wird ein drittes Treffen geben – ich habe der Welt noch nicht alles gesagt!»
Das neue Buch von Bud Spencer gibts auf der offiziellen Homepage
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