Er sagt
Die für «X-Men: Dark Phoenix» verfilmte Comic-Saga bietet eigentlich viel Stoff für spannendes Drama. Die mächtige Telepathin Jean Grey (Sophie Turner, 23) wird von einer ausserirdischen Macht so korrumpiert, dass sie sich die X-Men schliesslich gegen ihre geliebte Freundin wenden müssen. Doch der Film lässt den Entwicklungen zwischen den Figuren leider keinerlei Luft zum Atmen, Jean Greys Metamorphose wird im Schnellzug-Tempo abgehandelt. So bleibt die Handlung nur auf dem Papier spannend.
Dafür sieht man einmal mehr, wie sich die Mutanten mit ihren verschiedenen Kräften auf die Mütze geben. Die Action-Szenen wirken inzwischen allerdings steril und vorhersehbar. Dass «X-Men: Dark Phoenix» bereits der siebte Teil der Blockbuster-Serie ist, macht sich unangenehm bemerkbar.
Man muss sich ausserdem die Frage stellen: Was braucht ein guter Bösewicht? Präsenz heisst das Zauberwort! Beispiele wie Hans Landa (Christoph Waltz, 62) aus «Inglourious Basterds» oder der Terminator (Arnold Schwarzenegger, 71) machen vor, wie man die Leinwand beherrschen muss.
Sophie Turner hingegen ist oft ungefähr so beängstigend wie eine Zimmerpflanze. Schade! Die zweite Antagonisten-Rolle übernimmt Jessica Chastain (42). Die überzeugt etwas mehr, ist dabei aber so generisch, dass der Film sich noch nicht einmal die Mühe gibt, ihr einen Namen zu geben.
«X-Men: Dark Phoenix» soll das grosse Finale der Mutanten-Serie werden. Nach dem Vorgänger «Apocalypse» und diesem neusten Streich hofft man, dass die Filmemacher dieses Mal auch wirklich ihr Wort halten.
Sie sagt
Im neusten Teil der X-Men-Reihe sind die Mutanten zu Superhelden in der Welt der Menschen aufgestiegen. Statt dass man sie jagt, werden sie für ihre Superkräfte gefeiert. Unter ihnen auch Telepathin Jean Grey. Bei einer riskanten Mission im Weltall erlangt Jean eine ungeahnte Macht. Sie muss lernen, diese zu kontrollieren, bevor sie alles und jeden, den sie liebt, zerstört.
Denn genau dieses Trauma erlebte sie schon einmal als Kind. Jeans innere Zerrissenheit wird von Turner grossartig dargestellt. Die Gefühlsbandbreite aus Enttäuschung, Trauer und Wut bauen die Charakterentwicklung von «Dark Phoenix» spannend auf.
Die Mutanten sind die grosse Stärke des Films. Die Marvel-Helden mit ihren unterschiedlichen Fähigkeiten in den Action-Szenen zu sehen, macht grossen Spass.
Zu lange hat es mir bis zum Auftritt von Anti-Held Erik Lensherr alias «Magneto» (Michael Fassbender, 42) gedauert. Die ambivalente Freundschaft/Feindschaft zwischen Charles Xavier alias Professor X (James McAvoy, 40) ist eine meiner liebsten Storylines im X-Men-Universum – und kommt in diesem Film zu kurz.
Insgesamt packt mich «Dark Phoenix» nicht so wie «X-Men: Erste Entscheidung». Vielleicht liegt es daran, dass Charles Xavier der Ruhm der Mutanten zu Kopf steigt – und seine Fehlentscheidungen, die zum Chaos führten, viel zu spät einsieht. Das Herzstück der Mutanten wirkt so zunehmend unsympathischer. Nach «X-Men: Apocalypse» zwar ein solider Film – aber kein Phoenix aus der Asche.
«X-Men: Dark Phoenix» läuft ab dem 6. Juni in den Deutschschweizer Kinos