Barack Obama produziert Netflix-Dokumentation
«Ich bin froh, dass ich nicht mehr Präsident bin»

Der frühere US-Präsident Barack Obama hat mit Ehefrau Michelle einen neuen Netflix-Film produziert. Er erklärt, wie es dazu gekommen ist.
Publiziert: 20.08.2022 um 21:21 Uhr
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Barack Obama war von 2009 bis 2017 Präsident der Vereinigten Staaten, hier eine Aufnahme von 2012 zusammen mit First Lady Michelle.
Foto: keystone-sda.ch
Patricia Danaher

Ihr Auszug aus dem Weissen Haus liegt über fünf Jahre zurück. Seither widmeten sich Barack (61) und Michelle Obama (58) Projekten ausserhalb der Politik – wie die Produktionen von Filmen für Netflix. So traten der Ex-Präsident und seine First Lady jetzt beim African-American Film Festival in ihrer Nachbarschaft, der Nobel-Enklave Martha’s Vineyard in Massachusetts, auf. Dort stellten sie die Dokumentation «Descendant» vor, die sie mitproduziert haben. Der Film handelt von den Nachfahren der Clotilda, dem letzten bekannten Schiff, das Sklaven 40 Jahre nach dem offiziellen Verbot illegal in die USA transportiert hatte. Nach der Filmvorführung beantwortete das Paar Fragen aus dem Publikum. Blick hat die interessantesten Fragen und Antworten für euch herausgepickt.

Barack Obama: Es ist toll, hier zu sein. Ich bin froh, dass ich nicht mehr Präsident bin. Sonst könnte ich nicht eine Woche hier sein und Spass haben!

Warum gerade dieses Filmprojekt?

Michelle Obama: Die Thematik hat uns sofort angesprochen. Es ist eine wundervolle Geschichte, die unser guter Freund und Bruder Ahmir «Questlove» Thompson an uns herangetragen hat. Die schwarze Bevölkerung kennt zwar ihre Geschichte, doch wir reden nie darüber. Denn aus unseren Älteren bekommen wir einfach nichts heraus. Unsere Mütter reden nicht einmal über Menopause oder warum Oma und Opa sich scheiden liessen. Und leider verlieren wird die ältere Generation in einem immer rasanterem Tempo – weshalb Eile geboten ist, so viel wie es geht von früher zu erfahren.

Barack Obama: «Descendant» handelt von einem wichtigen Kapitel in unserer Geschichte – eines, das leider zu oft verfälscht, vergessen oder vergraben wurde. Diese Geschichte trug sich vor mehr als eineinhalb Jahrhunderten zu und wurde von Generation zu Generation im Flüsterton weitererzählt. Für die Bewohner von Africatown in Alabama repräsentiert diese Geschichte auf der einen Seite Schmerz und Elend, auf der anderen Seite aber auch Stärke und Überlebenswille.

Warum gelangt diese Story erst im Jahr 2022 an die Öffentlichkeit?

Barack Obama: Viele Leute in Alabama habe diese Story immer dementiert und unter den Teppich kehren wollen. Aber wie der Autor William Faulkner einst gesagt hat: «Die Vergangenheit ist niemals tot und begraben – sie ist noch nicht mal vorbei.» Und geschichtliche Wahrheiten finden irgendwie immer einen Weg, doch noch ans Licht zu kommen. Dieser Film ist dafür ein Vehikel. Denn unsere Geschichte hat bis heute einen Einfluss auf unser Leben. Sie ist in unserer DNA eingebrannt.

Was macht diese Doku besonders?

Michelle Obama: Dieser Film erinnert uns daran, wie viel Power gute Geschichten haben. Wir müssen einfach die Wahrheit am Leben behalten. Und woran uns «Descendant» erinnert, ist, dass wir unsere Storys den jüngeren Generationen weitergeben müssen. Wir dürfen einfach nicht der Tradition folgen und ebenfalls unsere Schmerzen totschweigen.

Welchen Appell richten Sie an die jüngere Generation?

Michelle Obama: Alle starren nur noch auf ihre Handys. Statt ständig Fotos vom Essen oder Selfies zu machen, sollten die Jungen sich mit den noch lebenden Älteren in Verbindung setzen. Statt TikTok-Videos zu machen, warum nicht einfach mal mit Oma oder Uroma reden und ihnen Fragen über ihr Leben zu stellen? Wenn man ihre Storys kennt, kann man die moderne Technologie nutzen und diese Storys verbreiten.

Wie ist Ihr Leben nach der Präsidentschaft?

Barack Obama: Als wir das Weisse Haus verlassen haben, haben Michelle und ich über so viele Dinge gesprochen, die wir machen wollen. Wir sind seither ziemlich beschäftigt. Aber wenn wir eines gelernt haben, ob beim Wahlkampf oder nachdem ich im Amt war, dann ist es die Wichtigkeit von guten Geschichten. Michelle und ich glauben, dass jeder gehört werden sollte – weil jede Geschichte für jemanden heilig ist und weil sie andere motivieren kann.

Wie ist es für einen Ex-Präsidenten, plötzlich Filmproduzent zu sein?

Barack Obama: Es ist ähnlich, wie Präsident zu sein. Ich bin so etwas wie ein Aushängeschild. Die ganze Arbeit macht am Ende jemand anders. Deshalb will ich allen um mich herum für ihre herausragenden Leistungen danken.

Welche Hoffnung hegen Sie für die Zukunft?

Barack Obama: Für viele Menschen in diesem Land ist das Leben bis heute ein täglicher Kampf. Sie hoffen, dass ihr Wissen über ihre Vergangenheit sich in eine bessere Zukunft für ihre Kinder und Kindeskinder abwandeln lässt. Sie brauchen allerdings unsere Hilfe, die Hürden auf ihrem Weg zu überwinden. Mit Filmen wie diesem schaffen wir so etwas. Ich habe grosses Vertrauen in eine bessere Zukunft.

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