Interview mit Eckart von Hirschhausen
«Würden weniger sterben, wenn wir nicht lachen?»

Der deutsche Arzt und Entertainer Eckart von Hirschhausen (54) über Corona, den Krieg in der Ukraine und sein neues Kabarettprogramm «Endlich!».
Publiziert: 18.03.2022 um 00:03 Uhr
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Der Deutsche Eckart von Hirschhausen ist Comedian und Kabarettist.
Foto: imago/Thomas Lebie
Interview: Daniel Arnet

Endlich kommen Sie in die Schweiz, Herr von Hirschhausen – es wurde aber auch Zeit!
Eckart von
Hirschhausen: Sie sagen es! Ich habe als Unterassistent in der Schweiz gearbeitet und dabei dieses Land kennen und lieben gelernt. Und ich freue mich sehr, denn es sind die letzten Live-Shows in Basel, Bern und Zürich auf absehbare Zeit.

Wir sind hier sehr pünktlich, aber Sie haben sich um mehr als ein Jahr verspätet!
Das ist mir sehr peinlich, aber es kam eine Pandemie dazwischen. Dafür verspreche ich, noch einmal alles zu geben: Es gibt viel zu lachen, zu staunen, dazu auch Musik und etwas Zauberei. Wer mich nur aus dem Fernsehen kennt, kennt mich nicht wirklich. Auf der Bühne bin ich voll in meinem Element.

Ihr neustes Programm «Endlich!» hatte 2017 in Berlin Premiere, die Zürcher und Basler Termine von 2020 mussten Sie dann wegen Corona bis in diese Woche verschieben. Passen Sie das Programm an?
Klar, jeder Abend ist ein Unikat. Ich gehe viel auf aktuelle Dinge ein, improvisiere mit den Zuschauern, sonst würde ich mich ja selber langweilen! (lacht)

Corona führte uns auf drastische Art und Weise die Endlichkeit des Lebens vor Augen. Sind wir noch dieselben wie vor der Pandemie?
Krise ist das neue Normal. Die Welt ist unsicherer geworden, aber das Bedürfnis nach Orientierung, nach positiven Gemeinschaftserlebnissen und einem Denken über Ländergrenzen hinweg hat zugenommen.

Wirklich?
Ja, denn Gesundheit ist ansteckend und global, ein Virus fragt nicht nach einem Visum, um Ländergrenzen zu überspringen. So wenig wie ein CO2-Molekül in der Atmosphäre fragt, aus welchem Land es kam.

Krankheit und Klima sind aber zwei Paar Schuhe.
Wie ich in meinem aktuellen Bestseller «Mensch, Erde! Wir könnten es so schön haben» schreibe: Die grossen globalen Krisen hängen sehr eng miteinander zusammen.

Wie denn?
Die Pandemie ist die Folge der Zerstörung der natürlichen Lebensräume der Wildtiere. Jedes Jahr sterben acht Millionen Menschen an Luftverschmutzung, und eine Lunge, die Dreck einatmen muss, ist auch viel anfälliger für Corona.

Welchen Schluss ziehen Sie daraus?
Klimaschutz und Tierschutz sind auch Gesundheitsschutz, wenn wir das aus den letzten beiden Jahren gelernt haben, war es wenigstens zu etwas gut.

Wenn Sie als Mediziner die Schweiz und Deutschland vergleichen: Welches Land meisterte die Corona-Krise besser?
Das ist von Kanton zu Kanton verschieden. Im Ernst, für eine solche Betrachtung ist es noch zu früh, wir haben noch ein paar Wellen und Mutanten vor uns.

Und nun noch ein Krieg, bei dem in Europa so viele Menschen sterben wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Können Sie angesichts dieser Tatsache auf der Bühne Witze über die Endlichkeit machen?
Würden weniger sterben, wenn wir nicht lachen? Ich unterstütze mit der WHO, mit «Ärzte ohne Grenzen» und Arthelps, wo ich kann, und bin froh über die vielen solidarischen Aktionen.

Aber Humor wirkt da vergleichsweise oberflächlich.
Humor ist ja überhaupt nichts Oberflächliches, sondern das tiefe Eingeständnis in die unauflösbaren Widersprüche, in denen wir alle stecken, ein Leben lang. An denen kann man verzweifeln oder darüber lachen. Ich für meinen Teil finde: Lachen ist gesünder! Es gibt ein Sprichwort: «Tränen, die man gelacht hat, muss man nicht mehr weinen.»

Ist Lachen ein probates Mittel gegen Endlichkeit?
Unbedingt. Alles ist heute «anti-aging»! Dabei ist Älterwerden nicht per se eine Krankheit, sondern Leben für Fortgeschrittene! Ein ewiges Leben wäre sterbenslangweilig! Nur durch die Endlichkeit bekommt jeder Moment seinen Wert, seine Tragik oder Komik.

Haben Sie ein Beispiel?
In einem meiner Lieblingscartoons sagt Charly Brown: «Eines Tages werden wir alle sterben», darauf antwortet ihm Snoopy: «Ja, aber an allen anderen Tagen nicht.»

Aber wenn wir der Endlichkeit mit Humor begegnen, bekommen wir Lachfalten und sehen älter aus.
Na und? Ich sage: Schmeisst eure Anti-Aging-Creme in die Tonne und seid stolz auf Lachfalten! Kümmert euch nicht so viel um euch, kümmert euch um andere – gebraucht zu werden, hält jung! Engagiert euch, denn das Dümmste, was passieren kann, ist, dass das Anti-Aging-Zeug wirklich funktioniert.

Wie meinen Sie das?
Dein Körper wird jünger, aber dein Geist wird älter. Irgendwann hast du Alzheimer, kommst aber körperlich zurück in die Pubertät. Du kannst wieder – weisst aber nicht warum. Ist das ein Lebenstraum?

So nicht, denn wir träumen davon, körperlich und geistig fit älter zu werden. Gibt es eine Pille, Herr Doktor?
Keine Pille, aber einen extrem einfachen Trick: Wenn Sie Ihr Leben verlängern wollen, lassen Sie einfach alles weg, was es verkürzt. Mindestens zehn Jahre unseres Lebens hängen am Lebensstil. Es gibt keine Tablette, keine Operation und erst recht keine Creme, die uns besser schützen als fünf ganz einfache Dinge des Alltags.

Die da wären?
Nicht rauchen, sich bewegen, Gemüse essen, erwachsen werden und Kind bleiben. Und wen die Langfassung interessiert: Sie sind herzlich eingeladen, in mein Programm zu kommen! Versprochen: Alle Zuschauer gehen gesünder nach Hause, als sie gekommen sind. Denn Lachen ist die beste Medizin!

Als Sie das Programm zu «Endlich!» zusammenstellten: Welche Erkenntnis verblüffte Sie selber am meisten?
Dass wir in der zweiten Lebenshälfte zufriedener sind als in der ersten! Das ist kein Wunschdenken, sondern Wissenschaft. Und weil ich es noch nicht so spüre, muss ich wohl noch in der ersten Hälfte sein, was mit 54 doch viel zu hoffen gibt!

Schlussendlich noch eine Frage: Was, wenn das Leben mit dem Tod nicht endet?
Umso besser! Die Frage beantworte ich Ihnen im nächsten Leben. Denn alle Aussagen über den Tod haben einen systematischen Fehler: Sie kommen von Lebenden. Deswegen kann ich nur hoffen, dass es ein Leben nach dem Tod gibt, und zwar im besten Fall eines mit Humor.

Und wie soll man den Lebenden in Erinnerung bleiben?
Mit einem humorvollen Grabstein, zum Beispiel mit der Inschrift: «Typisch, jetzt wo ich Zeit habe, kommt keiner vorbei.» Oder Johnny Carson, der berühmte Talkmaster, liess schreiben: «Ich bin gleich wieder für Sie da.»

Etwas für Sie?
Was mich angeht: Ich bin lieber zu Lebzeiten überschätzt als andersherum. Deshalb spiele ich ja so gerne live. Das heisst wörtlich übersetzt: lebendig.

Ein Hirsch auf vielen Gebieten

Eckart von Hirschhausen kommt 1967 in Frankfurt am Main zur Welt und wächst mit zwei älteren Geschwistern in Berlin auf. Dort studiert er nach dem Gymnasium Medizin und schliesst das Studium in Heidelberg mit dem Doktortitel ab. 2002 schafft er mit der Bühnenshow «Sprechstunde» das neue Genre Medizinisches Kabarett. Momentan ist er mit seinem siebten Programm «Endlich!» auf Schweizer Tournee. Von Hirschhausen engagiert sich in der Stiftung «Humor hilft heilen» und ist Mitbegründer von «Scientists for Future». Von seinen Büchern «Die Leber wächst mit den Aufgaben» und «Glück kommt selten allein» verkauft er 2008 und 2009 über fünf Millionen Exemplare und ist der erfolgreichste Sachbuchautor. Dazu moderiert er die TV-Shows «Frag doch mal die Maus» und «Hirschhausens Quiz des Menschen». Von Hirschhausen ist verheiratet und lebt mit seiner Familie in Berlin.

Dr. Eckart von Hirschhausen

Eckart von Hirschhausen kommt 1967 in Frankfurt am Main zur Welt und wächst mit zwei älteren Geschwistern in Berlin auf. Dort studiert er nach dem Gymnasium Medizin und schliesst das Studium in Heidelberg mit dem Doktortitel ab. 2002 schafft er mit der Bühnenshow «Sprechstunde» das neue Genre Medizinisches Kabarett. Momentan ist er mit seinem siebten Programm «Endlich!» auf Schweizer Tournee. Von Hirschhausen engagiert sich in der Stiftung «Humor hilft heilen» und ist Mitbegründer von «Scientists for Future». Von seinen Büchern «Die Leber wächst mit den Aufgaben» und «Glück kommt selten allein» verkauft er 2008 und 2009 über fünf Millionen Exemplare und ist der erfolgreichste Sachbuchautor. Dazu moderiert er die TV-Shows «Frag doch mal die Maus» und «Hirschhausens Quiz des Menschen». Von Hirschhausen ist verheiratet und lebt mit seiner Familie in Berlin.

Das neue Bühnenprogramm «Endlich!» von und mit Eckart von Hirschhausen am 22. März im Stadtcasino, Basel, 23. März im Volkshaus, Zürich, und am 24. März im Theatersaal National, Bern, jeweils um 20 Uhr. www.ticketcorner.ch

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