Foto: THOMAS LUETHI

Zum 70. Geburtstag lässt Peter Maffay sein Leben Revue passieren
«Man kann der Liebe nicht ins Handwerk pfuschen»

Vor vier Jahren hat er sich nochmals neu verliebt, vor neun Monaten ist er wieder Papa geworden: Peter Maffay feiert heute Freitag seinen 70. Geburtstag.
Publiziert: 29.08.2019 um 23:49 Uhr
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Aktualisiert: 30.08.2019 um 09:05 Uhr
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Peter Maffay im Gespräch mit BLICK in seinem Büro am Starnberger See.
Foto: THOMAS LUETHI
Interview: Dominik Hug

Er ist der erfolgreichste deutsche Sänger der letzten Jahrzehnte: Heute Freitag wird Peter Maffay 70 Jahre alt. Der Rocker hat BLICK zu Hause am Starnberger See empfangen, um Bilanz über sein Leben zu ziehen.

BLICK: Herzliche Gratulation zum 70.! Mit welchem Gefühl betreten Sie Ihr neues Jahrzehnt?
Peter Maffay: Mit einem guten Gefühl. Ich habe sehr viele Dinge erledigt, die Pflicht also quasi erfüllt. Nun beginnt die Kür. Anders gesagt: Die grossen Bäume sind gepflanzt, nun geht es um die Ziersträucher.

Keine Angst vor dem Alter?
Angst nicht, aber natürlich ist mir meine Endlichkeit bewusster als früher. Mit 70 ist es nicht mehr aussergewöhnlich, wenn es zu entscheidenden anatomischen Veränderungen kommt. Das zeichnet sich glücklicherweise aber jetzt gerade noch nicht ab.

Was tun Sie, um dem Alter ein Schnippchen zu schlagen?
Ich treibe viel Sport. Und ich versuche, meinen Konsum vernünftig einzuteilen. Ich trinke kaum mehr Alkohol, den Zigarillos habe ich definitiv abgeschworen. Ausserdem gibt es ein kleines Baby in meinem Leben, dieses revitalisiert auch einiges.

Sie sind vor neun Monaten nochmals Vater geworden. Welchen Einfluss hat die kleine Anouk auf Ihr Leben?
Natürlich einen riesigen Einfluss. Ich nehme mir mehr Zeit für die Kleine, als ich es bei meinem 15-jährigen Sohn Yaris getan habe. Weil ich heute weniger getrieben bin. Der berufliche Druck schwindet mit dem Alter, man muss sich weniger beweisen. Das verschafft mehr Spielraum für die Familie.

Wie sieht Ihr Tagesablauf aus?
Ich stehe sehr früh auf, drehe dann meine Runden auf dem Fahrrad. Später gehe ich zum Bäcker und kaufe fürs Frühstück ein. Wieder daheim, wird als Erstes die Kleine versorgt. Dieser Moment ist wohl der schönste des Tages. Ich hole Anouk aus dem Bettchen, kuschle mit ihr. Sie ist meist so verschlafen, dass sie sich nicht wehren kann (lacht).

Wickeln Sie sie auch?
Aber sicher, ich bin mittlerweile Experte darin. Ich gebe Anouk die Milch und windle sie. Dann übergebe ich die Kleine an Hendrikje für den Rest des Tages. Ich verziehe mich ins Büro für Meetings. Bin ich nicht so stark in die Musik eingebunden wie jetzt gerade, kümmere ich mich um unsere Stiftung. In der Regel arbeite ich mehr für Tabaluga als für meinen eigentlichen Beruf als Musiker. Was mich manchmal in eine Zwickmühle bringt.

Tönt nicht nach dem Rockstar-Leben, wie man es sich vorstellt.
Ist es auch nicht. Schon lange nicht mehr. In den letzten Jahrzehnten habe ich mich ziemlich stark im Bereich der Normalität bewegt. Ich mache einen normalen Job, der zwischendurch vielleicht ein bisschen verrückt und extrovertiert ist. Aber die Exaltiertheit von früher ist vorbei.

Sie feiern heuer auch Ihr 50-Jahr-Bühnenjubiläum. Stolz darauf?
Stolz ist ein Gefühl, dass ich nicht mit meiner Arbeit zusammenbringe. Ich habe einige Gold- und Platinauszeichnungen an der Wand hängen, aber es gibt Leute, die haben zehn Mal mehr erreicht als ich. Klar, 50 Jahre sind eine lange Zeit. Ich will es auch gar nicht herunterspielen. Aber so gewaltig ist mein Beitrag für die Menschheit dann doch nicht, um stolz darauf sein zu können. Ich bin glücklich über meine Laufbahn, weil sie es mir ermöglicht hat, was mir immer wichtig war: selbstbestimmt leben zu können.

Auch in einer Beziehung? Sie waren viermal verheiratet.
Ja, auch in einer Beziehung. Als Hendrikje und ich zusammengekommen sind, haben wir eine Abmachung getroffen: Keiner von uns soll sich je angekettet fühlen. Diese Absicht, jederzeit unabhängig und frei entscheiden zu können, halte ich für sehr wichtig. Ob privat oder beruflich.

Der Altersunterschied von 38 Jahren hat Sie nicht gestört?
Was soll ich sagen? Sicher ist er nicht ideal, vor allem längerfristig nicht. Aber Hendrikje ist die Frau meines Lebens. Unsere Tochter ist ein Neuanfang. Und dafür ist es nie zu spät. Man kann der Liebe nicht ins Handwerk pfuschen.

Wäre eine Karriere wie Ihre heute noch möglich?
Das bezweifle ich. Die Zeiten werden immer kurzlebiger, sie reduzieren sich auf ganz wenige Impulse. Man landet einen Hit und ist riesig, im nächsten Moment ist bereits ein neuer Hit noch riesiger. Ich wünsche mir, dass der Geist des Rock ’n’ Roll erhalten bleibt. Dass am Ende nicht einfach nur noch Business, Image und Inszenierung zählen.

Was war Ihr bestes Jahrzehnt?
Das kann ich nicht sagen. Weil ich nicht wirklich Nostalgiker bin. Es gab immer gute Zeiten – wie auch schlechte.

Was bereuen Sie?
Ich habe einige Menschen verletzt, gerade in meinen jungen Jahren. Weil mein Ego zu gross war, auch meine Eitelkeit. Die meisten jungen Menschen sind überehrgeizig. Man ist mit einem rasantem Tempo unterwegs. Da macht man Fehler. Mit den Jahren tritt das Ego glücklicherweise immer mehr in den Hintergrund.

Sie waren jahrelang alkoholkrank. Diese Abhängigkeit bereuen Sie nicht?
Ach, dieses dunkle Kapitel ist Teil meines Lebens. Mir macht es nichts aus, darüber zu sprechen. Ich habe nichts zu verstecken. An gewissen Tagen konnte ich gleich mehrere Flaschen Whiskey wegkippen. Deswegen habe ich Frauen und Freunde verloren. Gewiss bedauere ich das. Ändern kann ich es nicht mehr, aber ich habe daraus gelernt.

War es leicht, mit der Trinkerei aufzuhören?
Nein. Vor 15 Jahren bekam ich wie aus heiterem Himmel die Diagnose Lungenkrebs. Die hat sich im Nachhinein als falsch entpuppt. Dennoch habe ich sogleich mit allem, was mir körperlich Schaden zugefügt hat, aufgehört. Es war wie ein Weckruf. Diesen Wahnsinn kann ich rückblickend nicht mal mehr nachvollziehen.

Sie lebten lange in Kanada und besitzen auf Mallorca eine riesige Finca. Haben Sie noch Fernweh?
Nein. Ich war schon auf jedem Kontinent, habe es jedes Mal genossen, Länder zu bereisen und Kulturen kennenzulernen. Diesen Drang verspüre ich nicht mehr. Weil ich erkannte, dass das eigentliche Abenteuer auch vor der Haustür stattfinden kann. Ich liebe Herausforderungen zwar noch immer, aber deswegen muss ich nicht täglich aufs Motorrad steigen und eine gefährliche Strasse hinunterrasen. Ich setze mich lieber aufs Mountainbike, das bekommt mir besser. Ich fühle mich wirklich sehr erfüllt im jetzigen Leben.

Vielleicht, weil Sie endlich angekommen sind.
Genau.

Was sind Ihre wichtigsten Werte?
Toleranz. Jede Begegnung hinterlässt eine Spur, daraus entsteht irgendwann eine Haltung. Meine ist: Leben und leben lassen.

Und?
Dankbarkeit. Mit 20 hast du keine Falten, mit 70 schon. Jede einzelne ist ein Niederschlag dessen, was im Leben abgelaufen ist. Ich hatte ein paar Brüche zu verbuchen, dennoch war mein Leben immer ein unglaublicher Glücksfall. Ich musste nie einen Krieg erleben. Ich musste nie Hunger leiden. Ich musste nie übers Mittelmeer flüchten und dabei ein Kind verlieren. Das erfüllt mich mit grosser Dankbarkeit.

Was frustriert Sie?
Die Erkenntnis, dass es in den Gesellschaften auf der ganzen Welt bis heute nicht zur effektiven Umsetzung des Begriffs Toleranz gekommen ist. Wir schlagen uns noch immer die Köpfe ein, weil jemand eine andere Hautfarbe hat, eine andere sexuelle Orientierung, einen anderen Glauben. Anderseits bin ich Optimist. Ich bin überzeugt, dass gewisse Dinge korrigierbar und Menschen lernfähig sind. Kinder haben ein Recht auf optimistische Eltern. Denn pessimistische Eltern bewegen nichts mehr.

Ihre wichtigste Erkenntnis nach 70 Jahren auf dieser Erde?
Dass es nichts Wichtigeres gibt als Harmonie. Damit geht einher, dass man Verständnis hat für das Gegenüber.

Was kommt nach dem Tod?
Dunkelheit, Würmer. Ich glaube nicht an Reinkarnation. Wir haben nur dieses eine Leben. Falls es irgendetwas gibt, was unsere Zeit auf Erden verlängert, dann sind das die Liebe und die Werte, die wir unseren Nachfahren mitgegeben haben. Mehr wird da nicht mehr sein.

Neue CD: «Jetzt»

Konzert: 11. März 2020, Hallenstadion Zürich

Erfolgsrocker

Peter Maffay kam 1949 in Rumänien zur Welt. 1963 wanderten seine Eltern nach Deutschland aus. Mit «Du» landete er 1970 seinen ersten Hit. Zu seinen bekanntesten Liedern gehören auch «Über sieben Brücken musst du gehn» und «Ich wollte nie erwachsen sein». Neben seiner künstlerischen Arbeit ist Maffay politisch und gesellschaftlich engagiert. Und er ist Schirmherr der Tabaluga-Kinderstiftung. Maffay war viermal verheiratet. Seit 2015 ist er mit der Gymnasiallehrerin Hendrikje Balsmeyer liiert, mit ihr bekam er im November 2018 eine Tochter.

Peter Maffay kam 1949 in Rumänien zur Welt. 1963 wanderten seine Eltern nach Deutschland aus. Mit «Du» landete er 1970 seinen ersten Hit. Zu seinen bekanntesten Liedern gehören auch «Über sieben Brücken musst du gehn» und «Ich wollte nie erwachsen sein». Neben seiner künstlerischen Arbeit ist Maffay politisch und gesellschaftlich engagiert. Und er ist Schirmherr der Tabaluga-Kinderstiftung. Maffay war viermal verheiratet. Seit 2015 ist er mit der Gymnasiallehrerin Hendrikje Balsmeyer liiert, mit ihr bekam er im November 2018 eine Tochter.

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