Unglaublich, aber wahr: Brad Pitt gehört nicht zu den zehn schönsten Männern der Welt. Jedenfalls sagt das die Wissenschaft: Nach der Vermessung von Gesichtsproportionen wird ermittelt, welche am ehesten dem Inbegriff von Schönheit entsprechen. Und da gibt es offenbar mindestens zwei Handvoll, die schöner sind als Pitt. Obs ihn juckt? Schwer zu sagen. Als er 1994 erstmals vom «People Magazine» zum «Sexiest Man Alive» erkoren wird, fühlt sich das für ihn «wirklich unbehaglich» an, wie er in einem Interview erzählt.
Beim zweiten Mal, im Jahr 2000, nimmt ers gelassener: «Ich denke da nicht gross drüber nach.» Ob Top Ten oder nicht: Brad Pitt gehört zu den attraktivsten Gesichtern Hollywoods. Und das finden nicht nur Frauen. Sogar Kult-Regisseur Quentin Tarantino schwärmt im Magazin «GQ»: «Er sieht wirklich gut aus, ist sehr maskulin und hip. Er erinnert an einen Filmstar aus alten Zeiten.»
Dieser Artikel wurde erstmals in der der «Schweizer Illustrierten» publiziert. Weitere spannende Artikel findest du auf www.schweizer-illustrierte.ch.
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Brad Pitt, der ewige Schönling?
Als Pitt 1985 aus dem US-Bundesstaat Missouri nach Los Angeles kommt, landet er erst mal in einem Werbespot für Levi’s-Jeans. Den Durchbruch auf der Leinwand feiert er 1991 als jugendlicher Liebhaber von Geena Davis in «Thelma & Louise», Hollywoods erstem feministischen Roadmovie. Davis, damals bereits Oscar-Preisträgerin, merkt schnell, dass da nicht nur eine hübsche Hülle vor ihr steht: «Ich wusste vom ersten Moment an, dass er super talentiert ist.»
Die Evolution vom schönen Jüngling zum Charakterdarsteller passiert in Windeseile. Und zeigt: Es gibt kaum eine Rolle, die Brad Pitt nicht liegt – vom gebrochenen Kriegsveteranen in «Legenden der Leidenschaft» über einen psychisch beeinträchtigten Seifenhändler in «Fight Club» oder einen witzig-kriminellen Gauner in «Ocean’s Eleven» bis hin zum Stuntman in Tarantinos «Once Upon a Time in Hollywood». Dafür gewinnt er 2020 endlich einen Oscar. So unterschiedlich seine Figuren sind, eines verbindet sie: Sie haben Ecken, Kanten, Brüche im Leben. Ganz anders als Pitt selbst – oder etwa nicht?
Brad Pitt, der ewige Saubermann?
Öffentliche Schlammschlachten à la Johnny Depp und Amber Heard gibts nicht bei Pitt. Auch keine Eskapaden mit Prostituierten à la Hugh Grant oder Puff mit dem Gesetz wegen Trunkenheit am Steuer à la Nick Nolte. Dass er 2005 «America’s Super Sweetheart», «Friends»-Star Jennifer Aniston (54) für die wilde Angelina Jolie (48) verlässt, nimmt die Öffentlichkeit mit Bedauern zur Kenntnis – die schlägt allerdings ziemlich schnell in Begeisterung fürs Superpaar «Brangelina» um. Die beiden verbinden fortan elf Jahre (zwei davon verheiratet) und sechs Kinder (drei davon adoptiert).
Als Angelina Jolie 2016 die Scheidung einreicht, hört man zwar wenig Schmeichelhaftes über «Mister Perfect». So soll Pitt nicht nur auf sie, sondern auch auf ihren ältesten Sohn Maddox, inzwischen 22, körperlich losgegangen sein. Bestätigt hat das weder er noch sie. Dementiert auch nicht. Seine Schlachten trägt das Ex-Paar im Privaten aus. Was an die Öffentlichkeit dringt, steht in Dokumenten oder Gerichtsakten. Mit wenigen Ausnahmen. Ein halbes Jahr nach der Scheidung kratzt Brad an seinem eigenen Image und erzählt in einem «GQ»-Interview, dass seit seinem Studium kein Tag vergangen sei, an dem er nicht gekifft oder getrunken habe. Vielleicht liegt hier eine Erklärung dafür, dass sein zweitältester Sohn Pax (20) ihn 2020 in einem Social-Media-Post «Weltklasse-Arschloch» nennt. Alkoholismus und Vaterschaft ist eine unheilige Kombination.
Brad Pitt, das ewige Mysterium?
Es sind Krümelchen aus seinem Privat- und Seelenleben, welche Pitt seinen Fans zuwirft. Hinter seine schöne Fassade zu blicken, scheint ein Ding der Unmöglichkeit. Die «GQ» versuchts im Juni 2022 und schickt Bestseller- und Drehbuchautorin Ottessa Moshfegh (42) zu ihm nach Hause, dem rustikalen Anwesen in den Hollywood Hills, das seit 1994 sein Hauptwohnsitz ist. Sie beschreibt den karamellfarbenen Zedernholzton der Einrichtung, die Möbel, die Kunst. Er erzählt ihr, dass er seine Träume aufschreibt, Gitarre spielt, während der Pandemie töpfern gelernt hat. Sagt Sätze wie «Ich habe mich in meinem Leben immer sehr allein gefühlt» (erstaunlich als sechsfacher Vater) oder «Ich kann mich sehr gut in andere hineinversetzen» (von Vorteil als Schauspieler), «aber ich kann mich auch verzetteln». Ist das Brad Pitt? Ein einsamer Künstler, ein geborener Mime, der sich öfter mal verliert – in einer Rolle, im Alkohol (den er übrigens seit der Scheidung von Jolie nicht mehr anfasst), im Leben? Verpackt in einer attraktiven Hülle aus Karamell?
Vermutlich ist der talentierte Mister Pitt gerade deshalb so faszinierend, weil er so unfassbar ist. Unfassbar schön, unfassbar talentiert, unfassbar unfassbar. «Er ist einfach eine andere Art von Mann», sagt Quentin Tarantino. «Ihn beschreiben zu wollen, ist, als würde man das Leuchten der Sterne beschreiben.»