Von der Schweiz bis nach Hollywood
Stars in den Fängen einer Sekte

Hollywoodschauspielerin Leah Remini verklagt als ehemaliges Mitglied Scientology. Die Sekte lockt immer wieder Prominente an. Auch in der Schweiz gibt es Opfer. Michelle Hunziker war einst Mitglied einer Sekte, Jonny Fischer wuchs in einer radikalen Freikirche auf.
Publiziert: 03.08.2023 um 17:13 Uhr
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Aktualisiert: 04.08.2023 um 06:35 Uhr
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«King of Queens»-Hauptdarstellerin Leah Remini reicht Klage gegen Scientology ein, weil die Sekte sie nach ihrem Austritt über Jahre bedrängte.
Foto: imago/MediaPunch
Evelyne Murer

US-Schauspielerin Leah Remini (53) rechnet mit Scientology ab. In Los Angeles hat die «King of Queens»-Hauptdarstellerin Zivilklage gegen die umstrittene Glaubensbewegung und gegen deren Boss, David Miscavige (63), eingereicht. «Nach 17 Jahren der Belästigung, Einschüchterung, Überwachung und Verleumdung reiche ich eine Klage gegen Scientology und David Miscavige ein», verkündet Remini auf Social Media. Sie führt in ihrer Klageschrift an, dass Scientology sie seit ihrem Austritt im Jahr 2013 verfolge und ihre Privatsphäre verletzte, um sie zum Schweigen zu bringen.

Seit Jahren engagiert sich das Ex-Scientology-Mitglied gegen die Organisation. So befasste sich etwa ihre Dokumentarserie «Leah Remini: Ein Leben nach Scientology» (2016–2019) mit ihren und den Erfahrungen anderer Aussteiger. Auch ihre 2015 erschienenen Memoiren «Troublemaker: Wie ich Hollywood und Scientology überlebte» handeln von diesen Erlebnissen.

Leah Remini ist kein Einzelfall. Immer wieder gelangen Prominente in die Fänge von radikalen religiösen Organisationen.

Tom Cruise als Aushängeschild

Tom Cruise (61) gilt seit Jahren als das Aushängeschild der Glaubensgemeinschaft. Seine erste Ehefrau Mimi Rogers (67), mit der er von 1987–1990 verheiratet war, bewegte Cruise zum Beitritt. Nach der Scheidung blieb er der Organisation erhalten, während Rogers austrat.

Nicole Kidman musste Kontakt zu Kindern aufgeben

Cruises zweite Ehefrau Nicole Kidman (56) stieg zu einem angesehenen und ranghohen Mitglied von Scientology auf. Als sie sich nach elf Jahren Ehe 2001 von Cruise scheiden liess und auch aus der Glaubensgemeinschaft austrat, verlor die gebürtige Australierin den Kontakt zu den beiden gemeinsamen Kindern Isabella (30) und Connor (28). Sie entschieden, bei ihrem Vater zu leben und weiter Scientology zu praktizieren.

Auch Cruises dritte Ehefrau, Katie Holmes (44), geriet tief in die Fehden von Scientology. Als sie sich 2012 scheiden liess, gelang ihr nach monatelangem Rechtsstreit der Ausstieg aus der Organisation, Tochter Suri (17) blieb bei Holmes.

2021 soll Tom Cruise selbst der Glaubensgemeinschaft auch den Rücken gekehrt haben.

John Travolta und Kelly Preston

«Grease»-Star John Travolta (69) trat der Scientolgoy-Kirche 1975 bei. Die Website zitierte ihn einmal mit den Worten: «Ich würde sagen, Scientology hat mir den grossen Durchbruch beschert.» Gerüchten zufolge soll sich Travolta nach dem Tod seiner Frau Kelly Preston (1962–2020) von der Kirche losgesagt haben. Kelly Preston starb 2020 an Brustkrebs nach einer Chemotherapie und Bestrahlung – Behandlungen, die Scientology strikt ablehnt.

Weitere aktive Scientology-Mitglieder sind etwa «The Handmaid’s Tale»-Hauptdarstellerin Elisabeth Moss (41) oder «Narcos: Mexico»-Star Michael Peña (47). Auch Will Smith (54) wird immer wieder eine Verstrickung mit Scientology nachgesagt, allerdings beteuerte Will Smith mehrmals öffentlich, kein Mitglied zu sein.

Auch in der Schweiz gibt es Beispiele von Promis, die in Fehden einer Sekte oder Freikirche gelangten.

Michelle Hunziker war Sektenmitglied

In ihrer Autobiografie, die 2017 auf den Markt kam, enthüllte Michelle Hunziker, dass sie mit Anfang 20 in die Fänge von den «Kriegern des Lichts» geriet. Nachdem die Sektenführerin ihr dabei geholfen hat, mit dem Rauchen aufzuhören, fügte sie sich den strengen Regeln der Sekte. Die Moderatorin musste sich unter anderem jahrelang vegan ernähren, weil Gerichte wie Pizza sogenannte «dämonische Zutaten» enthalten würden.

So erkennst du Sekten und ähnliche Gruppen

Sich selber als Sekte bezeichnen – das tut keine religiöse oder ideologische Gruppierung. Jede kleinere oder grössere Gemeinschaft hat jedoch das Potenzial zur Sekte. Je mehr der folgenden Merkmale zutreffen, desto eindeutiger kann man auf eine sektenhafte Gruppierung schliessen.

  • Autoritäre Führung: Ein Guru, ein Prophet oder eine andere Figur tritt als unbestrittener Führer auf.
  • Struktur: Straffe Hierarchie und strenge Regeln.
  • Isolierung: Starke Abgrenzung und kaum Offenheit nach aussen, im schlimmsten Fall sind Kontakte ausserhalb ganz untersagt.
  • Zeit und Geld: Fliesst vermehrt in die Gruppe, sei es für Kurse oder Arbeit ohne Entlöhnung.
  • Anspruch auf Absolutheit: Das Glaubenssystem ist unantastbar.
  • Kritik: Zweifel und eigenständiges Denken sind nicht erlaubt. Kritiker von aussen werden bekämpft.
  • Erlösungs- oder Heilsversprechen: Für sämtliche Probleme werden Lösungen angeboten, oft fernab von gesundem Menschenverstand und Realität.
  • Elitedenken und Selbstüberschätzung: Die Mitglieder empfinden sich als Auserwählte, spirituell weiterentwickelte Elite. Man ist etwas Besonderes, besser als der Rest der Welt.
  • Weltuntergang: Die Prophezeiung der Endzeit ist ein beliebtes Mittel von Sekten.
  • Kontrolle von Gedanken und Gefühlen: Zunächst mit Liebe überschüttet, dann schleichend isoliert – so verliert man Freunde, Familie und Selbstbestimmung. Durch bestimmte Techniken und Übungen wird nach und nach die Persönlichkeit verändert.
  • Manipulation: Über Druck, Angst und schlechtes Gewissen wird man systematisch manipuliert.
  • Aussteiger: Bedrohliche Konsequenzen für Abtrünnige – mit ihnen wird nicht mehr kommuniziert, womöglich kommen sie in die Hölle oder sind am Weltuntergang schuld.

Tipps, Informationen und Selbshilfegruppen findest dz auf infosekta.ch und relinfo.ch. Buchempfehlung: «Freiheit des Geistes» von Steven Hassan. Psychologische Beratung für Sektenopfer: katharinameredith.com

Sich selber als Sekte bezeichnen – das tut keine religiöse oder ideologische Gruppierung. Jede kleinere oder grössere Gemeinschaft hat jedoch das Potenzial zur Sekte. Je mehr der folgenden Merkmale zutreffen, desto eindeutiger kann man auf eine sektenhafte Gruppierung schliessen.

  • Autoritäre Führung: Ein Guru, ein Prophet oder eine andere Figur tritt als unbestrittener Führer auf.
  • Struktur: Straffe Hierarchie und strenge Regeln.
  • Isolierung: Starke Abgrenzung und kaum Offenheit nach aussen, im schlimmsten Fall sind Kontakte ausserhalb ganz untersagt.
  • Zeit und Geld: Fliesst vermehrt in die Gruppe, sei es für Kurse oder Arbeit ohne Entlöhnung.
  • Anspruch auf Absolutheit: Das Glaubenssystem ist unantastbar.
  • Kritik: Zweifel und eigenständiges Denken sind nicht erlaubt. Kritiker von aussen werden bekämpft.
  • Erlösungs- oder Heilsversprechen: Für sämtliche Probleme werden Lösungen angeboten, oft fernab von gesundem Menschenverstand und Realität.
  • Elitedenken und Selbstüberschätzung: Die Mitglieder empfinden sich als Auserwählte, spirituell weiterentwickelte Elite. Man ist etwas Besonderes, besser als der Rest der Welt.
  • Weltuntergang: Die Prophezeiung der Endzeit ist ein beliebtes Mittel von Sekten.
  • Kontrolle von Gedanken und Gefühlen: Zunächst mit Liebe überschüttet, dann schleichend isoliert – so verliert man Freunde, Familie und Selbstbestimmung. Durch bestimmte Techniken und Übungen wird nach und nach die Persönlichkeit verändert.
  • Manipulation: Über Druck, Angst und schlechtes Gewissen wird man systematisch manipuliert.
  • Aussteiger: Bedrohliche Konsequenzen für Abtrünnige – mit ihnen wird nicht mehr kommuniziert, womöglich kommen sie in die Hölle oder sind am Weltuntergang schuld.

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Jonny Fischer wuchs in radikaler Freikirche auf

In seinem 2021 erschienenen Buch «Ich bin auch Jonathan», rollt Comedian Jonny Fischer (43) vom Duo Divertimento seine schwierige Kindheit in Sekten und Freikirchen auf. Sein Vater war Oberhaupt einer selbsternannten radikalen Glaubensrichtung, Fischer wuchs unter strengsten Regeln der Freikirche auf und erlitt davon seelischen Schaden, der ihn bis ins Erwachsenenalter begleitete. Im Alter von 15 Jahren brach Fischer nach einem familieninternen Gottesdienst mit seiner Familie. Erst Jahre später kam die Versöhnung.

«Ich drohte später mehrmals, mir das Leben zu nehmen!»
2:39
Wegen qualvoller Kindheit:«Ich drohte später mehrmals, mir das Leben zu nehmen!»
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