US-Megastar Lady Gaga im BLICK-Interview über ihre Depressionen
«Ich war an einem sehr dunklen Ort»

Mit ihrem sechsten Studio-Album «Chromatica» und Gästen wie Ariana Grande oder Elton John kehrt Lady Gaga zur Dance Music zurück – und überwindet eine dunkle Phase. «Ich wäre lieber trocken, aber zumindest bin ich am Leben», heisst es in der Single «Rain On Me».
Publiziert: 30.05.2020 um 10:42 Uhr
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Aktualisiert: 15.08.2020 um 09:26 Uhr
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Lady Gaga Anfang Februar 2020 in Miami bei einem ihrer letzten grossen Auftritte vor der Corona-Pause an der AT&T Super Saturday Night.
Foto: Getty Images for AT&T
Jean-Claude Galli

Als wäre gerade eine unglaublich schwere Last von ihr abgefallen, sitzt Megastar Lady Gaga (34) – schwarze Lederjacke, verwegen geschminkt, nach hinten geknotete und pink gefärbte Haare – im Studio in Los Angeles und spricht im Interview mit BLICK über ihr neues Album. «Als ich ‹Chromatica› in Angriff nahm, war ich gerade an einem sehr dunklen Ort meines Lebens. Ich war enorm bedrückt. Nicht weil die Welt in so einem schlimmen Zustand ist, sondern weil ich selber an Depressionen leide», erzählt sie. Sie habe zwar intensiv an den Aufnahmen arbeiten können. Doch sei das nur dank des täglichen und energischen Zuspruchs ihrer Freunde und der musikalischen Crew möglich gewesen.

«Was mir am meisten half und mich wirklich gesund machte, war jedoch dies: Wenn ich mir die entstehenden Songs jeweils anhörte, realisierte ich, dass ich darauf erstaunlich glücklich klang.» Selbst wenn die Texte düster waren und sich fast nur um ihr Innenleben drehten, sei ihr klar geworden, dass sie gleichzeitig trotzdem intensiv an die Welt rundherum gedacht habe. «Und mir wurde endlich wieder mein wirklicher Daseinszweck bewusst: dass ich geboren bin, um andere Menschen mit meiner Begabung heiter zu stimmen.»

Benefizkonzert für den Kampf gegen Corona

Auch ausserhalb des Studios war die US-Künstlerin mit italienischen Wurzeln diesbezüglich nicht untätig in letzter Zeit. Diesen April organisierte sie gemeinsam mit der Vereinigung Global Citizen das Benefizkonzert «One World: Together at Home». Ein von ihr zusammengestelltes Star-Ensemble mit Newcomern wie Billie Eilish (18) und Grössen wie Elton John (73) oder Paul McCartney (77) spielte 35 Millionen Dollar ein, die der WHO im Kampf gegen Corona zugutekommen. «Ich will mich in Zukunft verstärkt darauf konzentrieren, in meiner ganzen Essenz freundlich zu sein. Nur so können wir all diese Ungerechtigkeiten und dieses Elend aushalten und zu einer Verbesserung der globalen Zustände beitragen», verspricht sie.

Die Kontrolle über sich selbst erlangen

Bestes Sinnbild für die wiedergewonnene Lebensfreude ist der Album-Track «Free Woman», in welchem Lady Gaga zum Ausdruck bringt, was seit jeher ihre Kernbotschaft gewesen ist: die Kontrolle über sich selbst zu erlangen. «Ich habe stets versucht, ein neues Vorbild für Frauen zu sein und nicht herkömmliche Muster nachzuahmen.» In den Anfängen sei das höchst anstrengend gewesen. «Als ich in die Musikindustrie hineinkam, wurde ich von Leuten instrumentalisiert und auch sexualisiert, die bloss Geld mit mir machen wollten. Die mir sagten: Mach die Haare so, zieh dieses Kleid an.»

Zunehmende Akzeptanz der Auflehnung

Sie glaube fest daran, dass sich da in der Zwischenzeit nicht nur in Bezug auf sie, sondern grundsätzlich etwas geändert habe. Jedenfalls in der westlichen Gesellschaft: «Wenn sich Frauen wehren, wirkt das nicht mehr so schockierend auf die Allgemeinheit wie früher. Ich denke, es ist heute akzeptierter, sich aufzulehnen und für den eigenen Weg einzustehen. Das gilt nicht nur für Frauen, sondern für alle Geschlechter und Ausrichtungen.» Für die eigenen Rechte zu kämpfen und dabei nicht mehr komisch angeschaut zu werden, empfinde sie als riesigen Fortschritt.

Ihre Botschaft an die Frauen: Probiert verschiedene Dinge aus! Und auch mit kleinen Schritten geht es vorwärts. «Ich lag selber in Ketten und musste schrecklichen Klischees entsprechen. Frauen sind unglaublich tapfer und haben grundsätzlich eine gewaltige Kraft.» Am wichtigsten sei es, aus diesem Gefängnis der Erwartungen auszubrechen. Und überhaupt zu realisieren, dass man den Schlüssel selber habe oder mindestens wisse, wo er sei. «Ich selber habe es auch geschafft. Doch es hat verdammt lange gedauert.»

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