US-Entertainer Bill Cosby hat nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft keinerlei Reue für seine sexuellen Übergriffe gezeigt und sollte fünf bis zehn Jahre ins Gefängnis. Das sagte Kevin Steele in seinen abschliessenden Bemerkungen am Montag.
Richter Steven O'Neill will am Dienstag das Strafmass für Cosby verkünden. «Niemand steht über dem Gesetz, niemand», sagte Steele bei der Sitzung in Norristown, Pennsylvania.
Sexuelle Nötigung in 3 Fällen
Cosby war im April wegen schwerer sexueller Nötigung in drei Fällen schuldig befunden worden. Dafür drohten ihm eigentlich bis zu 30 Jahre Haft. Verteidigung und Staatsanwaltschaft einigten sich aber, diese Fälle zusammenzuführen. Damit liegt die mögliche Höchststrafe bei zehn Jahren Haft im Gefängnis des Bundesstaats Pennsylvania. Die Inhaftierten sitzen dort meist längere Strafen für schwerere Verbrechen ab als Insassen der Bezirksgefängnisse.
Cosbys Anwalt Joseph Green hielt dagegen, dass so eine Strafe «übermässige Härte» für jemanden in Cosbys Alter bedeuten würde. «Was macht ein 81 Jahre alter Mann im Gefängnis?», fragte Green. Cosby solle die Strafe stattdessen in einer Rehabilitations-Einrichtung oder unter Hausarrest absitzen, die seit seinem Schuldspruch im April bereits gilt.
Klägerin will Gerechtigkeit
Klägerin Andrea Constand gab eine kurze, abschliessende Bemerkung ab. «Die Jury hat mich gehört, Herr Cosby hat mich gehört. Jetzt bitte ich nur um Gerechtigkeit in dem Mass, wie das Gericht es für angemessen hält.» Sie reichte zudem eine längere, schriftliche Stellungnahme bei Gericht ein. Auch ihre Eltern und ihre Schwester schilderten vor Gericht, wie der Fall sie persönlich beeinträchtigt habe.
Die Sitzung am Montag drehte sich lange um das öffentliche Register für Sexualstraftäter, das in allen 50 Bundesstaaten der USA geführt wird. Die Einstufung eines Verurteilten darin legt fest, welchen Beschränkungen sie im Alltag unterliegen. Sie müssen etwa den Wechsel ihres Wohnorts oder Arbeitgebers melden und regelmässig bei der Polizei vorstellig werden.
Green hält die geplante Einstufung Cosbys als «gewaltbereiter Sexualverbrecher» für unzulässig. Ein solcher Schritt wäre verfassungswidrig und würde seinem 81-jährigen Mandanten die Möglichkeit nehmen, seine Enkel zu treffen. Psychologin Kristen Dudley, die in einem Gremium Pennsylvanias mit über die Einstufungen entscheidet, hielt die Bezeichnung dagegen für angemessen. Cosby könne seine «Macht und sein Prestige» einsetzen, um junge Frauen zu missbrauchen. Selbst wenn es seit 2004 keine neuen Anschuldigungen gegen Cosby gegeben habe, könne er rückfällig werden.
Berufung angekündigt
Cosbys Verteidiger wollen im Fall einer Haftstrafe Berufung einlegen. Unklar ist, ob er dann trotzdem unmittelbar - also noch am Dienstag - ins Gefängnis müsste, oder ob er bis zur Entscheidung eines höheren Gerichts unter Hausarrest bliebe.
Cosby wird von etwa 60 Frauen des sexuellen Missbrauchs beschuldigt, allerdings sind die meisten Fälle verjährt. In dem nun verhandelten Fall geht es um die Vorwürfe von Andrea Constand. Nach ihrer Aussage hatte Cosby sie im Januar 2004 in seinem Haus in Philadelphia unter Drogen gesetzt und sexuell missbraucht. Ende April wurde er bereits schuldig gesprochen, nun geht es um seine Strafe.
Der Komiker war früher in seiner Rolle als gutmütiger Arzt und Familienvater in der «Cosby Show» einer der beliebtesten TV-Stars des Landes. Bei einer Verurteilung zu einer Haftstrafe wäre Cosby der erste Prominente, der seit der 2017 losgetretenen Welle von Missbrauchsvorwürfen gegen Film- und Medienschaffende wegen eines Sexualverbrechens ins Gefängnis geht. Am Anfang hatten die massenhaften Missbrauchsvorwürfe gegen den früheren Hollywood-Mogul Harvey Weinstein gestanden. (SDA)