Als Frontmann von Sens Unik war er in den 90ern ein Musikstar, als Schauspieler in TV-Produktionen wie «Der Bestatter» kennt ihn die ganze Schweiz: Carlos Leal (50). Zehn Jahre nach dem Ende seiner Kultband hat der ehemalige Rapper wieder Lust auf Musik und spricht dabei in ungewohnt ernsten Tönen. Der Schweiz-Spanier hat eine dunkle Zeit hinter sich. Erstmals spricht er darüber.
BLICK: Wenige Stunden vor unserem Interview wurden Sie beim Verlassen eines Zürcher Trams von der Polizei angehalten – was war passiert?
Carlos Leal: Um meine neue Single zu promoten, bin ich mit meiner Lautsprecherbox und einem Mikrofon im Tram aufgetreten und habe gesungen. Ich wollte immer schon als Strassenmusiker auftreten. So kann ich auch gleich meine Musik promoten. Ich trat schon auf dem Hollywood-Boulevard auf, in der Pariser Metro, in Lausanne und nun in Zürich. Die Leute im Tram fanden meinen Kurzauftritt übrigens cool – ganz im Gegensatz zur Polizei. Ich kam aber zum Glück mit einer Verwarnung davon.
Ihre neue Single «Les brunes et les blondes/Highway» klingt poppig und surreal, ganz anders als die Musik, die man von Ihnen als Rapper bei Sens Unik kennt. Erfinden Sie sich neu?
Ja, denn Evolution ist wichtig im Leben. Es gibt heute keinen Grund mehr für mich, Hip-Hop zu machen, dennoch bleibt er in meinem Herzen. Hip-Hop war mein grosser Bruder, ich bin mit ihm aufgewachsen. Aber ich habe mich verändert, und das ist gut so. Ein Filmdirektor will ja auch nicht immer denselben Film drehen.
Der Sohn spanischer Immigranten wuchs im Lausanner Vorort Renens auf, er absolvierte eine Lehre als Tiefbauzeichner. Die Talente von Carlos Leal (50) sind genauso breit gefächert wie seine Erfolge. Mit seiner Hip-Hop-Band Sens Unik gewann er viermal die Goldene Schallplatte. Einen Namen hat er sich auch als Schauspieler gemacht. Während zwei Staffeln ermittelte er in «Der Bestatter». International hatte er einen Auftritt im James-Bond-Film «Casino Royale», aktuell ist er in «The L Word: Generation Q» zu sehen. 2010 zog er nach Los Angeles, wo er heute noch lebt. Leal ist verheiratet und hat zwei Kinder.
Der Sohn spanischer Immigranten wuchs im Lausanner Vorort Renens auf, er absolvierte eine Lehre als Tiefbauzeichner. Die Talente von Carlos Leal (50) sind genauso breit gefächert wie seine Erfolge. Mit seiner Hip-Hop-Band Sens Unik gewann er viermal die Goldene Schallplatte. Einen Namen hat er sich auch als Schauspieler gemacht. Während zwei Staffeln ermittelte er in «Der Bestatter». International hatte er einen Auftritt im James-Bond-Film «Casino Royale», aktuell ist er in «The L Word: Generation Q» zu sehen. 2010 zog er nach Los Angeles, wo er heute noch lebt. Leal ist verheiratet und hat zwei Kinder.
Das Musikvideo zeigt Sie als kaputten Typen. Sie wachen verkatert und halb nackt in einer Badewanne auf, Frauen ziehen Sie an. Leidet Carlos Leal mit 50 an einer Midlife Crisis?
Haha, nein, die hatte ich, als ich 46 wurde. Anstatt einen Porsche zu kaufen, brachte ich damals mein Soloalbum «Reflection» heraus. 50 zu sein, ist super. Alt kann auch cool sein. Der Typ in meinem Musikvideo ist Charles, er ist mein Alter Ego. Als ich jung war, war ich ein bisschen wie er. Heute träume ich manchmal davon, so unbeschwert in den Tag hinein leben zu können. Aber ich habe Verantwortung gegenüber meiner Familie und meinem Beruf. Deshalb lebe ich Charles durch meine Kunst und meine Songs aus.
Wird es jemals ein Comeback von Sens Unik geben?
Ich schliesse es nicht aus. Wir erhalten immer noch viel Fanpost, und natürlich weckt das nostalgische Gefühle. Auf der anderen Seite werden in der Schweiz die eigenen Helden nicht richtig gefeiert. Wenn ich merke, dass es die Nachfrage nach einem Auftritt von uns wirklich gibt, dann überlege ich mir das. Aber ich habe keine Lust, Zeit in ein Comeback zu investieren, das niemand wirklich will.
Sie wuchsen als Sohn spanischer Immigranten in Renens auf, ein für seine Kriminalität und Drogen berüchtigter Vorort von Lausanne. Wie stark prägt Ihre Herkunft Sie heute noch?
Sehr stark. Ich war in meiner Kindheit umgeben von diesen unterschiedlichen Kulturen, die in Renens aufeinanderprallten. Ich ass als 9-Jähriger bei unseren afrikanischen Nachbarn Elefantenfleisch, hatte Freunde aus Italien, Spanien, Portugal. Es war grossartig, so aufzuwachsen. Doch natürlich waren da auch die Drogen, die manche meiner Freunde konsumierten, einige starben daran. Auch wenn ich heute in den USA lebe, liegen meine Wurzeln ganz klar in Renens. Meine besten Freunde, die immer noch dort wohnen, geben mir Energie, und ich halte engen Kontakt zu ihnen.
In Ihrer Wahlheimat Hollywood läuft es für Sie als Schauspieler sehr gut. Sie drehten vor kurzem mit Film-Ikone Al Pacino, spielen aktuell in der Hitserie «The L Word Generation Q» mit. Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis?
Man muss geduldig sein und eine dicke Haut haben. Ich kam nicht mit leeren Händen und als naiver Schauspieler nach Los Angeles, sondern gut vorbereitet. Ich hatte in Europa schon in einigen Filmen und Serien mitgespielt und kam deshalb zu einem guten Agenten. Das Wichtigste ist aber: Ich nehme meinen Job ernst. Wenn ich zu einem Casting eingeladen werde, stoppt mein Leben, es gibt dann kein Sozialleben mehr. Ich existiere dann auch für meine Liebsten nicht mehr.
Das muss für Ihre Familie sehr hart sein.
Ja, es ist nicht einfach für meine Frau und meine zwei Kinder. Die müssen mit meinen Dämonen leben. Ich habe eine fantastische Familie. Aber eins steht fest: Wenn ich als Künstler nicht glücklich bin, bin ich es auch als Mensch nicht. Und das ist gar nicht so einfach, ich habe viele Dämonen in mir. Dämonen, die mich als Künstler zweifeln lassen. Schaff ich das? Bin ich gut genug? Es ist schwer für meine Familie. Denn geht es mir schlecht, kann ich das nicht für mich behalten.
Leiden Sie in solchen Momenten auch an Depressionen?
Ja, alles. Wenn ich in meine Dunkelheit gehe, wird es sehr negativ, auch selbstzerstörerisch. Drei Mal die Hauptrolle in einem Piloten einer TV-Serie zu bekommen, ist riesig. Doch wenn die Serien dann alle nicht realisiert werden, zerstört dich das. Ich habe letztes Jahr eine grosse Rolle im deutschsprachigen Raum ausgeschlagen und stattdessen einer Hauptrolle in einer US-Serie zugesagt. Doch die blitzte bei allen Sendern ab. Also habe ich am Ende beides verloren. Bei einem Misserfolg dieser Art braucht man Zeit, sich davon zu erholen.
Wie schaffen Sie es, eine solche dunkle Phase hinter sich zu lassen?
Ich ziehe mich zurück, nehme den Schmerz an, esse ihn und verarbeite ihn. Ich rede mit meiner Frau, meinem Psychiater, mit meinen Freunden, mit mir selber. Und meine Kunst hilft mir. Meine neuen Songs hab ich in der schwärzesten Zeit aufgenommen. Für mich ist Musik eine Form von Automedikation.
Denken Sie manchmal daran, Los Angeles wieder zu verlassen?
Ja, ehrlich gesagt denke ich jeden Tag darüber nach, diese Stadt zu verlassen. Ich hasse Los Angeles, ich hasse die USA, ich hasse Trump. Ich kann die Oberflächlichkeit in Hollywood nicht ausstehen. Aber meine Familie lebt nun hier, meine Kinder sind hier verwurzelt, und ich kann hier meinen Traum leben, als Schauspieler zu arbeiten. Noch ist dieser Traum nicht ausgeträumt.