Die Soul-Pop-Sängerin Duffy (35) schockte Ende Februar Fans weltweit. Die Musikerin, bekannt geworden durch Hits wie «Mercy» oder «Warwick Avenue» gab an, sie sei über längere Zeit gefangen gehalten und vergewaltigt worden. In einem emotionalen Statement schrieb die Britin, dass sie die Entführung verarbeiten musste und Zeit brauchte. In einem ausführlicheren Text meldet sich Duffy, bürgerlich Aimee Ann Duffy, jetzt auf ihrer Homepage zu Wort.
«Ich habe die Worte, die ich vor einigen Wochen geschrieben habe, gepostet, weil ich es leid war, mich zu verstecken», schreibt sie in ihrem Statement. «Ich fühlte mich nie frei. Ich hatte mich in meine Geschichte verkrochen, wie in ein dunkles Geheimnis. Ich fühlte mich dadurch allein.»
Am Geburtstag im Restaurant unter Drogen gesetzt
Detailliert beschreibt sie, wie sie entführt wurde. «Es war mein Geburtstag. Ich wurde in einem Restaurant unter Drogen gesetzt, vier Wochen lang wurden mir Drogen verabreicht und ich wurde in ein fremdes Land gebracht», hält die Sängerin fest. «Ich erinnere mich nicht daran, ein Flugzeug bestiegen zu haben und fand mich auf dem Rücksitz eines fahrenden Autos wieder. Ich wurde in ein Hotelzimmer gebracht, der Täter kehrte zurück und vergewaltigte mich.»
Im Statement heisst es weiter: «Ich erinnere mich an den Schmerz und den Versuch, bei Bewusstsein zu bleiben, als es passierte. Ich war noch einen Tag lang gefangen mit ihm. Er sah mich nicht an, ich musste hinter ihm gehen. (…) Er hätte mich loswerden können.» Duffy schreibt, dass sie eine Flucht in die nächste Stadt in Erwägung zog, während ihr Peiniger schlief. Sie habe allerdings kein Geld und Angst gehabt. «Ich weiss nicht, wie ich die Stärke hatte, diese Tage auszuhalten», schreibt Duffy.
«Wenn etwas schief gelaufen wäre, wäre ich tot»
Sie flog mit ihrem Peiniger zurück nach Grossbritannien. «Ich blieb ruhig und so normal, wie es in so einer Situation möglich ist. Als wir zu Hause ankamen, sass ich da, betäubt, wie ein Zombie. Ich wusste, dass mein Leben in Gefahr war. Er sagte mir, dass er mich umbringen wollte.» Vier Wochen lang setzte sie ihr Peiniger in ihrem eigenen Haus unter Drogen. «Ich weiss nicht, ob er mich während dieser Zeit dort vergewaltigte. Ich erinnere mich nur noch, wie ich im Ausland im Auto war und an die Flucht, die mir später gelang.»
Nach ihrer Flucht habe sie jemand benommen auf ihrem Balkon sitzen sehen. «Ich kann mich nicht daran erinnern, nach Hause gekommen zu sein. Die Person sagte, ich sah aus wie eine Tote», schreibt Duffy. Die Sängerin habe sich danach nicht sicher gefühlt, zur Polizei zu gehen. Zu gross sei die Angst vor ihrem Vergewaltiger gewesen. «Wenn etwas schief gelaufen wäre, wäre ich tot. Er hätte mich umgebracht», schreibt Duffy. Mittlerweile habe sie sich der Polizei anvertraut.
«Meine Haare waren so verknotet, dass ich sie abschnitt»
Duffy schottete sich nach dem Übergriff ab, sah teilweise wochenlang niemanden. «Ich zog meine Pyjamas aus, warf sie ins Feuer und zog ein neues Paar an», schreibt sie. «Meine Haare waren so verknotet, weil ich sie nie kämmte, sodass ich sie abschnitt.» Erstmals habe sie ihrer Psychologin wenige Monate nach dem Übergriff von der Entführung erzählt. «Ohne sie hätte ich es wohl nicht geschafft. Das Suizid-Risiko war hoch für mich», schreibt sie.
«Es dauerte so lange, bis ich darüber sprechen konnte, weil ich nach der Vergewaltigung und der Gefangenschaft geflohen bin. Ich bin in den drei Jahren danach fünfmal umgezogen, weil ich mich vor dem Vergewaltiger nie sicher fühlte. Ich war so lange auf der Flucht.» Heute fühle sie sich endlich sicher.
Duffy wollte «Namen ändern und in ein anderes Land verschwinden»
Weil Duffy jahrelang nicht über die Vergewaltigung sprach, sei diese zum «Wegbegleiter» geworden. Der Übergriff habe in ihr gelebt – «er hat ein Jahrzehnt zerstört, ich wollte das nicht mehr fühlen. Ich musste mich selbst befreien.»
Bevor sie sich dazu entschied, öffentlich über den traumatischen Vorfall zu sprechen, überlegte Duffy gar, ihren Namen zu ändern und «ins Ausland zu fliehen und Floristin oder so zu werden». Um ihre Verangenheit hinter sich zu lassen niemanden damit belasten zu müssen, es alleine aushalten zu können. Mit der Zeit habe sie aber realisiert, dass sie sich nicht weiter verstecken könne.
«Ich wollte niemanden belasten mit dem, was ich erlebt habe»
«Ich dachte, die Veröffentlichung meiner Geschichte würde mein Leben emotional völlig zerstören. Dabei zerstörte das Verstecken meiner Geschichte mein Leben viel mehr. (...) Die Vergewaltigung hat mich meiner Menschenrechte beraubt – ein Leben, ohne Angst zu leben.» Niemand habe gewusst, was mit ihr passiert sei. Duffys Plattenlabel, Agenten, Promoter, Musiker, Stylisten – ihr Umfeld fragte sich, was mit der Sängerin geschehen ist. «Es hielt mich von denen fern, denen ich tatsächlich vertrauen konnte», schreibt Duffy. «Ich wollte niemanden mit dem, was ich erlebt habe, belasten.»
Die Veröffentlichung ihrer Geschichte ist für Duffy ein Befreiungsschlag. Die Musikerin schreibt: «Ich schäme mich nicht, zu sagen, dass ich fast zehn Jahre lang komplett allein verbrachte und mein Herz brennt, wenn ich das schreibe. (…) Ich hoffe, es bringt euch Trost und ihr schämt euch nicht, wenn ihr euch allein fühlt. (…) Ich kann diese Dekade jetzt hinter mir lassen, wo die Vergangenheit hingehört. Hoffentlich gibt es keine Fragen mehr, wo ich war, jetzt wisst ihr es. Und ich bin frei.» (kad)
Diese Stellen sind rund um die Uhr für Menschen in Krisen und für ihr Umfeld da:
- Beratungstelefon der Dargebotenen Hand: Telefon 143 www.143.ch
- Beratungstelefon von Pro Juventute (für Kinder und Jugendliche): Telefon 147 www.147.ch
- Weitere Adressen und Informationen: www.reden-kann-retten.ch
Adressen für Menschen, die jemanden durch Suizid verloren haben
- Refugium – Verein für Hinterbliebene nach Suizid: www.verein-refugium.ch
- Nebelmeer – Perspektiven nach dem Suizid eines Elternteils: www.nebelmeer.net
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