Roxette-Comeback ohne Fredriksson
«Die Tour war Maries Idee»

Jahrzehntelang standen Per Gessle und Marie Fredriksson als Roxette auf den grossen Bühnen. Nach den schweren Folgen ihres Hirntumors will die Sängerin nicht mehr auftreten. Warum Gessle trotzdem weiter macht, erzählt er im BLICK-Interview.
Publiziert: 17.10.2018 um 18:17 Uhr
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Aktualisiert: 17.10.2018 um 18:19 Uhr
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Per Gessle vom schwedischen Pop-Duo Roxette geht wieder auf Tour.
Foto: zVg
Interview: Manuel Kellerhals

Gegen die hippen Gestalten, die sich in der Lobby des Berliner Luxus-Hotels Soho House rumtreiben, wirkt Per Gessle (59) geradezu unscheinbar. Vor dem Gespräch bietet der Millionär höflich ein Glas Wasser und einen Kaffee an. Einzig die Visagistin hinter ihm und das gigantische Hotelzimmer weisen darauf hin, dass es sich bei Gessle um einen der grössten Pop-Stars der 90er handelt.

BLICK: Sie touren 2018 zwar unter dem Namen Roxette, doch erstmals ohne Ihre Partnerin Marie Fredriksson. Sind Sie aufgeregt? 
Per Gessle:
Sehr. Doch ich habe eine tolle Band hinter mir. 2016 hatten Marie und ich ein Meeting, und sie hat mir mitgeteilt, dass sie mit Roxette nicht mehr weitermachen möchte. Das traf mich sehr hart, weshalb ich mich sofort in die Arbeit stürzte. Ich habe ein Solo-Album in Nashville aufgenommen und die Band, mit der ich das Album eingespielt habe, kommt nun mit mir auf Roxette–Tournee.

Wie werden Sie damit umgehen, dass Marie nicht dabei ist?
Ich wollte, dass unsere Songs im Vordergrund stehen, nicht die Band Roxette, sondern die Musik. Die Lieder sollen die Stars des Abends werden. Deshalb war es mir wichtig, dass es nicht einfach eine Best-Of-Tournee wird, während der wir unseren Roxette-Katalog runterleiern. Klar wird es den ein oder anderen Hit geben, aber ich habe bewusst Songs gewählt, die wir nicht oft oder vielleicht noch gar nie gespielt hatten, und habe sie neu verpackt. 

Wer wird Maries Gesangsparts übernehmen?
Wir sind fünf Leute in der Band, die singen - zwei Frauen und drei Männer, inklusive mir natürlich. Wir haben sie zwar noch nicht aufgeteilt, aber es wird organisch entstehen. Manchmal singe ich, manchmal das Publikum, manchmal jemand aus meiner Band. Ich wollte Marie auf keinen Fall ersetzen. Diese Tour soll ein neues Kapitel für Roxette werden. Natürlich wäre es am einfachsten gewesen, die alten Leute zusammenzutrommeln und Marie durch eine neue Frontfrau zu ersetzen. Aber um das geht es mir nicht.

Wie hat sie auf das geplante Comeback reagiert?
Es war ihre Idee! Schon 2016 hat sie es mir vorgeschlagen. Doch ich war dazu einfach nicht bereit. Damals erschien mir die Idee unsinnig. Wenn einer Band ein solcher Schicksalsschlag wie Maries Krankheit geschieht, gibt es nur zwei Wege weiterzumachen. Entweder man spielt diese Hits nie wieder, da sie nicht mehr neben mir auf der Bühne stehen kann. Oder man macht weiter – und schliesslich habe ich mich doch für Letzteres entschieden. Denn das Leben geht weiter, man lernt damit umzugehen. Diese Lieder werden immer ein Teil meines Lebens sein, schliesslich habe ich sie geschrieben.

Wie hat sich das Tourleben mit der Zeit verändert? 
Man wird halt älter. Man kann nicht mehr ein Jahr lang jeden Abend auf der Bühne rumschreien, schon nur meine Stimme würde das nicht mehr mitmachen. Und man muss lernen, sich zu benehmen. Die ganze Nacht in Bars rumlümmeln und dann direkt zum Flughafen zu fahren – das geht nicht mehr. Andererseits ist es für mich heute erfüllender, auf Tour zu sein. In den 90ern wollten wir die grösste Band der Welt sein, wir haben ständig mit anderen Bands konkurriert. Heute spiele Konzerte weil ich meine Songs und meine Fans liebe. Um etwas anderes geht es mir nicht mehr. 

Können Sie sich noch an Ihre erste Show in der Schweiz erinnern?
Natürlich. Die Schweiz war eines der ersten Ländern, in denen wir in grossen Stadien spielen konnten. Wie heisst der Ort noch? Hallenstadion? Die Schweiz hat uns von Anfang an mit offenen Armen empfangen und dafür werden wir immer dankbar sein. Mit Zürich verbindet mich ausserdem eine sehr spezielle Erinnerung. Als ich nach einer Show in der Lobby meines Hotels sass, sagte mir jemand, dass Kurt Cobain gestorben sei. Eine traurige Erinnerung, aber das fällt mir immer sofort ein, wenn ich an Zürich denke.

Sie haben Ihre Anfänge als Punk-Musiker gemacht. Fühlen sie sich mit der Szene immer noch verbunden?
Die politische Seite an Punk-Musik hat mich zwar nie interessiert, Punk-Musik hatte aber trotzdem einen riesigen Einfluss auf mein Leben. Sie zeigte mir, dass es in Ordnung ist, in einer Band zu spielen, auch wenn man sein Instrument nicht perfekt beherrscht. Bevor die Punk-Welle kam, waren alle Meister ihres Faches. Die Musiker dieser Zeit waren technische Zauberer! Doch als die Buzzcocks und die Sex Pistols kamen, zeigten sie, dass jeder eine Band starten konnte und das liebte ich. Denn ich war ja selbst nicht besonders gut. Ich mag es noch immer, Dinge einfach auszuprobieren ohne lange zu überlegen. Manchmal macht man Fehler, doch wenn man daraus lernt, ist das egal. Ich denke wenn das Punkrock ist, habe ich im Herzen meine Haare immer noch blau gefärbt.

Sie schreiben seit über vier Jahrzehnten Songs. Wird es mit der Zeit einfacher oder schwerer?
Sie stellen mir sehr schwierige Fragen (lacht). Ich glaube beide Aussagen treffen zu. Es wird schwerer, da man sich schnell wiederholt. Wenn man viele Songs geschrieben hat, ist es schwer, sich neu zu erfinden, denn die Art Lieder zu schreiben, ist fest in deiner DNA verankert. Doch es ist auch einfacher geworden, denn durch die Erfahrung wird man entspannter. Als wir Ende der 80er berühmt wurden, lastete ein enormer Druck auf meinen Schultern, da ich der einzige Songwriter der Band war. Konnte ich keinen zweiten Hit liefern, würden wir schnell wieder in der Versenkung verschwinden. Heute bin ich da viel freier.

Auf die schwierige Frage eine einfache: Wie entspannen Sie in Ihrer Freizeit?
Ich liebe Formel-1-Rennen - und Rennsport allgemein. Ansonsten mag ich es eigentlich nicht, still zu sitzen. Ich habe mit meiner Frau ein Hotel eröffnet, damit verbringe ich viel Zeit. Doch meistens widme ich mich einfach der Musik. Ich höre Platten, schreibe Songs, tüftle im Studio herum.

Und wieder eine Schwierigere: Nach all den Erfolgen, haben Sie noch einen Traum, den Sie sich erfüllen möchten?
Ich will weiterhin Musik machen, bis ich sterbe. Ich liebe das, was ich tue und ich will niemals damit aufhören. Würde ich nicht geniessen, was ich tue, hätte ich schon längst aufgehört. Dann könnte ich mir den ganzen Tag alte Formel-1-Rennen auf Youtube anschauen. (lacht)

Per Gessle's Roxette spielen am Freitag, 19.10. in der Halle 622 in Zürich Oerlikon.

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Schwedisches Pop-Wunder

Die schwedischen Musiker Per Gessle (59) und Marie Fredriksson (60) gründeten 1986 das Pop-Duo Roxette. Der Durchbruch kam 1988 mit dem Album «Look Sharp!». Dank der Hit-Single «The Look» wurden sie weltberühmt. Nach zahlreichen Nr.-1-Alben und Welttourneen dann der Schock: Bei Fredriksson wurde 2002 ein Hirntumor diagnostiziert. Nach einer letzten Tournee ging die Sängerin 2012 in Rente. Ihr Partner macht weiter: Per Gessle's Roxette spielen am Freitag, 19.10. in der Halle 622 in Zürich.

Die schwedischen Musiker Per Gessle (59) und Marie Fredriksson (60) gründeten 1986 das Pop-Duo Roxette. Der Durchbruch kam 1988 mit dem Album «Look Sharp!». Dank der Hit-Single «The Look» wurden sie weltberühmt. Nach zahlreichen Nr.-1-Alben und Welttourneen dann der Schock: Bei Fredriksson wurde 2002 ein Hirntumor diagnostiziert. Nach einer letzten Tournee ging die Sängerin 2012 in Rente. Ihr Partner macht weiter: Per Gessle's Roxette spielen am Freitag, 19.10. in der Halle 622 in Zürich.

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