Von ihren Fans wird sie als Rockgöttin gefeiert, deren eindrucksvolle Drei-Oktaven-Stimme selbst die härtesten Typen schmelzen lässt: Floor Jansen (39), Sängerin der finnischen Kult-Metal-Band Nightwish, die bereits über zweitausend Konzerte gespielt und mehr als acht Millionen Alben verkauft hat. Als BLICK die gebürtige Holländerin anruft, füttert sie gut gelaunt ihre zwei Pferde. Mit ihrem Mann und ihrer Tochter lebt Jansen auf einer kleinen Farm in Schweden, nicht weit von Stockholm entfernt.
BLICK: Frau Jansen, normalerweise füllen Sie die grössten Stadien der Welt, nun sind Sie auf der Weide mit Ihren Tieren. Wie geht es Ihnen in dieser speziellen Zeit?
Floor Jansen: Mir geht es gut, danke. Es ist schön, dass ich jetzt so viel Zeit für meine Tiere und meine Familie habe. Das habe ich sonst nicht, ein Luxus. Natürlich ist der Grund dafür nicht schön. Eigentlich sollte ich jetzt in China sein und würde dort mit meinen Jungs das Erscheinen unserer neuen Platte feiern.
Konnten Sie mit Ihren Bandkollegen darauf anstossen?
Leider nein. Wir wohnen alle zu weit auseinander. Es ist schade, auch dass wir unsere neuen Songs im Moment nicht spielen können. Es ist krass, wenn der ganze Terminkalender einfach verschwindet. Wir haben Auftrittsdaten im September, aber wissen nicht, ob es dann wirklich möglich sein wird, zu spielen. Das bringt auch Existenzängste mit sich. Ich wollte ein neues Auto kaufen, mein Bad erneuern, aber ich lasse das nun bleiben. Denn ich weiss nicht, ob wir bald wieder Geld verdienen werden.
Auch die Kulturszene leidet unter der Corona-Krise. Was ist für die Musikindustrie nun wichtig?
Es kommt darauf an, wo man als Musiker in seiner Karriere steht. In unserem Fall würde ich sagen, Fans bitte kauft unser Album. Und wenn ihr es nicht als CD kaufen könnt, dann kauft es auf iTunes. Denn man muss wissen: Streaming auf Plattformen wie Spotify bringt Künstlern kein Geld. Die haben nichts davon. Kauft Musik.
Das tun Ihre Fans schon fleissig. Sie sind mit Ihrem neunten Album «Human. :||: Nature.» gleich in mehreren Ländern auf Platz eins der Charts eingestiegen.
Das ist wirklich unglaublich und freut mich riesig. Das neue Album liegt mir schliesslich auch sehr am Herzen, denn auf diese Weise können wir den Fans immerhin neue Musik bieten, wenn wir schon auf die Konzerte verzichten müssen.
Sie hätten im Juni dieses Jahres auch einen grossen Auftritt am Greenfield Festival gehabt.
Ja, eins unserer absoluten Lieblingsfestivals! Einfach toll, so mitten in den Bergen gelegen. Nur schon die Fahrt dahin ist imposant wegen all der Wasserfälle, die aus den Felsen kommen. Ich hoffe, wir können den Auftritt bald nachholen. Ich liebe es, Konzerte in der Schweiz zu spielen, ein absolutes Traumland. Ich freue mich schon jetzt auf den Auftritt am 1. Dezember im Zürcher Hallenstadion.
Klingt, als hätten Sie eine enge Beziehung zu unserem Land?
Die hab ich. Ich war bereits als Kind oft in der Schweiz, habe hier mit meinen Eltern Skiferien gemacht. Ich vergesse nie, als ich vor dreissig Jahren barfuss im Schnee auf dem Gotthardpass spazieren gegangen bin und meine Füsse danach schrecklich schmerzten. Oder wie ich bei einem älteren Berner Bauern gelernt habe, wie man Kühe melkt. Voller Stolz hab ich meinen Eltern die Milch gebracht.
Sie leben in Schweden mit Ihrem Mann Hannes und Ihrer Tochter Freja auf einem kleinen Hof mit Pferden. Wird aus der Sängerin bald eine Bäuerin?
Vielleicht (lacht). Nein nein, so weit würde ich nicht gehen. Mir reichen unsere beiden Pferden und unsere Katze. Ein paar Hühner hätte ich vielleicht eines Tages aber doch noch gerne. Im Moment widme ich mich vor allem meinem Gemüsegarten und zeige meiner kleinen Tochter, wie man Tomaten, Kartoffeln und Salat anbaut. Gerade gestern haben wir die Samen eingepflanzt.
Ein schönes Bild: Ein Rockstar, der mit seiner Tochter im Garten Tomaten anpflanzt.
Ja, ich mag den Kontrast (lacht). Es ist schön, dass ich dieses Jahr meinem ganzen Gemüse beim Wachsen zusehen kann. Ich habe bereits entschieden, dass wir dieses Jahr Ferien zu Hause machen und unsere Region erkunden. Wir leben nahe beim See. Es ist so schön hier. Das Leben entschleunigt sich. Ich gebe zu: Ich hätte dieses Jahr fast zu viel auf dem Programm gehabt, tut mir also ganz gut, etwas daheim zu sein. Natürlich ist aber der Grund dafür nicht schön. Aber es überrascht mich auch nicht, dass wir unter dieser Situation leiden.
Wie meinen Sie das?
Es ist ein Fakt, dass wir unsere Erde überbevölkern und sie kaputt machen. Der Fakt, dass wir ein massives Virus kriegen, sollte uns nicht überraschen. Ich bin erstaunt, wie überfordert unsere Regierungen waren.
Sie mussten den Schrecken des Coronavirus hautnah erfahren. Gleich zwei Ihrer Tanten sind an Covid-19 erkrankt.
Ja, das war sehr krass. Sie sind beide um die 70 Jahre alt. Es war ein harter Schlag für ihre Lungen. Vor allem meine eine Tante musste sehr leiden. Zum Glück werden sie beide das Virus überleben. Aber lassen Sie es mich in aller Deutlichkeit sagen: Diese Krankheit ist kein Witz!
Wie blicken Sie in die Zukunft?
Ich bin froh, leben meine Familie und ich abgeschieden auf dem Land und können uns selbst versorgen. Wir gehen kaum einkaufen. Für meine Zukunft, die meiner Familie und die Zukunft aller, wünsche ich mir, dass wir aus dieser Krise lernen. Wir sollten alle vorsichtiger und umsichtiger werden und die Natur mehr schätzen und achten.
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