Am Ende sassen sie doch fast alle im schicken Abendkleid da – nur eben meistens daheim statt im Staples Center in Los Angeles. Denn die Emmys fanden am Sonntag aus den Wohnzimmern der Stars statt. Bei der Verleihung selbst war bloss Moderator Jimmy Kimmel (52) mit einigen wenigen Gästen.
Zu Beginn sprach er zunächst vor applaudierenden Stars, gab dann aber preis, dass dies Aufnahmen der Vorjahre waren und er nahezu allein im Staples Center stehe. «Natürlich haben wir kein Publikum», sagte der Komiker. Die drei grossen Abräumer des Abends waren das Drama «Succession» über die kaputte Familie eines Medienmoguls, die freundliche Toleranz-Comedy «Schitt's Creek» und die auf dem legendären Comic beruhende Action-Serie «Watchmen».
Boten in Schutzanzügen verliehen Awards
Sind die Emmy-Produzenten Hellseher? Das fragten sich die Zuschauer verwundert, als Gewinner – kaum verkündet – bereits per Videokamera zugeschaltet wurden. Die Treffsicherheit war aber kein magischer Trick, sondern saubere Planung. Über 130 Kameras wurden an die Nominierten in aller Welt verschickt. Von Los Angeles bis Berlin, von New York bis Tel Aviv und von Montreal bis London konnten Emmy-Nominierte die Kameras bei sich zu Hause installieren und sich in die Awards-Show einschalten. Einige lehnten das aus Ansteckungsangst ab.
Doch wie wurde den Gewinnern die Trophäe überreicht, wenn sie gar nicht vor Ort waren? Auch das war perfekt geplant. Man schickte zu allen Favoriten einen Kurier, der vor der Haustüre wartete. Der Gag dabei: Die rasenden Boten trugen Schutzanzüge im Stile eines Smokings.
Bei den Verlierern mussten die Vermummten ungesehen wieder abziehen. Doch in einem Fall klappte das nicht. Ramy Youssef (29), der für seine Comedy-Serie «Ramy» gleich zweimal nominiert war, und doppelt durchfiel, entdeckte den Grammy-Kurier vor seinem Haus.
Sein Twittervideo erwischte den Emmy-Mann, der vor der Haustür steht und grad von der Sendezentrale erfährt, dass Youssef nicht gewonnen hat. «Wenn du den Emmy verlierst», schreibt er bloss dazu. Da der Hausherr ihn gesichtet hat, macht er sich mit einem entschuldigenden Winken aus dem Staub.
«Schitt's Creek» räumte neun Emmys ab
Mit der Vergabe des ersten Preises begann dann der beeindruckende Siegeszug von «Schitt's Creek» in den Comedy-Kategorien. Über 70 Minuten dauerte es, bis überhaupt irgendeine andere Sendung einen Preis erhielt. Bis dahin gewann in allen sieben wichtigen Sparten die warmherzige Serie über die extravagante Familie Rose, die nach Problemen mit den Steuerbehörden in ein kleines Dorf zieht, das der Vater einst als Spass dem Sohn geschenkt hatte.
Ausser ihm wurden auch Catherine O'Hara (66) und Eugene Levy (73) für ihre Hauptrollen und Annie Murphy (33) für die beste weibliche Nebenrolle ausgezeichnet. Inklusive der Preise für die beste Comedyserie, sowie für bereits an den Vorabenden vergebenen Preisen für Casting und Kostüme kam «Schitt's Creek» auf neun Awards.
Bei den Emmys für Fernsehfilme und Miniserien war «Watchmen» mit insgesamt elf Preisen der grosse Abräumer. In ihren Reden am Sonntag erinnerten die Macher hier an ein dunkles Kapitel der US-Geschichte, das der Serie zugrunde liegt: Beim Massaker von Tulsa waren laut manchen Schätzungen im Jahr 1921 bis zu 300 Schwarze umgebracht worden.
Bei den Preisen für die Miniserien gab es aus deutscher Sicht den überraschendsten Moment des Abends: Die Hannoveranerin Maria Schrader (54) bekam die Auszeichnung als beste Regisseurin für die vierteilige Serie «Unorthodox» beim Streaminganbieter Netflix. Sie erzählt darin die Geschichte der ultra-orthodoxen Jüdin Esther, die vor ihrem Ehemann aus New York nach Berlin flüchtet. (SDA/ds)