Angesichts der völkerrechtswidrigen Kriegshandlungen Russlands setze das Lucerne Festival ein «klares Zeichen der Solidarität» für die Menschen in der Ukraine, erklärte Festivalintendant Michael Haefliger in einer Mitteilung am Montagnachmittag. «Wir sind zutiefst betroffen und verurteilen den Angriff auf die Ukraine und auf Unschuldige aufs Schärfste.»
Der 68-jährige Dirigent Waleri Gergijew und das von ihm geleitete St. Petersburger Mariinski Orchestra hätten am 21. und 22. August 2022 im KKL Luzern zwei Programme mit russischer Musik spielen sollen. Über das Ersatzprogramm wird das Lucerne Festival später informieren.
Freund des russischen Präsidenten
Gergijew ist als Freund des russischen Präsidenten Wladimir Putin bekannt, er gehört zugleich aber auch zu den international bekanntesten Dirigenten. Seit 1999 trat er wiederholt in Luzern auf. Er war Chef des London Symphony Orchestra, seit 2015 ist er Chefdirigent der Münchner Philharmoniker. Doch nun brechen dem Star seine Engagements weg.
Denn nicht nur das Lucerne Festival, auch diverse andere Kulturinstitutionen wollen nicht mehr mit dem Freund von Putin zusammenarbeiten. So hat sich auch seine Künstleragentur von ihm getrennt. «Vor dem Hintergrund des verbrecherischen Krieges, den das russische Regime gegen die demokratische und unabhängige Nation der Ukraine und gegen die gesamte offene europäische Gesellschaft führt, ist es uns unmöglich und unlieb geworden, die Interessen von Maestro Gergijew zu vertreten», teilte der Agenturchef mit.
Verbier Festival kündigt Engagement als Musikdirektor
Weiter teilte das Verbier Festival seinen Rücktritt als Musikdirektor mit, wie es in einer Mitteilung vom Montag des Festivaldirektors und Gründers Martin Engstroem hiess. Zudem werden alle Künstlerinnen und Künstler ausgeschlossen, die sich öffentlich mit der russischen Regierung solidarisieren.
Engstroem begründet: «Mit Trauer und Entsetzen verfolgen wir die Übergriffe, die das russische Regime dem ukrainischen Volk auferlegt. Wir beten für sie und ihren Mut, sich dem Aggressor zu widersetzen.»
Münchner Philharmoniker verlangen Distanzierung vom Krieg
Auch Gergijews Chefposten bei den Münchner Philharmonikern steht zur Disposition. Der Oberbürgermeister von München, Dieter Reiter (SPD), verlangte von ihm wegen seiner Freundschaft zu Putin eine Distanzierung vom Angriffskrieg. Sonst könne er nicht länger Chefdirigent bleiben.
Nach Angaben der Stadt München hat Gergijew bis Montag um Mitternacht Zeit, sich zu äussern. Bis zum Montagmittag hatte er das nach Angaben einer Sprecherin nicht getan, wie die Nachrichtenagentur DPA meldete.
Ultimatum der Mailänder Scala
Der Putin-freundliche Stardirigent wird beispielsweise auch nicht wie geplant mit den Wiener Philharmonikern in der New Yorker Carnegie Hall auftreten – «aufgrund jüngster Ereignisse in der Welt», wie die Philharmoniker schreiben. Zuvor hatte der Vorstand allerdings noch die jahrzehntelange Verbundenheit seines Ensembles mit Gergijew betont und gesagt: «Die Kultur darf nicht zum Spielball von politischen Auseinandersetzungen werden». Doch nun sind diese offensichtlich zu gross geworden.
Nach Medienberichten hat auch die Mailänder Scala Gergijew ein ähnliches Ultimatum gestellt wie der Oberbürgermeister von München. Das Festspielhaus Baden-Baden hat Gergijew ebenfalls aufgefordert, sich von Putin loszusagen. Der Intendant der Hamburger Elbphilharmonie, Christoph Lieben-Seutter, droht ebenso mit der Absage von zu Ostern geplanten Konzerten unter der Leitung von Gergijew. (sda/grb)
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