«Mein Werdegang wird immer so glorifiziert: vom gemobbten Moppelchen zum Muskelpaket. Aber keiner wusste, wie sehr mich das alles belastet und fast kaputt gemacht hat», so beschreibt Sophia Thiel (28) ihr Leben in den letzten zehn Jahren in ihrem aktuellen Interview mit der «Bild am Sonntag».
Mit Anfang 20 startete Thiel auf Youtube mit Videos zu Fitness und Ernährung durch. Millionen Abonnentinnen und Abonnenten folgten ihrem durchtrainierten Idol. Wie sehr die junge Frau litt, wurde erst einige Jahre später bekannt.
Die Deutsche nahm sich eine zweijährige Auszeit von Social Media und machte danach öffentlich, dass sie unter Depressionen und Bulimie litt – eine Essstörung, bei der sich Ess-Attacken und anschliessendes Erbrechen abwechseln.
«Es gab Zeiten, da bin ich zum nächsten Bio-Markt gelaufen und habe wie im Wahn Essen in meinen Einkaufskorb geschaufelt. Franzbrötchen, Käsekuchen, ein Glas Nusscreme, ein paar Tafeln Schokolade. Alles auf einmal rein! Danach konnte ich nicht mehr sitzen oder liegen und bin in ein tiefes, depressives Loch gefallen», so Sophia Thiel weiter.
Der Druck aus ihrer Social-Media-Community tat sein übriges, wie sie sagt: «Ich konnte es den Leuten mit keiner Körperform recht machen. War ich definiert und schlank, hat man mir vorgeworfen, Testosteron zu nehmen. War ich fülliger, wurde ich als ‹fett› beschimpft. Das macht dich im Kopf kaputt.»
2019 zog Thiel die Reissleine, meldete sich von ihren Social-Media-Kanälen ab und wollte während einer Auszeit in Los Angeles wieder zu sich finden. Das ging leider nach hinten los. Die Influencerin liess ihrer Ess-Brech-Sucht freien Lauf: «Ich habe den ganzen Tag beim Lieferservice bestellt. Morgens Pancakes und Waffeln mit Sirup, dann Eiscreme, mittags eine Pizza und zwei Burger. Alles Verbotene zu mir, das war meine Devise!»
Sophia Thiel merkte, dass es ohne Hilfe nicht geht und liess sich zögerlich auf eine Therapie ein – ein Schritt, der endlich in eine entspanntere Zukunft führte. So sei sie auch heute noch, drei Jahre später, in Therapie und kämpfe vereinzelt mit dem Gedanken an «verbotene Lebensmittel», sagt die Deutsche und fügt an: «Ein voller Bauch fühlt sich für mich immer noch verboten an. Essen in Gesellschaft macht es aber leichter. Dann fühlt es sich normaler an, wenn man sich dabei unterhält und der Fokus nicht nur auf der Pizza liegt.»
Trotz Millionen Follower, Erfolg und dem grossen Glück mit ihrem Freund, dem Start-up-Unternehmer Raphael Birchner (26), hat Sophia Thiel besonders eines aus ihrer schwersten Zeit mitgenommen: «Ich habe erkannt, dass mein Körper nicht mein grösster Feind, sondern mein grösster Freund ist!» (grb)
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