Der Hauptpreis der Filmfestspiele in Cannes geht zum zweiten Mal an eine Frau: Die Jury zeichnete am Samstag das Fantasy-Drama «Titane» der Französin Julia Ducournau (37) mit der Goldenen Palme aus – zuletzt hatte die Neuseeländerin Jane Campion (67) 1993 für «Das Piano» den begehrten Preis erhalten.
Jury-Präsident Spike Lee (64) sorgte für eine Überraschung, als er gleich zu Beginn der Gala die Preisträgerin der Goldenen Palme verkündete. Eigentlich sollte Lee als Erstes den Preis für den besten männlichen Darsteller bekannt geben, mit seinem Versehen sorgte er für eine etwas peinliche Pause.
Gruseligster Film gewinnt
«Titane» gilt als der gruseligste und gewalttätigste Film des diesjährigen Wettbewerbs. Er erzählt die Fantasy-Geschichte einer jungen Frau, die Sex mit Autos hat, hemmungslos tötet und vorgibt, ein Junge zu sein, obwohl sie von einem alten Cadillac schwanger ist.
Für die beste männliche Rolle ausgezeichnet wurde dann der US-Schauspieler Caleb Landry Jones (31) für seine erschütternde Rolle eines jungen Mannes mit Borderlinesyndrom in dem australischen Film «Nitram» über das Massaker von Port Arthur von 1996. Einen Film über die Massenschiesserei zu drehen, bei der 35 Menschen getötet wurden, löste in Australien scharfe Kritik an Regisseur Justin Kurzel (46) aus.
Cannes unter Corona-Auflagen
Als beste Darstellerin wurde die Norwegerin Renate Reinsve (33) für ihre Rolle in «The Worst Person in the World» des norwegischen Regisseurs Joachim Trier (47) geehrt. Ihre Darstellung einer jungen Frau auf der Suche nach ihrer Identität, die durch ihre Beziehungen rast, sorgte in Cannes für Begeisterung.
Den Preis für das beste Drehbuch des Films «Drive My Car» erhielten die Japaner Hamaguchi Ryusuke (42) und Takamasa Oe (40). Mit der Goldenen Ehrenpalme war bereits zu Beginn des Festivals die zweifache Oscar-Gewinnerin Jodie Foster (58) aus den USA geehrt worden.
In diesem Jahr standen 24 Filme an der Côte d'Azur im Wettbewerb, bei vier von ihnen führten Frauen Regie. Die Festspiele fanden unter Corona-Auflagen statt, nachdem sie im vergangenen Jahr ausfallen mussten. Zuletzt hatte 2019 der südkoreanische Regisseur Bong Joon Ho (51) die Goldene Palme für seinen Film «Parasite» erhalten. (AFP)