Auf einen Blick
- James Franco stellt seine Kunst aus und spricht über seine Hollywood-Vergangenheit
- Franco nutzte Schauspielpause für die Arbeit an seinen Werken, erste Ausstellung in Zürich
- 2019 zahlte Franco 2,23 Millionen Dollar zur Beilegung einer Klage
Wenn man mit James Franco (46) durch seine aktuelle Ausstellung läuft, könnte man beinahe für einen Moment vergessen, dass er ein grosser Hollywoodstar ist. So sehr geht er in den Ausführungen zu seinen Kunstwerken auf. Minuten lang erklärt er seine Bilder, die Idee hinter jedem Werk. Doch die berühmte Vergangenheit des 46-Jährigen ist überall in seiner Kunst zu finden. Da sind Kollegen, die ihn inspirieren, wie Lana Turner (1921–1995) oder Bruce Willis (69). Da ist Spiderman – der Film, mit dem der damals noch unbekannte Schauspieler als Schurke Harry Osborn international den Durchbruch schaffte.
Jahrelang war James Franco einer der ganz Grossen in Hollywood, bis er 2019 von der Traumfabrik «ausgeschlossen» wurde. Franco zahlte damals 2,23 Millionen US-Dollar, um eine Klage wegen sexueller Ausbeutung von zwei ehemaligen Schülerinnen seiner inzwischen aufgelösten Filmschule, Studio 4, beizulegen. Hollywood liess seinen einstigen Liebling fallen. Die erzwungene Schauspielpause habe er genutzt, um an seiner Kunst zu arbeiten, erzählt Franco bei unserem Rundgang. Seine Ausstellung «Hollywood is Hell» ist aktuell in der Zürcher Galerie Gmurzynska zu sehen.
Blick: James Franco, Sie strahlen und sprechen mit grosser Leidenschaft über Ihre Werke. Hätten Sie von Anfang an Maler werden sollen?
James Franco: Viele wissen nicht, dass ich mit dem Malen und dem Arbeiten an Bildern schon als Teenager angefangen habe. Meine Eltern hatten sich als Kunststudenten kennengelernt. Meine Grossmutter und mein Onkel handelten mit Kunst. Ich war also immer davon umgeben. Und in gewisser Weise habe ich auch immer schon davon geträumt, Künstler zu sein.
Trotzdem haben Sie den Weg als Schauspieler gewählt.
Ja. Ich ging in meiner Jugend an die UCLA, um Literatur zu studieren, aber dann war ich in Los Angeles und jeder um mich herum schien in der Filmindustrie zu sein. Doch das alles war auch eine Art von Fassade, eine Fantasie. Wissen Sie, ich hatte viel Angst vor der Schauspielerei. Als ich dann gegen eine Mauer stiess und mich ändern musste, dachte ich mir: Okay, ich werde mich jetzt mit meiner Kunst befassen.
Ihre Ausstellung heisst «Hollywood is hell». Ist die Traumfabrik für Sie zur Hölle geworden?
Nicht nur. Ich hätte die Show auch «Hollywood ist Himmel und Hölle» nennen können. Manchmal ist Hollywood, wie sie gesagt haben, die Traumfabrik. Manchmal oberflächlich, billig, sentimental, kitschig. Ich machte während Covid viele Spaziergänge durch Los Angeles. Es gab keine Menschen auf der Strasse. Aber da waren immer noch alte Filmplakate, die von den Wänden bröckelten. Damals fühlte sich die Stadt nicht an wie Hollywood, sondern vielmehr wie Zombieland. Damit habe ich angefangen zu arbeiten.
Sie machen seit der Klage im Jahr 2019 keine grossen Studiofilme mehr. Wie würden Sie Ihr Verhältnis zu Hollywood heute beschreiben?
Darauf habe ich eine sehr persönliche Antwort. Ich war früher ein Workaholic. Ich war süchtig nach Arbeit und meine Arbeit war Hollywood. In diesem Sinne war ich also süchtig nach Hollywood. Ich war gefangen. Wenn meine Karriere gut lief, war ich glücklich. Wenn nicht, fühlte ich mich schlecht. Selbst wenn ich Erfolg hatte, war es nie genug. Und so musste ich einen Weg finden, mich davon zu trennen. Für mich ist die Tatsache, dass ich immer noch schauspielern, Filme machen, schreiben und Kunst machen kann, nur ein Bonus. Ich bin dankbar, dass ich das tun kann. Aber mein Gefühlsleben, meine spirituelle Grundlage, ist davon getrennt.
Wenn Sie heute von einem grossen Hollywood-Studio ein Filmangebot erhalten würden, würden Sie es annehmen?
Das ist schwer zu sagen. Möglicherweise. Ich glaube, mein Platz ist es, in verschiedenen Welten zu sein. Und das ist ziemlich einzigartig. Es gibt nicht so viele Schauspieler und Regisseure, die von der Filmwelt in die Kunstwelt wechseln. Und ich finde mich in all diesen Welten zurecht.
Sie haben kürzlich zwei Filme in Italien gedreht und zeigen Ihre Kunst in Deutschland und in der Schweiz. Passt Europa aktuell besser zu Ihnen?
Sagen wir es so: Ich habe eine Menge Zeit in Europa verbracht. Ich habe Filme in Italien gedreht. Ich habe eine Modefirma namens Pally, an der ich beteiligt bin. Deshalb fahre ich auch zweimal im Jahr zur Fashion Week nach Paris. Gestern Abend bin ich mit einem Freund durch die Zürcher Altstadt gelaufen, das war sehr schön. Es gefällt mir hier sehr.
Im Rahmen Ihrer Kunst haben viele von einem Comeback gesprochen. Aber nach allem, was Sie mir erzählt haben, fühlt es sich eher nach einer Wiedergeburt an.
Den Begriff mag ich. Ja. Ich denke, in vielerlei Hinsicht ist der alte James weg. Ich meine, er ist immer noch in den Filmen zu sehen. Selbst heute, 20 Jahre später, sagen mir Leute: Ich liebe Spider-Man. Das ist gut und toll. Aber das Verrückte ist: Es ist mein Bild, das mit diesem Film verbunden ist. Für immer. Eine seltsame Sache. Fast so, als ob dieser Geist von mir lebendig ist und es für immer bleiben wird. Das coole ist: Der Wechsel in die Kunstwelt ermöglicht es mir, eine neue Beziehung zu meinen alten Rollen zu haben. Ich kann sie für meine eigene Arbeit umfunktionieren. Das fühlt sich befreiend an.