Er gilt als einer der grössten Sänger in der Geschichte der Rockmusik: Ian Gillan (73) von Deep Purple hat mit alten Schulkollegen eine neue CD veröffentlicht. Er erinnert sich an den Beginn seiner Karriere und verrät, warum Opernstar Luciano Pavarotti (1935–2007) auf ihn eifersüchtig war.
BLICK: Was vermissen Sie von früher?
Ian Gillan: Nichts. Trotzdem denke ich gerne an die alten Tage. Die Jahre als junger Erwachsener gehören zu den prägnantesten in unserem Leben. Alles ist neu und aufregend.
Mit früheren Schulkollegen haben Sie eine CD veröffentlicht, worauf Sie nur Oldies spielen.
Richtig. Ich habe mit diesen Jungs meine Teenagerjahre verbracht. Sie waren in den frühen 60er-Jahren meine erste Band. Wir spielten Covers von Chuck Berry, Jerry Lee Lewis, Ray Charles und traten in sämtlichen Löchern Englands auf. Irgendeiner hatte die Idee, uns wieder zusammenzuraufen.
Was haben Ihre Freunde in den letzten Jahrzehnten getrieben?
Der eine war Taxifahrer, der andere Marine-Architekt, der dritte Drucker. Die hatten alle schon früh ordentliche Jobs, deshalb sind sie später auch keine professionellen Musiker geworden.
Im Gegensatz zu Ihnen. Warum wählten Sie diesen Beruf?
Ich musste! Ich hatte damals nur miese Jobs, schlug mich in Fabriken, Büros und Supermärkten durch. Doch da bin ich jeweils eingeschlafen, weil ich mich die Nacht zuvor in Clubs herumtrieb. Meine Chefs hatten wenig Freude, schmissen mich immer wieder raus. Das wurde mir zu anstrengend, also setzte ich alles auf die Karte Musik.
Das hat nicht von Anfang an funktioniert, oder?
Nein. Ich war so abgebrannt, dass ich bisweilen in Tierhandlungen Hundebiskuits klaute, weil ich so Hunger hatte. Als ich 1969 bei Deep Purple einstieg, besass ich nur ein Paar Hosen und ein Hemd. Unser Bassist Roger Glover war noch schlimmer dran, er hatte nicht mal ein Paar Schuhe. Eigentlich unvorstellbar.
Warum machten Sie trotzdem weiter?
Mein Ehrgeiz war gleich null, dafür war mein Optimismus riesig. Ich wusste, dass es irgendwann gut kommt, ich musste einfach durchhalten. Ziemlich irre, ich weiss. Und ja, es war eine harte Schule. Aber sie hat sich gelohnt. Mit Deep Purple starteten wir dann ziemlich schnell durch.
50 Jahre sind Sie mit Deep PurpleDeep schon unterwegs. Macht es noch Spass, «Smoke on theWater» zu singen?
Natürlich! Dazu eine Geschichte von Luciano Pavarotti, mit dem ich mehrmals die Bühne teilte. Er sagte immer, wie eifersüchtig er auf mich sei. Er müsse dauernd dieselben Arien singen und dürfe nie nur einen Ton oder einen Atemzug abweichen, ohne vom Publikum gekreuzigt zu werden. Ich hingegen könne jeden Abend «Smoke on the Water» anders singen und die Fans sind trotzdem begeistert.
Was wollen Sie noch erreichen?
Ich schreibe bis heute gerne Lieder, trage stets Notizbuch, Bleistift und Spitzer bei mir. Deep Purple ist wie eine Familie. Auch nach all den Jahren fühlen wir uns einander zugehörig. Und wir erkennen immer noch einen Sinn in dem, was wir tun.
Wie lange noch?
Wir sind in all den Jahren zum Glück nicht ganz verblödet. Uns ist bewusst, dass es nichts Peinlicheres gibt als alternde Rockmusiker, die auf der Bühne nur noch Cabaret veranstalten. Wir beschäftigen uns schon seit Jahren mit dem Gedanken, aufzuhören. Zwei, drei Jahre werden wir als Deep Purple wohl noch anhängen. Vielleicht gibt es sogar noch eine letzte Platte. Aber wir wissen genau: Irgendwann geht alles zu Ende.
Neue CD: «Ian Gillan & TheJavelins».
Konzert: Rock MeetsClassic mit Ian Gillan, am Mittwoch, 6. März 2019, Hallenstadion Zürich.
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