Auch Disco-Queen-Legende und Malerin Amanda Lear (83) blieb wach, um mitzuerleben, wie das Bieler Musiktalent Nemo (24) mit «The Code» am 12. Mai kurz vor ein Uhr früh den ESC für die Schweiz gewann. «Sie war so begeistert, dass sie mir um zwei Uhr morgens schrieb, ich solle Nemo in ihrem Namen herzlich gratulieren und ausrichten, wie tief beeindruckt sie von der aussergewöhnlichen Stimme sei», sagt ihr Berner Kunstmanager Claudio Righetti (57) zu Blick.
Doch das französisch-britische Multitalent Lear beliess es nicht nur bei Worten. Für ihre Hommage an Nemo setzte sie sich an die Staffel und malte ein 45 x 36 Zentimeter grosses Porträt aus Gouache und Tusche in den Farben des Regenbogens auf Papier. Erstmals wird es Amanda Lear am 7. Juni im Rahmen der Art Basel Week in der «Bubbly-Factory» am Wettsteinplatz ausstellen – es wird ihre erste Kunstpräsentation in der Rheinstadt.
Lear kennt geschlechtliche Vorurteile
Nemos Non-Binarität ist ein weiterer Aspekt, den Lear spannend und zeitgemäss empfindet. Umso wichtiger, das auch in der Kunst zu würdigen. «Auch wenn Nemos Erscheinungsbild manche Leute schockieren könnte, die Stimme ist wunderschön, und der Song hat einen interessanten und wichtigen Text», sagt Amanda Lear zu Blick und ergänzt: «Non-binäre Menschen erkennen sich nicht in den traditionellen Kategorien Mann und Frau wieder. Sie leiden darunter, in ein Genre eingeteilt zu werden. Nemo hat den Mut, diesen Schmerz in der Musik auszudrücken.»
Sie selbst weiss, wie es ist, mit geschlechtlichen Vorurteilen konfrontiert zu sein. Als sie in den 70er-Jahren als Disco-Queen mit tiefer Stimme in ihren Hit «Follow Me» sang, sorgte sie für Verwirrung. Ist sie Mann oder Frau? Um ihr Geburtsgeschlecht machte sie stets ein Geheimnis. Fragen dazu kommentierte sie mit einem enigmatischen Lächeln: «Es machte mich mysteriös und interessant. Es gab nichts, was die Pop-Welt mehr liebte als einen ‹Freak› wie mich.»
Salvador Dalí hielt nichts von Frauen, die malen
Lear, Stilikone für weltberühmte Designer wie Yves Saint-Laurent und Jean-Paul Gaultier, weiss, wie es ist, sich gegen Vorurteile durchzusetzen. Allen voran gegen die des spanischen Surrealisten Salvador Dalí (1904–1989), dessen Muse sie war. «Frauen können nicht malen, sie haben dafür kein Talent», habe er zu ihr gesagt.
Amanda Lear ist längst im Kunstmarkt angekommen. Ihre virtuos-expressiven Ölgemälde verkaufen sich für bis zu 30'000 Franken pro Stück. Ausser das von Nemo. Das Bild sei unverkäuflich. «Es ist mein Geschenk an Nemo. Ich freue mich, es bald persönlich zu überreichen.»