Er hatte sie fast alle vor der Kamera: Michelle Obama (55), Julia Roberts (51), Martin Scorsese (76) oder Iggy Pop (72). Ist Henry Leutwyler (57) ein Star-Fotograf? Seine Augen funkeln, als er sagt: «Ich mag diesen Ausdruck nicht. Ich bin einfach ein Fotograf. Oder höchstens ein Fotograf, der Stars fotografiert.»
Der gebürtige Lenzburger ist trotz internationaler Erfolge die Bescheidenheit selber. Mit 15 verlässt er den Aargau, zieht nach Paris und später nach New York (USA), wo er nun seit über 20 Jahren lebt. «Ich musste weg, um zu reüssieren. Hier wäre ein solcher Weg nicht möglich gewesen.»
Und vielleicht wurde schlicht auch sein Talent nicht erkannt. Die Fotoschule in Vevey VD lehnt ihn zweimal ab, das Schreiben hängt in seiner Ausstellung «Schein und Sein» im Stapferhaus (bis zum 17. Juni). Mit einem eigenen Atelier in Lausanne geht er pleite. «Ich habe immer wieder Fehler gemacht, aber daraus gelernt. Das Prinzip des Scheiterns kennt man hier nicht, das ist schade.»
«Michelle Obama hat sich offenbar wohlgefühlt»
Zuerst fotografiert er Autos, dann Stillleben, später Mode. «Eines Tages wusste ich: Wenn ich jetzt nochmals eine 16-Jährige fotografieren muss, bring ich mich vor Langeweile um.» Er konzentriert sich auf Porträts, zu einem Zeitpunkt, als Zeitschriften bekannte Gesichter auf ihren Covers wollen. «Ich habe einfach Glück gehabt», sagt er, «und im richtigen Moment gezügelt.»
Sein Können spricht sich herum. «So kam ich auch an die ganz grossen Namen.» Präsidentengattin Michelle Obama fotografiert er 2010. «Sie kam in Begleitung von mehreren Secret-Service-Beamten. Sie selber war völlig unkompliziert und hat mich am Schluss umarmt. Offenbar hat sie sich wohlgefühlt.»
«Ich bin weder Richter noch Journalist»
Aufsehen erregen 2009 auch seine Aufnahmen von Gegenständen aus dem Fundus von Michael Jackson (1958–2009). Getroffen hat er den King of Pop nie. Die jüngsten Aufregungen um seine angeblichen Verfehlungen sieht er pragmatisch. «Ich bin weder Richter noch Journalist, sondern Künstler. Ich habe sein musikalisches Genie dokumentiert und für die Nachwelt festgehalten.»
Sein Ratschlag für Newcomer: «Ich habe Bücher und Magazine gekauft, ging viel ins Kino und Museum. Vorbilder hatte ich keine. Sie müssen nur die Augen aufmachen, es ist alles da.» Auch er macht im Alltag mit dem Handy Aufnahmen. «Die meisten davon sind hundsmiserabel.»
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