Ihr Gesicht ist ungeschminkt, Charlotte Gainsbourg (48) hat für eine Ikone etwas erstaunlich Echtes, sie wirkt zerbrechlich und stark zugleich. Dabei ist sie so zugänglich, wie man es bei Stars ihrer Liga selten erlebt. Die französische Actrice ist vergangene Woche zur Galapremiere ihres Films «Mon chien Stupide» nach Zürich gereist. Drehbuch und Regie führte ihr Lebenspartner Yvan Attal (54), gemeinsam spielen sie in der Verfilmung des Kultromans von John Fante (1909–1983) ein krisengeschütteltes Ehepaar, dem ein Hund zuläuft. Die Schauspielerin und Sängerin stand schon als Teenager im Rampenlicht, das ist ihren Eltern zu verdanken: Mutter Jane Birkin (72) war eine Ikone, Vater Serge Gainsbourg (1928–1991) war für seine Provokationen berühmt.
Charlotte Gainsbourg über ...
... den Dreh mit ihrem Mann: Es ist vertraut, und zugleich war ich nervöser als sonst. Denn ich wollte mein Bestes geben und meinen Mann noch überraschen können. Darum waren die Erwartungen an mich selber sehr hoch. Und das letzte Mal, dass ich mit meinem Mann so eng zusammengearbeitet habe, ist 15 Jahre her. Als Frau ist das nicht nur einfach. Für uns war es ein Geschenk, weil wir zwei intensive Monate miteinander erleben konnten. Das Resultat sind viele schöne Erinnerungen, die sind zehnmal mehr wert als Nervosität.
... die Liebe: Wir sind schon Jahrzehnte zusammen. Ich habe kein Rezept für die Liebe. Ich schaue nicht zurück und denke darüber nach, was ich gelernt oder gewonnen habe. Bei mir läuft das Leben instinktiv und nach vorn gerichtet.
... die Erinnerung an die Eltern: Meine Kindheit war sehr glücklich und unproblematisch. Jedenfalls bis ich neun Jahre alt war. Meine Eltern waren nicht verrückt, sie hatten gerne Spass. Sie haben nur ein bisschen gearbeitet und nebenbei noch Partys gefeiert. Ihnen verdanke ich die Art, wie ich mein Leben betrachte. Manche Leute wollen schnell erwachsen werden, das war bei mir nicht so, ich wollte so lange wie möglich ein Kind bleiben.
... das Muttersein: Ich liebe meine Eltern, aber ich wollte nicht gleich sein wie sie. Beim Versuch, das zu vermeiden, wurde es jedoch manchmal noch schlimmer. Meine Eltern handelten sehr instinktiv, darin bin ich ihnen im Umgang mit meinen Kindern sehr ähnlich.
... Skandale: Als ich mit meinem Vater das Lied «Lemon Incest» aufgenommen habe, wurde das skandalisiert. Heutzutage könnte man so einen Song nicht mehr bringen, heute ist man brav und prüde. Ich bin froh, gibt es dieses Lied. Es ist eine Liebeserklärung einer Tochter an ihren Vater und umgekehrt, und das auf eine unschuldige und reine Art. Natürlich war es eine Provokation. Ich finde das wichtig, weil es darum geht, die eigenen Grenzen zu überschreiten und auch um Spass zu haben.
... die Schweiz: Mit 13 ging ich in Villars-sur-Ollon aufs Internat. Es war gleich, nachdem wir diesen Song aufgenommen hatten. Das war gut für mich, ich tauchte total unter und bekam nichts vom Skandal mit.
... Hunde: Mein Vater hatte einen Bullterrier, mein Mann Ivan schenkte mir später auch einen. Aber beide Hunde sind früh gestorben, das war tragisch. Ich hätte gerne wieder einen Hund, aber nicht so einen wie im Film «Mon chien Stupide». Er war riesig, er hat gestunken und gehorchte kein bisschen. Dafür war er ein echter Charakter, er war schwul und sexbessen. Mir hat der Dreh Spass gemacht. Es ist erfrischend, politisch unkorrekt zu sein.