Sein Geschäft ist das Verprügeln von muskelbepackten Männern. Er ist fast zwei Meter gross und 105 Kilogramm schwer. Trotzdem wirkt er im Gespräch sanftmütig, beinahe schüchtern. «Meine letzte Rauferei hatte ich im Teenageralter. Ich würde nie Gewalt propagieren», sagt Claudio Castagnoli (38), wie der sympathische Luzerner mit bürgerlichem Namen heisst.
In der Schweiz kennt ihn kaum jemand, in den USA ist er als Wrestler Cesaro ein Superstar – allein auf Instagram folgen ihm 2,1 Millionen Menschen. «Es ist immer noch seltsam für mich, dass ich nicht mal Milch kaufen kann, ohne dabei um ein Selfie gebeten zu werden. Aber natürlich ehrt mich das», sagt er stolz.
Greencard in der Lotterie gewonnen
Schon in jungen Jahren träumte der gelernte Kaufmann davon, Wrestler zu werden. 2004 gewann er in der Lotterie eine Greencard und wanderte danach in die USA aus. «Ich bin für Benzingeld in Bars und kleinen Hallen aufgetreten. Ich wollte es unbedingt bis ganz nach oben schaffen.» Sieben Jahre später wird Cesaros Traum wahr, und er wird von der millionenschweren World Wrestling Entertainment (WWE) unter Vertrag genommen. Seither gehört er als «Swiss Cyborg» zu den Grössen der US-Wrestling-Szene.
Obwohl Cesaro seit vielen Jahren mit seiner Partnerin, der Wrestlerin Sara del Rey (38), in Florida lebt, ist er mit seiner Heimat immer noch eng verbunden. «Ich telefoniere wöchentlich mit meinen Eltern und höre nur Schweizer Radiosender wie DRS 3 oder Radio Pilatus.» Auch Live-Auftritte in der Schweiz, wie vor kurzem im Zürcher Hallenstadion, seien für ihn wichtig: «Das ist jedes Mal eine besondere Ehre für mich. Ich habe hier als Kind Kickboxlegende Andy Hug gesehen und seither davon geträumt, eines Tages selbst in diesem Ring zu stehen.»
Böser Unfall vor zwei Jahren
Über 200 Kämpfe absolviert Cesaro jährlich. Und obwohl beim Wrestling das Resultat vorgegeben ist und die Prügel nur gespielt sind, kann dabei auch mal etwas schiefgehen. Das musste der Schweizer, der seinen bösen Blick vor dem Spiegel übt, 2017 am eigenen Leib erfahren. Durch einen Aufprall am Ringpfosten wurden seine beiden Schneidezähne in den Kiefer gedrückt. Daraufhin musste er zwei Jahre lang eine Spange tragen. «Das Verletzungsrisiko gehört dazu. Hauptsache, ich kann jetzt wieder Äpfel essen», sagt Cesaro schmunzelnd.
Doch nicht Verletzungen, sondern dramatische Filme bringen das Muskelpaket am schnellsten zum Weinen. «Bei einer traurigen Filmszene läuft mir schon mal eine Träne über die Wange. Besonders wenn ich im Flieger Filme schaue.» Richtig entspannen kann der Schweizer Wrestler bei seinem Lieblingshobby, dem Nähen: «Ich nähe meine Wettkampf-Unterhosen alle selbst. Dabei kann ich besonders gut abschalten. Ausserdem kann ich mir sicher sein, dass die Hose auch richtig sitzt.»
Für die Zukunft wünscht sich Cesaro vor allem eins: eine eigene Familie. «Nach 13 Jahren Beziehung ist Familienplanung bei mir und meiner Freundin nun definitiv ein Thema», erklärt er und fügt schmunzelnd an: «Und bei einer Anfrage für eine Neuverfilmung von Bud Spencer würde ich auch nicht Nein sagen. Damit würden dann schon zwei meiner Kindheitsträume in Erfüllung gehen.»