Die Geschichte wird immer wieder kolportiert: Eine arbeitslose, alleinerziehende Frau in Edinburgh muss in ihrer Wohnung frieren und sitzt deshalb viel im Café. Dort schreibt sie ein Buch, während das Töchterchen im Wagen schläft.
Nach fünf Jahren Arbeit erscheint der erste Roman über einen Zauberlehrling - und macht die Frau zur Bestseller-Autorin und zum internationalen Star: Joanne Kathleen Rowling, bekannter als J.K..
Ihr Leben als Sozialhilfe-Empfängerin hat Rowling lang hinter sich gelassen, Potter hat sie steinreich gemacht. Auf 580 Millionen Pfund, fast 900 Millionen Franken, schätzte die «Sunday Times» ihr Vermögen im Frühjahr.
Ein Dutzend Verlage hatten das Manuskript abgelehnt. «Ich wusste, dass das Schwierige sein würde, es zu veröffentlichen», sagte Rowling der US-Talkmasterin Oprah Winfrey, «und dass es dann riesig werden würde.»
Sie behielt recht. Die sieben Bücher wurden zum globalen Phänomen, die Verfilmungen zu Kassenschlagern. Und so soll das offenbar auch bleiben. Der Hogwarts-Marketing-Express steht nie still: Alle paar Wochen gibt es Neues aus Potters Zauberschule. Eine Kurzgeschichte hier, ein Theaterstück da.
Ende nächsten Jahres wird es einen neuen Film mit Oscar-Preisträger Eddie Redmayne geben. Es ist wohl der erste Teil einer Trilogie. Die Vorlage, ein fiktives Lehrbuch Harrys, hat nur etwa 120 Seiten.
Auf der Website «Pottermore» können Fans zusätzliche Texte lesen oder Szenen aus den Büchern nacherleben und -spielen. Und natürlich einkaufen. «Pottermore.com ist ein Geniestreich», urteilte der «Guardian» 2011.
Die Produktionsfirma Warner bietet eine Harry-Potter-Studiotour an, ein Freizeitpark in den USA hat Harrys Welt nachgebaut, die Zahl der Merchandise-Produkte - von Bettwäsche über Zauberstäbe bis zum Schachspiel - ist kaum überschaubar.
Nicht nur finanziell läuft es für Rowling besser als damals im Café in Edinburgh. Sie lebt noch in der Stadt, inzwischen aber mit ihrem zweiten Mann und drei Kindern.
Nebenbei produziert die im englischen Yate geborene Rowling fleissig Literatur für Erwachsene. «Ein plötzlicher Todesfall» erschien unter ihrem echten Namen, die Detektiv-Krimis «Der Ruf des Kuckucks» und «Der Seidenspinner» unter dem Pseudonym Robert Galbraith. Sie habe ohne Druck schreiben wollen, erklärte sie.
Das Geheimnis flog schnell auf, weil ein Anwalt es der Freundin seiner Frau erzählte, die es über Twitter ausplauderte. Den Verkaufszahlen schadete das nicht, dem Anwalt wurde eine Geldstrafe aufgebrummt. Rowling spendete ihre Tantiemen.
Auch J.K. stand übrigens auf den Potter-Büchern, um Rowlings Identität zu verstecken. Der Verlag dachte, Harry Potter sei etwas für Jungs, und es solle besser kein Frauenname auf dem Titel zu lesen sein. Weil sie keinen zweiten Namen hatte, übernahm die Autorin für das K. den Namen ihrer Lieblingsoma.