Eine dunkelgrün gestrichene Parkbank mit schwarzen gusseisernen Beinen, das zentrale Requisit dieser Inszenierung, steht mitten auf der kleinen Bühne. Hanspeter Müller-Drossaart nähert sich ihr von hinten, während ihm der Regisseur Buschi Luginbühl knappe Anweisungen gibt. Seit 1980 arbeiten die beiden Innerschweizer im Hörspielbereich zusammen, nun inszenieren sie erstmals ein Bühnenstück.
Die Idee, Robert Seethalers Roman «Der Trafikant» (2012) zu dramatisieren, hatte Peter Brunner, der Leiter des Sogar Theaters - und rannte beim Schauspieler offene Türen ein. «Wir waren uns sofort einig», sagt Müller-Drossaart. «Eine glückliche Fügung», denn der Roman sei voller Dialoge und eigne sich wunderbar für die Bühne.
Zudem sei er zeitlos, betont Müller-Drossaart, der den Roman zur 90-minütigen szenisch-theatralen Stationenreise verarbeitet hat: «Er handelt von einem jungen Menschen, Franz Huchel, der die Welt kennenlernen muss. Er kommt aus der wohlbehüteten ländlichen Gegend, dem Salzkammergut im Norden Österreichs, in die Grossstadt Wien. Und dies 1937/38, zu einer Zeit also, die uns in Erinnerung ist als eine Zeit der Zerstörung und Entwertung der Menschenwürde.»
Erzählend und spielend umkreist der Schauspieler die Parkbank, berührt sie, stützt sich ab, setzt sich, kniet hinter ihr. Seine Sprache, Mimik und Gestik sind auf die Figuren - Franz Huchel, Sigmund Freund, das Mädchen Anezka, der Trafikant Otto Trsnjek und viele andere - zugeschnitten, machen sie lebendig. Allerdings wolle er sie nicht verkörpern, betont Müller-Drossaart nach der zwanzigminütigen Probe. «Ich skizziere sie, spiele sie nur an, damit ich das Publikum durch den Roman führen kann.»
Mit der Parkbank holt die Inszenierung das damalige Wiener Ambiente auf die Bühne. Eine solche Bank spielt auch im Roman eine wichtige Rolle, steht sie doch vor dem Haus von Sigmund Freud, der Franz Huchel freundschaftlich in Liebesdingen berät.
Historisches bieten an der Premiere vom 12. April auch Franz' Rucksack, die akustische Einspielung einer Rede des zurücktretenden Bundeskanzlers Kurt Schuschnigg sowie Projektionen: Ansichtskarten vom Attersee bei Nussdorf oder vom Wiener Heldenplatz. Eine musikalische Tonspur von Till Löffler begleitet die Aufführung als strukturierendes Element.
Hanspeter Müller-Drossaart spielt mittlerweile seine dritte Probenfassung, die er Wort für Wort aus Seethalers Roman herausdestilliert hat. Der Schauspieler habe das Stück im Kopf, sagt der Regisseur Buschi Luginbühl. «Meine Aufgabe besteht also nur darin nachzufragen. Ist das gut so?» Er bringe schon auch Vorschläge ein, ergänzt er, halte sich aber im Hintergrund. «Es ist der Dialog, der die Inszenierung weiterbringt.»
www.sogar.ch
Verfasser: Karl Wüst, sfd
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