Die Schlagzeilen um Circus-Royal-Direktor Oliver Skreinig (40) reissen nicht ab. Seine drei Watussi-Rinder, zwei Pferde und ein Pony stehen zum Verkauf, die sieben Kamele wurden gestern vom Veterinäramt in Roggwil BE abgeholt. Die Staatsanwaltschaft Thurgau hat Anklage gegen ihn wegen Verstössen gegen das Ausländerrecht sowie Betreibungs- und Konkursdelikten erhoben, wie BLICK berichtete.
Und doch, das Premierendatum vom 6. März in Weinfelden TG steht, der Platz ist reserviert. «Der Zirkus ist mein Leben. Ich gebe nicht auf. Aber alleine kann ich ihn nicht mehr weiterführen», sagt Skreinig und ergänzt: «Ich bin ein sehr sensibler Mensch, der niemandem etwas zuleide tut, keinen je übers Ohr gehauen hat.» Er möchte aufräumen mit Anschuldigungen und Gerüchten. BLICK lässt er hinter seine Fassade blicken. Da sieht es dunkel, doch auch hoffnungsvoll aus.
Die desaströseste Saison der vergangenen 23 Jahre
Oliver Skreinig weilte gestern in München. Da traf er sich mit potenziellen Geldgebern und Kaufinteressenten, wie er sagt. «Ich bin guten Mutes. Man darf nicht vergessen, dass nach dem Nationalcircus Knie der Royal lange die Nummer zwei war. Noch hat er international einen guten Ruf.»
Blicken wir auf die vergangene Royal-Saison zurück, die Mitte November 2019 im vorarlbergischen Dornbirn endete und «die desaströseste Saison der letzten 23 Jahre war, in denen ich dabei gewesen bin».
In Österreich habe er auf ein Zelt aus Deutschland gewartet, welches nicht abgebaut werden konnte, da es durch eine gefundene Fliegerbombe blockiert wurde. Ein weiteres Mal sei die Tribüne morsch gewesen, das Publikum ausgeblieben. Mitarbeiter mussten während Monaten auf ihre Löhne warten. «Mittlerweile haben alle ihren Lohn oder einen Schuldschein erhalten. Ich arbeite hart daran, dass diese bald eingelöst werden können», sagt Skreinig, der Ende November mit seiner Buchhalterin plötzlich verschwand.
Die Verzweiflung war gross
Welches Drama sich hinter seiner «Flucht» verbirgt, erzählt er nun: «Mit Schlaftabletten habe ich versucht, meinem Leben ein Ende zu setzen. Ich wollte nicht mehr aufwachen. Doch ich wurde gefunden und habe überlebt», sagt er mit stockender Stimme. Dann erzählt er von der harten Zirkuswelt. «Egal, ob du eine schwere Hirnerschütterung oder 40 Grad Fieber hast, du musst auftreten. Alles andere interessiert niemanden», so Skreinig. «Wer seinen Sinn nur darin sieht, andere zu unterhalten, kann auf der Strecke bleiben. Peter blieb es, ich auch beinahe.» Peter Gasser (†61) war sein Lebenspartner und einstiger Circus-Royal-Direktor. Im Sommer 2018 nahm er sich das Leben.
Gegen Ende 2019 habe Skreinig einen Nervenzusammenbruch erlitten, sei seither in psychologischer Betreuung. «Mir gehen der Zerfall dieses wunderbaren Zirkus und die Verfahren zu nahe. Der Royal ist mein Leben, meine Familie.» Welche Fehler hat er gemacht? «Ich hätte den Betrieb längst einstellen sollen. Zu lange habe ich falschen Leuten vertraut, Intrigen zu wenig hart unterbunden», sagt er und ergänzt: «Dies in Kombination mit erschwerten Umständen – wie teils wenig Publikum und Peters schwerem Erbe mit seiner Konkursbewältigung – hat mir den Boden unter den Füssen weggezogen.»
Skreinig kann Zirkus nicht mehr alleine stemmen
Doch er sieht Licht am Ende des Tunnels. Einige seiner Mitarbeiter würden weiterhin freiwillig für ihn arbeiten. «Ich nehme Hilfe in Anspruch, um wieder auf die Beine zu kommen. Und ich weiss, dass ich den Zirkus alleine nicht mehr stemmen kann.» In spätestens drei Wochen soll klar sein, ob der Circus Royal verkauft wird oder Skreinig mit neuen Partnern ein verjüngtes Konzept erarbeitet. Er hofft, dass es am 6. März wieder heisst: «Hereinspaziert!» Ob mit ihm oder ohne ihn.
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Adressen für Menschen, die jemanden durch Suizid verloren haben
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