Francine Jordi (44) über Liebe, Fältchen und dunkle Tage
«Ich brauche keinen Mann, der mich glücklich macht»

Francine Jordi ist mit 44 endlich angekommen. Sie will nur noch das tun und lassen, was sie will. Und sie sagt, warum ihr bei einem Mann Beruf und Aussehen unwichtig sind.
Publiziert: 08.08.2021 um 01:12 Uhr
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Aktualisiert: 08.08.2021 um 16:11 Uhr
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Mit 44 kann Francine Jordi noch alles, «muss aber nichts mehr».
Foto: Thomas Buchwalder
Interview: Peter Padrutt und Dominik Hug

«Mit 66 Jahren – da fängt das Leben an», sang Udo Jürgens. Sie sind jetzt 44. Wo stehen Sie heute im Leben?
Francine Jordi: Ich kann mit Bestimmtheit sagen: Mein Leben hat schon lange begonnen. Aber ich spüre eine wachsende Gelassenheit und hole das Beste aus meinem Leben raus.

Was ist mit 44 Jahren anders als mit 22?
Ich kann noch alles, aber ich muss nichts mehr. Das ist ein wunderbares Gefühl. Ich muss mich nicht mehr in High Heels zwängen, um mich sexy zu fühlen. Turnschuhe tun es auch. Ich muss auch nicht mehr überall dabei sein. Ein Abend auf dem Sofa mit einem Film und einer Tüte Chips kann jetzt auch unglaublich verlockend sein.

Ein Leben ohne Zwänge also ...
Ja, ich höre mehr auf mein Herz. Davon singe ich auf meinem neuen Album «Herzfarben», das nächste Woche herauskommt. «Mein altes Ich probiert sich», heisst es im Lied «44». Ich richte mich nicht mehr danach, was man darf und was nicht. Ich habe gelernt: Wenn es mir gut geht und ich gut zu mir schaue, ohne mich für andere gleich aufzuopfern, schöpfe ich noch mehr Kraft, um anderen zu helfen. Und so komme ich noch besser durchs Leben.

Gefallen Sie sich heute besser als früher?
Ich stehe auch nicht jeden Morgen auf und denke: Hallo Prinzessin, du siehst toll aus! Aber ich habe mich lieben gelernt – mit allen Falten und Narben. Das gelingt nicht immer, aber immer besser. Mein grosses Vorbild ist Liselotte Pulver. Sie hat es geschafft, auf natürliche Art zu altern, und sie hat dabei ihr Strahlen behalten.

Hand aufs Herz: Haben Sie im Gesicht nicht nachgeholfen?
Nein! Ich hätte auch zu viel Angst davor, dass sich meine Ausstrahlung verändert oder Komplikationen auftreten könnten. Ich versuche, auf natürliche Art und Weise älter zu werden. Ob es mir gelingt, kann ich noch nicht sagen. Wir werden sehen …

Persönlich: Francine Jordi

Francine Jordi (44) singt, seit sie zehn ist. Sie studierte Gesang und Klavier am Konservatorium in Neuenburg. 1998 gewann sie mit dem Titel «Das Feuer der Sehnsucht» beim Grand Prix der Volksmusik den ersten Platz. Jordi war mit Ex-Radprofi Tony Rominger (60) verheiratet, später mit Sänger Florian Ast (44) liiert. Ihre CD «Lago Maggiore» stieg auf Platz 1 der Schweizer Hitparade ein. 2018 erkrankte sie an Brustkrebs. Heute ist sie krebsfrei.

Francine Jordi (44) singt, seit sie zehn ist. Sie studierte Gesang und Klavier am Konservatorium in Neuenburg. 1998 gewann sie mit dem Titel «Das Feuer der Sehnsucht» beim Grand Prix der Volksmusik den ersten Platz. Jordi war mit Ex-Radprofi Tony Rominger (60) verheiratet, später mit Sänger Florian Ast (44) liiert. Ihre CD «Lago Maggiore» stieg auf Platz 1 der Schweizer Hitparade ein. 2018 erkrankte sie an Brustkrebs. Heute ist sie krebsfrei.

Wovon erzählen denn Fältchen?
Sie sind Zeitzeugen wunderschöner, fröhlicher Stunden, die ich mit der Familie und Freunden, aber auch im Beruf erleben durfte. Aber sie erzählen auch von traurigen Zeiten, von Schicksalsschlägen und Verlusten. Nur wenn man die Tiefen erlebt hat, weiss man das Glück zu schätzen.

Gibt es denn auch mal dunkle Tage in Ihrem Leben?
Klar gibt es das! Wenn man die Diagnose Brustkrebs bekommt, ist das einer der schwärzesten Tage im Leben. Das kann man nicht schönreden. Da zieht es einem einfach den Boden unter den Füssen weg. Aber ich hatte in meinem Fall sehr viel Glück. Es war dann meine eigene Entscheidung, ob ich mich fallen lasse oder wieder aufstehe und wie ich den Weg weitergehe.

Ihre Ehe ist in jungen Jahren zerbrochen, Sie wurden von Florian Ast enttäuscht. Und dann bekamen Sie noch Brustkrebs. Trotzdem sieht man Sie immer strahlen. Woher nehmen Sie diese Kraft?
Mein Glaubenssatz lautet: Das Leben will mich beschenken. Man muss nur die Augen öffnen, und man kann das sehen. Ich ruhe nicht, bis ich das Positive gefunden habe. Manchmal sehe ich es sofort, manchmal finde ich es auch erst nach Wochen oder Jahren. Aber ich gebe nicht auf, bis ich es gefunden habe und den Sinn dahinter verstehe.

Kürzlich nannten Sie das grösste Kompliment, das Sie je erhalten haben: «Schade, dass du nie Kinder wolltest, du hättest so viel Liebe zum Weitergeben.» Wann und wo wurde Ihnen das gesagt?
Das hab ich von einem guten Freund bei einem Waldspaziergang bekommen und fand es einen sehr schönen Gedanken.

Mit 44 könnten Sie grundsätzlich noch ein Kind bekommen – auch ohne Mann an Ihrer Seite. Es gibt auch andere Wege. Wäre das keine Option?
Ich glaube, meine Bestimmung in diesem Leben ist es nicht, eigene Kinder zu bekommen. Ich hatte auch nie diesen Wunsch. Aber wenn man keine eigenen Kinder will, heisst es ja nicht, dass man die Liebe nicht auch anderen Kindern schenken kann.

Auf Ihrem Album singen Sie im Song «Crazy» davon, dass Sie sich neu verlieben möchten. Wie gross ist dieser Wunsch?
Natürlich ist er da. Doch brauche ich keinen Mann, der mich glücklich macht. Ich bin selber für mein Glück verantwortlich und möchte dieses dann mit meinem Partner teilen.

Warum klappt es nicht – sind Ihre Ansprüche an einen Mann zu gross?
Ich habe gelernt, dem Leben zu vertrauen. Die Zeit ist einfach noch nicht reif dafür – warum auch immer. Wenn es dann so weit ist, kann ich Ihnen dann vielleicht erklären, warum es so lange gedauert hat. Falls ich die Erkenntnis finde.

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Verliebt man sich als Frau über 40 nicht mehr so Hals über Kopf wie früher?
Ja, das glaube ich schon. Ich will zum Beispiel nicht um jeden Preis eine Beziehung. Und ich bin auch nicht mehr bereit, mich so zu verbiegen, denn ich weiss, dass man das nicht durchhält. Umgekehrt ist man viel gelassener und kann den anderen so akzeptieren und lieben, wie er ist – mit all seinen Macken und Kanten.

Glauben Sie, eine Beziehung mit einem Mann aus Ihrer Branche wäre einfacher – oder wäre es eher belastend?
Das spielt keine Rolle, was mein Partner tun würde. Die Gefühle und das Menschliche müssen stimmen, nicht Aussehen oder Beruf.

Wann hadern Sie mit sich selber?
Wenn ich in mein altes Muster der Ungeduld zurückfalle und die Kontrolle über das Leben übernehmen will. Statt dass ich dem Leben vertraue und denke, alles wird gut.

Auch mit 44 schreitet das Leben voran. Wie gross ist die Angst, dass der Krebs doch noch einmal zurückkommen könnte?

Angst ist ein schlechter Ratgeber. Aber natürlich hat man bei jeder ärztlichen Kontrolle ein mulmiges Gefühl. Das ist ein Teil meines Lebens und ist in meinem Rucksack, den ich zu tragen habe.

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Ein wichtiger Begleiter ist auch Ihr zehnjähriger Hund Theo. Auch er wird älter. Haben Sie nie Angst, dass Sie ihn mal verlieren könnten?
Das wird kommen – und das wird schwierig sein. Er ist ein Familienmitglied, und er ist uns allen sehr ans Herz gewachsen! Ich probiere einfach, die Zeit mit ihm so bewusst wie möglich zu geniessen. Es könnte ja auch sein, dass mir morgen etwas passiert.

Wie haben Sie die Pandemie eigentlich finanziell gemeistert?
Zum Glück hatte ich finanziell keine Probleme, und der Bund hat uns Künstler ja auch gut unterstützt. Aber die Existenzängste meiner Freunde und Kollegen sind auch an mir nicht spurlos vorübergegangen!

Sie hätten eigentlich ausgesorgt. Könnten Sie wie Paola, die mit 40 von der Bühne abtrat, sagen: Ich höre auf?
Ich liebe meinen Beruf! Das haben mir auch die letzten eineinhalb Jahre ohne Konzerte deutlich gemacht. Ich würde mir wünschen, dass ich noch lange für die Menschen singen und ihnen Kraft spenden kann – in freudigen wie in traurigen Momenten.

Wo steht Francine Jordi mit 66 Jahren?
Das weiss ich nicht. Mein Vorbild ist mein Hund Theo. Er lebt in seinen drei Minuten und kümmert sich nicht um das, was früher war oder noch kommen wird. Er lebt nur in der Gegenwart. Ich hoffe, dass ich das auch mal schaffen werde.

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