«Es ist ein seltsames Bild: Die Piazza Grande ist leer, ohne Stuhlreihen, ohne Projektor, ohne Grossleinwand», sagte Ständeratspräsident Hans Stöckli (SP/BE) bei der Eröffnung. Er lobte die Organisatoren für die Hybridausgabe, bei der aufgrund der Coronavirus-Pandemie heuer Filme sowohl im Internet als auch in drei Kinos in Locarno und Muralto gezeigt werden.
«Sie suchten nach anderen Wegen - und fanden sie - um das Filmfestival trotz Covid-19 möglich zu machen. Ich freue mich darüber und möchte Ihnen dazu gratulieren», sagte Stöckli zu Festivalpräsident Marco Solari und zur künstlerischen Leiterin Lili Hinstin.
Die Französin erklärte, dass es das Wesensmerkmal der Menschen sei, sich anzupassen. «Das haben wir alle getan, Sie ebenso wie wir.» Und deshalb hätten die Organisatoren diese Festivalausgabe mit «Zukunft des Films» ("Locarno 2020 - For the Future of Films") betitelt.
Der Coronakrise zum Trotz gibt es in Locarno während elf Tagen 121 Filme zu sehen. Eröffnet wurde das Festival mit «First Cow», dem neusten Werk der US-amerikanischen Regisseurin und Drehbuchautorin Kelly Reichhardt.
«First Cow» stehe für einen der letzten Momente, «in denen man an Grossanlässen noch die kollektive Erfahrung des gemeinsamen Kinobesuchs machen konnte», schrieben die Verantwortlichen des Locarno Filmfestivals in einer kürzlichen Medienmitteilung. Der Film um den Einzelgänger Cookie Figowitz, der sich in den 1820ern einer Gruppe von Pelztierjägern im Oregon Territory anschliesst, war an der Berlinale präsentiert worden. Wenige Tage danach kam für Europa der Lockdown.
Kelly Reichhardt steht nicht nur hinter dem Eröffnungsfilm, sondern gehört auch der dreiköpfigen Jury an, die die zehn internationalen Filme von «The Films After Tomorrow» beurteilen - und damit über den Goldenen Leoparden 2020, den Preis Camapri und den Preis Swatch befinden wird. «The Films After Tomorrow» ist ein Projekt des Locarno Filmfestivals, mit dem Produktionen von Kinofilmen unterstützt werden sollen, die aufgrund der Coronakrise Gefahr laufen, nicht abgeschlossen zu werden.
Neben Reichhardt sitzen in der Jury für internationale Projekte der israelische Drehbuchautor und Filmemacher Nadav Lapid und Lemohang Jeremiah Mosese, Drehbuchautor, Regisseur und Kameramann aus Lesotho, wie das Locarno Filmfestival weiter bekannt gab.
Die Jury für das beste Schweizer Projekt besteht aus der italienisch-schweizerischen Regisseurin und Autorin Alina Marazzi, dem argentinischen Regisseur und Performer Matías Piñeiro sowie dem Regisseur und Produzenten Mohsen Makhmalbaf aus dem Iran.
(SDA)