Über 70 Schreibende sowie Übersetzer und Übersetzerinnen traten am Auffahrtswochenende in Solothurn auf - dank Mehrfacheinsätzen ergab das fast 140 Veranstaltungen: Standard- und Kurzlesungen, Lesungen im Dunkeln, Gemeinschaftsauftritte, Gesprächsrunden und musikalisch-literarische Performances für Erwachsene und Kinder.
Im Zentrum stand die viersprachige Schweizer Werkschau: Etablierte Namen wie Lukas Bärfuss - der zum dritten Mal in Folge an den Literaturtagen auftrat - Tim Krohn, Ilma Rakusa und Urs Faes sorgten für volle Säle. Aber auch Neuentdeckungen wie Julia Weber, Flurin Jecker oder Dina Sikirić stiessen auf viel Interesse. Von den elf ausländischen Gästen erwiesen sich die Deutschen Ilija Trojanow und Olga Grjasnowa als Publikumsmagneten.
Ein Höhepunkt war die Prime Time am Samstagabend: Michael Fehr, Autor des Erfolgsromans «Simeliberg», sang begleitet vom Bassisten Manuel Troller Blues nach eigenen Texten, mal ernsthaft, mal ironisch. Das Publikum tobte.
Unerwartet fesselnd auch am Samstagmittag die Diskussionsrunde «Die Demokratie in der Krise?» mit Lukas Bärfuss, Ruth Dällenbach - Mitorganisatorin des Kongresses «Reclaim Democracy» - und dem Belgier David van Reybrouck. Letzterer stellte die These aus seinem Buch «Gegen Wahlen» vor: Da Parlamentarier oft nicht sachlich, sondern im Hinblick auf ihre Wiederwahl entscheiden, sollten Räte per Los ermittelt werden.
Bärfuss, Verfasser des Essays «Die Schweiz ist des Wahnsinns», bekundete Sympathie mit Van Reybroucks These, weil sie sich gegen «uns selbstgefällige Totaldemokraten» richtet. Er sah das Hauptproblem aber eher im Konzept des Nationalstaats, was ihn zum Ausruf «Wie werden wir den Nationalrat los?» veranlasste.
Die Begegnung Bärfuss-Van Reybrouck wird zwei Neuauflagen erleben: am Dienstag im Schauspielhaus Zürich und Ende Juni am Literaturfestival Leukerbad.