Eluveitie sind der zurzeit erfolgreichste Schweizer Musikexport. Die Folk-Metaller touren rund um den Globus und sind selten zu Hause, ausgenommen am 30. Dezember, beim Festival «Eluveitie & Friends» in der Halle 622 in Zürich-Oerlikon. Im Interview mit BLICK spricht Band-Mastermind Christian Chrigel Glanzmann (42) über das perfekte Publikum, seine Kindheit und seine Inspiration, den speziellen Bandcharakter und das nächste Album, das 2018 folgt.
BLICK: Chrigel Glanzmann, Sie sind mit Eluveitie international enorm gefragt. Wie planen Sie Ihre Tourneen?
Chrigel Glanzmann: Vor 15 Jahren habe ich Eluveitie gegründet. Vieles ist organisch gewachsen und es gibt heute glücklicherweise Anfragen aus der ganzen Welt. Wir haben das komfortable, aber auch anstrengende Privileg, auf jedem Kontinent spielen zu dürfen. Wichtig ist, die geografischen Schwerpunkte sinnvoll miteinander zu verbinden, um die Reisewege möglichst kurz zu halten.
Wo spielen Sie am liebsten?
Ich kann mich da unmöglich entscheiden. In Skandinavien spiele ich wegen der Landschaft gerne, die Leute sind aber eher zurückhaltend. Ganz im Gegensatz zu Südamerika. Und es gibt zwei ganz eigene Atmosphären: Jene in Japan und jene in Indien und Bangladesh. In Indien spielten wir kürzlich vor 25’000 Leuten, und die haben sich wirklich die Mühe gemacht, sich auch die gallischen Texte einzuprägen und auswendig zu lernen. Sie haben leidenschaftlich mitgesungen, obwohl sie vermutlich keine Ahnung hatten, was die Worte bedeuten. Das hat mich wahnsinnig berührt.
Gibt es auch Gemeinsamkeiten?
Bei allen länderspezifischen Unterschieden möchte ich festhalten: Metalheads bleiben Metalheads. Musik ist fähig, Menschen verschiedenster Herkunft und Kulturen zu verbinden. Musik ist eine universelle Sprache, der Text dazu ist eher untergeordnet. Was wir tun, ist mit Musik Geschichten zu erzählen.
War für Sie schon früh klar, dass Sie Musik machen und auf die Bühne wollten?
Als Kind war ich eine Art Nerd. Ich rief bei den Erwachsenen zwar auch Bewunderung hervor. Aber primär fragten sie sich schon: Ist alles gut mit dem Bub? (lacht). Musik war von klein auf Thema Nummer 1. Ich wollte bereits im Kindergarten Gitarre spielen und habe meine Eltern beinahe wahnsinnig gemacht mit meinem Wunsch, denn Unterricht gab es erst in der 1. Klasse. Schon von klein auf haben mich alte Kulturen interessiert, alles Keltische. Ich wolle Archäologe werden oder Naturforscher. Vom Musikgeschmack her haben mich meine beiden älteren Geschwister geprägt, die Metal hörten. Und meine ältere Cousine, die mir meine erste Platte schenkte, von Iron Maiden.
Von Ihrem Jahrgang 1975 her eher erstaunlich. Damals war doch eher Pop Trumpf.
Natürlich habe ich kurz mal in die 80er-Hits von Duran Duran, Michael Jackson und Sandra reingehört, um irgendwie dabei zu sein. Aber diese Künstler haben mein Herz nicht angesprochen, und das finde ich das Wichtigste. Vor der Musikkarriere habe ich dann eine Buchhändlerlehre gemacht. Ein schöner Beruf, leider ist das Business jetzt in der Krise. Belletristik war aber nie so mein Ding. Ich lese vor allem wissenschaftliche Literatur, mein Lieblingsbuch ist ein dreibändiges Standardwerk über Keltologie.
Sie mussten vor kurzem den Gitarristen, den Schlagzeuger und die Sängerin ersetzen. War’s schwierig?
Gitarre und Schlagzeug hatten wir überraschend schnell. Bei der Sängerin hatte es länger gedauert, weil Anna Murphy, eine der besten ihres Fachs, schwer zu ersetzen war. Und ihre Nachfolgerin Fabienne Erni liess lange auf sich warten. Aber jetzt stimmt die Chemie, der Funke ist sofort übergesprungen. Eigentlich sind wir eine Familie, nicht eine Gruppe von Musikern, sondern eine Gruppe von Freunden. Ich halte zwar im künstlerischen Bereich die Fäden zusammen, doch sonst keineswegs, ich war noch nie ein Chef-Typ.
Neun Köpfe sind eine relativ grosse Zahl für eine Band. Wie werden Entscheidungen getroffen?
Wir sind eine Schweizer Band, deshalb sind wir demokratisch (lacht), aber wir haben das aufgeweicht. Früher haben wir immer abgestimmt. So gab es stets eine unterlegene Gruppe mit einer anderen Meinung. Das wollte ich nicht mehr. Jetzt wird diskutiert, und am Schluss stehen alle hinter den Entscheiden und die Zweifel sind ausgeräumt. Familienpolitik trifft es als Beschrieb ziemlich gut.
Tun Sie sonst etwas Spezielles für das Einheitsgefühl?
Wir spielen 200 Konzerte im Jahr, dazu kommen die Reisen, und schliesslich wollen wir auch noch ein Album herausgeben. Wir sind wahnsinnig viel zusammen und brauchen keine speziellen Aktionen. Unsere Teambildung passiert im Tourbus (lacht).