Editorial über Gölä und Nemo
Und wer von beiden ist der Bünzli?

Zwei heimische Showstars beherrschten diese Woche die Schlagzeilen. Sie könnten kaum unterschiedlicher sein – und symbolisieren damit die Schweiz.
Publiziert: 12.05.2024 um 12:20 Uhr
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Aktualisiert: 12.05.2024 um 12:21 Uhr
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Muss seine Tour absagen: Gölä.
Foto: Keystone
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Reza RafiChefredaktor SonntagsBlick

Gute Geschichten leben von Gegensätzen, und gegensätzlicher könnten die zwei Schweizer Bühnenfiguren nicht sein, die letzte Woche hierzulande die Schlagzeilen beherrschten. Dass einer der beiden aus dem Berner Seeland stammt und der andere aus dem Oberland, ist noch der geringste Unterschied. Mit sonnenklarer Deutlichkeit kontrastieren sie in allen anderen Merkmalen. Sie haben es erraten – es geht um Gölä und Nemo. 

Der eidgenössische ESC-Star löste unter seinen Landsleuten einen beispiellosen Hype aus – es ging bis an die Grenze der Übersättigung. Man fragt sich, wie manche Radiomoderatoren nach dem Nemo-Boom je weiterleben können. Dem Talent aus Biel steht der Selfmade-Rocker Gölä aus Oppligen gegenüber, der mangels Nachfrage sein Musikfestival in Nidwalden absagen musste und diesen seltenen Misserfolg im Blick-Interview mit gewohnter Offenherzigkeit kommentierte: «I bi schön uf d Schnurre gfloge.» Mit dem Herz auf der Zunge eroberte er vor über zwei Jahrzehnten die Musikwelt; seine ungeschminkte Poesie handelt von weissen Schwänen und Gerechtigkeit für alle Geplagten.

Gölä wirkt als testosterongesteuerter Frühaufsteher und Fleischesser mit Bauarbeitercharme. Er bezeichnete sich einst selbst als «Schweizer Donald Trump» und sehnt in seinen Songs einen Che Guevara von rechts herbei. Der zartbesaitete Bieler Musikexport Nemo hingegen arbeitet sich in seinem international gefeierten Hit «The Code» an seinem Weg zur non-binären Identität ab. Nemo steht für die links-progressiv-vegane Städterschweiz zwischen Regenbogenwimpeln und Lastenrädern, die den zur Freakshow geratenen Eurovision Song Contest für sich entdeckt hat.

Die beiden als Bud Spencer und Terence Hill des Schweizer Showbusiness zu bezeichnen, wäre verlockend – aber vielleicht auch vermessen. Nur schon deshalb, weil man sich das Neo-Berliner Singtalent mit der pinken Wollmütze nicht mit fliegenden Fäusten vorstellen kann. Ungeklärt steht derweil eine andere Frage im Raum: Wenn wir davon ausgehen, dass die beiden die verschiedenen Facetten der Schweiz verkörpern – wer von beiden ist eigentlich der Bünzli?

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