Die Zeitumstellung leitet die dunkle Jahreszeit ein. Viele leiden dann am Winterblues
Es gibt Lichtblicke

Wenn die Tage kürzer und dunkler werden, sinkt auch unsere Stimmung. Jeder Fünfte leidet im Winter an melanchonischen Zuständen, manche entwickeln gar eine Depression. Hilfe verspricht eine Lichttherapie.
Publiziert: 25.10.2019 um 23:35 Uhr
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Aktualisiert: 26.10.2019 um 09:26 Uhr
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Jede Fünfte leidet am Winterblues. Bei manchen führt die dunkle Jahreszeit sogar zu Depressionen wegen Lichtmangel.
Foto: Getty Images
Katja Richard

Wenn in der Nacht auf Sonntag die Zeit um eine Stunde zurückgestellt wird, muss sich auch unsere innere Uhr anpassen. Immerhin, der Wechsel auf die Winterzeit fällt leichter. «Der Tag wird um eine Stunde länger, was für die innere Uhr einfacher zu bewerkstelligen ist», erklärt Christian Cajochen (55), Leiter des Zentrums für Chronobiologie in Basel.

Dennoch reagieren laut dem Chronobiologen manche Menschen empfindlich – mit einer Art Minijetlag. «Der Fehlabgleich der inneren Uhr mit dem äusseren Licht-Dunkel-Wechsel, kann sich negativ auf die Stimmung, die Müdigkeit, und den Schlaf auswirken», so Cajochen. «Bei den meisten von uns ist dies nur von kurzer Dauer und pendelt sich nach einer Woche wieder ein.» Unabhängig von der Zeitumstellung drücken die kurzen Tage im Herbst und Winter mit weniger Tageslicht auf die Stimmung. Jeder Fünfte ist vom sogenannten Winterblues betroffen.

Licht hilft gegen den Winterblues

Eine echte Depression entwickelt sich daraus laut dem Psychiater Stefan Telser (55) aber deutlich seltener. Was hilft, ist Licht: Es ist die wichtigste Zeitreferenz für die innere Uhr, die im Körper jeden Tag aufs Neue abgestimmt wird. «Eine Lichttherapie kann bei Verstimmungen oder Depressionen genauso wirksam sein wie Medikamente. Das wird oft unterschätzt.»

Der Leiter der Psychiatrie St. Gallen Nord in Rorschach SG empfiehlt für die dunkle Jahreszeit das richtige Licht zur richtigen Tageszeit. Lampen in Tageslichtqualität, also mit mehr als 5300 Kelvin, sollten vom Aufstehen bis in den frühen Abend verwendet werden, später dann das gewohnte warme, weisse Licht.

Das Dracula-Hormon kommt mit der Dunkelheit

«Damit wird die Produktion von Melatonin beim Aufstehen gestoppt. Man nennt es auch das Dracula-Hormon, weil es mit der Dunkelheit kommt und das Licht scheut», so Telser, das habe aber nichts Grusliges. «Melatonin stellt den Körper auf Nachtruhe ein und ebnet dem Schlaf den Weg. Das Einschlafen bleibt aber etwas, was man nicht erzwingen kann, im Gegensatz zum Aufwachen, das der Wecker gnadenlos einläutet.»

Wenn der Wecker im Winter morgens noch im Dunkeln losgeht, fällt das Aufstehen umso schwerer. Insbesondere, wenn man eine sogenannte Eule ist. «Ob wir Frühaufsteher oder eher nachtaktiv sind, ist genetisch festgelegt, genau wie die Augenfarbe», sagt Telser. Etwa ein Fünftel der Bevölkerung sind Eulen, weniger als zehn Prozent Lerchen. Die anderen sind die so genannten chronobiologischen Normaltypen. «Das sind all jene, die zwischen etwa 23 und 1 Uhr einschlafen.»

Die innere Uhr bestimmt den Rhythmus

Unterschiedliches Timing und Dauer von Schlaf sind unser entwicklungsgeschichtliches Erbe. Ein System, das in früheren Zeiten Sinn gemacht habe: «So war in einer Gruppe von Menschen immer jemand wach, der die anderen alarmieren konnte, wenn nachts Gefahr drohte.» Heute habe man sich mit künstlichem Licht unabhängig vom äusseren Tag gemacht. «Unsere innere Uhr – unser innerer Tag –, nach der sich unsere Wach- und Schlafzeiten richten, lässt sich hingegen nicht frei nach unseren Bedürfnissen einstellen», so Telser.

Welchen Einfluss Schlaf und Chronobiologie auf unser Befinden haben, zeigt sich unter anderem bei Leuten, die in die Herbst-Winter-Depression rutschen. Typische Lichtmangelbeschwerden sind Heisshunger auf Kohlenhydrate, Gewichtszunahme, Tagesmüdigkeit und Energieverlust. Das beste Rezept dagegen: Möglichst oft ans Tageslicht gehen. Das hebt die Stimmung und macht wach.

Es gibt Lichtblicke

Die Schweiz führte die Sommerzeit als Reaktion auf die allgemeine Energiekrise als letztes Land in Europa 1981 ein. Seither gibt es immer wieder Aufhebungsversuche. Eine EU-Umfrage im Sommer 2018 zeigte den Widerwillen gegen das Drehen an der Uhr deutlich: 4,6 Millionen Menschen nahmen Stellung, 84 Prozent davon waren für die Sistierung, zwei Drittel für eine dauerhafte Sommerzeit. Seither drängt man in Brüssel auf eine rasche Abschaffung. Die nun angestrebte Umsetzung im Jahr 2021 verläuft aber schleppend, weil sich die einzelnen EU-Staaten einigen müssen. In der Schweiz wartet man derweil auf den Entscheid der Nachbarn.

Die Schweiz führte die Sommerzeit als Reaktion auf die allgemeine Energiekrise als letztes Land in Europa 1981 ein. Seither gibt es immer wieder Aufhebungsversuche. Eine EU-Umfrage im Sommer 2018 zeigte den Widerwillen gegen das Drehen an der Uhr deutlich: 4,6 Millionen Menschen nahmen Stellung, 84 Prozent davon waren für die Sistierung, zwei Drittel für eine dauerhafte Sommerzeit. Seither drängt man in Brüssel auf eine rasche Abschaffung. Die nun angestrebte Umsetzung im Jahr 2021 verläuft aber schleppend, weil sich die einzelnen EU-Staaten einigen müssen. In der Schweiz wartet man derweil auf den Entscheid der Nachbarn.

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