Wir schreiben das Jahr 1965: Pilzköpfe schiessen aus dem Boden. In zwei Jahr werden die Hippies in San Francisco (USA) den Summer of Love feiern. Und auch in der Schweiz regt sich etwas. Der Urdorfer Zahnarztsohn Jürg Marquard (20) verkauft zusammen mit seinen Brüdern und Freunden eine neu lancierte Musikzeitschrift überall dort, wo sich Jugendliche aufhalten. Die Texte hackt er selber in eine klapprige Schreibmaschine. «Pop» heisst die Postille, und sie schmückt sich mit einem Warnhinweis: «Die Zeitung nur für uns!» Rock und Pop sind damals noch Randphänomene, die gute Gesellschaft will nichts damit zu tun haben. «Damals hiess es in der NZZ: Diese langhaarigen Affen mit ihren Gitarren verderben unsere Jugend», erinnert sich Jürg Marquard.
«Pop» wird zum Knaller
Das war erst recht ein Ansporn für den Maturanden: Je 200 Franken hatte er von neun Kollegen gepumpt – und auf 2000 Franken aufgerundet. Ihm ist klar: In dieser Musik steckt Sprengkraft. Sie wird alle Lebensbereiche erfassen. Und prompt wird «Pop» ein Knaller. «Heute würde man sagen, dass ich ein Start-Upper war», sagt Marquard. Ab nächstem Dienstag ist es umgekehrt: Da greift er in der TV-Show «Die Höhle der Löwen Schweiz» auf TV24 jungen Leuten unter die Arme, die mit neuen Idee reüssieren wollen. Wäre er damals auch in eine TV-Sendung gegangen, um für Geld für sein Start-up zu kämpfen? Marquard überlegt. «Vermutlich schon. Aber ich hätte wohl auch Angst gehabt, dass mir jemand die Idee klaut.»
Schon zwei Jahre später war Marquard ein Star. Als Moderator der ersten Schweizer Hitparade schrieb er Schweizer Musikgeschichte. Als ihm Unterhaltungschef Cédric Dumont verbot, einen Trailer für seine Zeitschrift «Pop» vor die Hitparade-Sendung zu setzen, warf er ihm an den Kopf: «Okay, dann nenne ich mich von nun an am Radio Mister Pop.»
Schon als Twen der erste Rolls-Royce
Mister Pop wurde schnell reich, kaufte sich zuerst einen Ferrari, dann einen Rolls-Royce, auf dessen Kühler sich Pin-up-Girls räkelten. «Aber dazu brauchte es einen wichtigen Entschluss, und den hatte ich bereits mit 23 Jahren gefällt: über die Grenze zu gehen», erinnert er sich. «Die Absatzmärkte waren in Deutschland viel grösser.» Das junge Publikum riss sich um seine Zeitschriften wie «Pop/Rocky», «Popcorn» oder «Mädchen». Bis Mitte der 1990er-Jahre wuchs aus 2000 Franken Startkapital ein Imperium mit mehr als 200 Millionen Franken Jahresumsatz, mit 220 Millionen Auflage und mit über 30 Titeln in zwölf Ländern.
Aber Marquard plante immer «the next big thing», den nächsten grossen Coup. 1988, also noch vor dem Mauerfall, bat ihn das ungarische Jugendministerium, «Popcorn» und «Mädchen» im Donauland zu lancieren. Die beiden Zeitschriften schlugen in Ungarn ein wie eine Bombe. Nach der Wende expandierte er in weitere osteuropäische Staaten.
Dank der Lizenz für die deutsche «Cosmopolitan»-Ausgabe wurde Marquard auch zum König von Frauen-, Lifestyle- und Fitnessmagazinen. Allerdings rockte der Jugendmarkt immer weniger. Das lag nicht zuletzt am aufkommenden Internet. 1999 verkaufte Marquard seine Jugend- und Musikhefte an den Axel-Springer-Verlag, was hinsichtlich rapide sinkender Verkaufszahlen ein weiser Entscheid war.
Reichtum nie versteckt
Mister Pop wurde auch ein bisschen zum Mister Pomp. Seinen Reichtum versteckte er nie. Er betonte aber einmal: «Ich bin kein Verschwender. Ich rechne immer sehr genau, bevor ich eine grosse Investition mache – auch im privaten Bereich.» Und meinte damals: «Warum soll ich Tram fahren, wenn ich mir schöne Sportwagen leisten kann? Ich weiss, dass es in Zürich Leute gibt, die Tram fahren, obwohl sie mehr Geld haben als ich. Wenn sie das aus Imagegründen tun, dann leben sie aus meiner Sicht am Leben vorbei.»
Noch bevor er aus dem Jugendmarkt ausstieg, begann er sich für Tageszeitungen zu interessieren. «In der Schweiz kann man Tageszeitungen eigentlich nur erben. Darum knüpfte ich an meine guten Kontakte an und realisierte meinen Tageszeitungstraum im Osten. Einige Jahre später gehörten ihm sieben Tageszeitungen, fünf in Polen und zwei in Ungarn, samt dazugehörenden Druckereien. Später trennte er sich wieder von seinem Tageszeitungsimperium. Seine zwei ungarischen Tageszeitungen verkaufte er seinem Freund Michael Ringier. In Zeiten schwindender Publishing-Erträge investiert er heute mit seiner Firma Marquard Media in neue Geschäftsmodelle. «Meine Firma steht kurz vor der Lancierung von drei völlig neuartigen Projekten, welche nichts mit dem klassischen Verlagsgeschäft zu tun haben, die aber international gross skalierbar sind.»
Mit harter Arbeit zum Erfolg
Seine Arbeitsplätze – Karibik, Mittelmeer, Herrliberg ZH und St. Moritz GR –lassen vermuten, Marquard mache Dauerferien. «Das stimmt überhaupt nicht, ich arbeite normalerweise zehn bis zwölf Stunden am Tag, am Wochenende etwas weniger. Da ich aber meine Arbeit liebe, könnte ich auch sagen, ich vergnüge mich zehn bis zwölf Stunden am Tag.» Er hat viel und hart gearbeitet, oft Risiken auf sich genommen und nie aufgegeben, auch wenn mal etwas schieflief, und ist deshalb für viele Kandidaten der «Höhle der Löwen Schweiz» ein Vorbild. Er meint dazu: «Sicher können sie an meinem Beispiel sehen, dass man auch mit wenig Anfangskapital einiges erreichen kann.»
In «Die Höhle der Löwen Schweiz» (ab Dienstag um 20.15 Uhr auf TV24) kämpfen Jungunternehmer um ein Investment. Die fünf Löwen sind Finanzunternehmer Tobias Reichmuth, Technologieunternehmerin Bettina Hein, Onlinehandel-Experte Roland Brack, Business-Apartment-Pionierin Anja Graf und Verleger-Mogul Jürg Marquard.
In «Die Höhle der Löwen Schweiz» (ab Dienstag um 20.15 Uhr auf TV24) kämpfen Jungunternehmer um ein Investment. Die fünf Löwen sind Finanzunternehmer Tobias Reichmuth, Technologieunternehmerin Bettina Hein, Onlinehandel-Experte Roland Brack, Business-Apartment-Pionierin Anja Graf und Verleger-Mogul Jürg Marquard.