BLICK: Wie blicken Sie auf die letzten Monate zurück?
Büne Huber: Ich erlebte eines der besten Jahre meines Lebens – ohne einen einzigen Tiefschlag. In der ersten Hälfte wurde das Album fertiggestellt, das kam gut an. Danach kam ein Bub auf die Welt, der kam auch gut an. Und jetzt sind wir auch 2016 immer noch auf Tournee, und die kommt ebenfalls gut an.
Sie sind nach 18 Jahren noch einmal Vater geworden. Was ist anders bei Max als damals mit Hannah?
Vater zu werden, ist eigentlich gleich wie damals. Ich bin hingerissen, geschüttelt und gerührt vor Glück. Aber das System hat sich verändert. Das habe ich während der Schwangerschaft gemerkt. Bei meiner Tochter gab es vielleicht drei Ultraschallbilder, jetzt beim Buben sicher 25. Es ist ganz selbstverständlich, dass man das macht. Aber ich hab es genossen, dass man die Schwangerschaft so intensiv mitverfolgen kann.
Kamen Sie zu genug Schlaf?
Nein, lange nicht. Max hatte seine Dreimonatskoliken, und da musste ich ihn halt durch die Nacht tragen. Aber das ist mit meinem Job nicht so dramatisch. Ein Vater, der morgens um sieben Uhr in einer Metallbauschlosserei stehen muss, hat da andere Sorgen. Ich kann mit meiner Zeit recht frei umgehen. Auch während der Tournee. Da haben wir nachmittags um vier Soundcheck. Wenn ich eine Nacht nicht schlafe, kann ich mich am Morgen noch erholen.
Man kennt Sie als Geniesser. Weshalb trinken Sie nun auf Tournee keinen Alkohol?
Es hat zwei Aspekte. Max ist sicher ein Grund. Ich bin ein relativ alter Vater mit 53. Ich muss schauen, dass ich geistig und körperlich vital und geschmeidig bleibe. Ich bin 68 wenn mein Bub pubertiert. Da musst du parat sein und etwas auf dem Kasten haben, kannst nicht einfach so vor dich hindämmern.
Und der andere Aspekt?
Der andere Aspekt ist, dass ich zum Exzess neige und mich etwas bündeln muss. Wenn du zum Soundcheck kommst, stehen in der Garderobe Weisswein, Rotwein, Bier und Schnäpse bereit. Dem zu widerstehen, ist manchmal etwas schwierig. Ich kann nicht so gut Nein sagen. Also musste ich mich am Riemen reissen. Ich wollte auch am Ende der Tour nicht wieder fünf Kilo schwerer sein.
Wie schwer fällt Ihnen Abstinenz?
Erstaunlich leicht. Ich bin selber überrascht. Und ich habe das Gefühl, ich sei so präzis wie noch nie auf der Bühne. Aber Präzision ist ja nicht unbedingt das höchste Gut des Rock ’n’ Roll.
Nun sind Sie für drei Swiss Music Awards nominiert. Erleben Sie mit Patent Ochsner die erfolgreichste Zeit in der Bandgeschichte?
Schwierig zu sagen, ich denke nicht so buchhalterisch. Aber etwas muss man schon sagen, unsere Verkäufe sind bei weitem nicht mehr dort, wo sie mal waren. Der Markt hat sich brutal verändert. Wir reden von Verkaufszahlen, die vielleicht um drei Viertel eingebrochen sind. Sicher zwei Drittel weniger als früher. Das spürt man.
Was bedeutet das für Sie?
Wir haben früher einen grösseren Teil unseres Geldes mit dem Verkauf der Alben verdient. Heute verdienen wir mit den Konzerten. Früher kostete der Eintritt rund 30 Franken, heute eher gegen 50 Franken. Und die Konzerte sind ausverkauft. Also will ich auch nicht jammern. Es funktioniert nun mal so in diesem Moment unseres Lebens. Aber auch die Gigs sind anders.
Wie denn?
Die Konzerte sind eher zu Events geworden. Die Leute kommen an deinen Gig, und dann schwatzen sie die ganze Zeit. Da sind Leute im Saal, die bezahlen offenbar 50 Franken, um einfach nur sich selbst zuzuhören. Sie labern sogar bei den feinsten Stellen, zu den leisesten Tönen.
Wie sehr nervt das?
Es kann einen schon aus dem Konzept bringen. Man muss sich das vorstellen: Einmal habe ich einen Song für meine Tochter angestimmt. Und auf dem anderen Ohr höre ich tatsächlich, wie zwei Frauen im Publikum über ihre Monatsbeschwerden diskutieren. Das ist schon sehr verwirrend. Und da kommt es auch mal vor, dass man deswegen einen Song verhaut.
Wie gehen Sie damit um?
Liedermacher Tinu Heiniger sagte es so: «Schau, es sind offenbar viele Leute unterwegs, die von ihren Eltern nicht mitbekommen haben, dass man in gewissen Momenten Respekt zeigen muss für das Schaffen der anderen.» Ich sehe es ähnlich. Es ist eine Erziehungsfrage – ich hoffe, ich mache es besser.