Wie riecht Norwegen? Im Ehrengastpavillon auf der Frankfurter Buchmesse können die Besucher ab Mittwoch an Gewürzstreuern schnüffeln, um das zu erfahren. Klingt ein bisschen wie im Labor, und tatsächlich wirkt der Pavillon ziemlich kühl, leer und ungemütlich. Oder licht, luftig und skandinavisch minimalistisch durchgestylt. Die Meinungen der ersten Besucher nach der Eröffnung am Dienstagmittag gingen auseinander.
Noch nie war die für den Ehrengast reservierte Messehalle so offen: glänzender weisser Boden, unverkleidetes Hallendach, verspiegelte Wände und dazwischen zwei Dutzend filigrane Objekte - halb Büchertisch, halb dreidimensionale Zeichnung. Auf diesen Inseln im weissen Nichts wird das präsentiert, worum es eigentlich geht: Bücher. Nach Genres geordnet findet sich hier das Best of der rund 250 in diesem Jahr neu aus dem Norwegischen ins Deutsche übersetzten Bücher.
«Wir wollen die norwegischen Autoren in den Mittelpunkt stellen und den Lesern die Geschichten aus Norwegen ans Herz legen», sagt Halldór Gudmundsson, der Projektleiter des Gastlandauftritts. «Ausserdem wollen wir die Leselust fördern. Und uns für die Meinungsfreiheit einsetzen.» Dafür gibt es im Gastland-Pavillon täglich eine «Stunde der Freiheit". 2011 hatte Gudmundsson bereits den - besonders gemütlichen - Ehrengast-Auftritt Islands organisiert.
«Jeder in Deutschland erwartet norwegische Landschaft», gibt das Architekturbüro zu, das den Pavillon gestaltet hat. Manthey Kula und LCLA Office wollten «Literatur als Raum und Landschaft» gestalten, die Bögen über den Büchertischen sehen sie als «imaginäre Landschaft". Ein bisschen echte Landschaft gibt es dann aber doch. An einer Wandseite hängen grossformatige, aber schwarz-weisse Fotos von samischen Wäldern.
Ganz am Rande des Pavillons, auf der Rückseite der Bühne, auf der in den nächsten fünf Tagen fast rund um die Uhr Veranstaltungen stattfinden, wird es plötzlich dann doch gemütlich. Holzverkleidete Wände mit Büchern, Tische und Stühle laden zum Verweilen ein. Hier steht auch «Wittgensteins Boot», ein Werk der norwegischen Künstlerin Marianne Heske.
Der Philosoph Ludwig Wittgenstein (1889-1951) verbrachte von 1913 bis 1950 seine Urlaube an einem norwegischen Fjord, liess sich 1914 dort sogar eine Hütte bauen. Heske rettete vor zwei Jahren ein kaputtes Boot vor der Vernichtung, das aus eben jenem Fjord geborgen worden war und beim Mittsommernachtfeuer verbrannt werden sollte. Ob es tatsächlich Wittgensteins Boot war, könne man nicht wissen, sagt Heske, «aber es könnte sein". Jetzt sei es ein Symbol: für Wittgensteins «Denkbewegungen», für das Unterwegssein.
«Der Traum in uns» hat Norwegen seinen Gastland-Auftritt überschrieben. Es ist einem der bekanntesten Texte Norwegens entlehnt: «Das ist der Traum, den wir tragen, dass etwas Wunderbares geschieht» beginnt Olav H. Hauges Gedicht.
100 norwegische Schriftsteller reisen zur Buchmesse nach Deutschland, darunter Schwergewichte wie Krimiautor Jo Nesbø, Maja Lunde ("Die Geschichte der Bienen") und Jostein Gaarder ("Sofies Welt"). Knapp 20 Autoren kamen am Dienstag im «Literaturzug» nach Frankfurt - zusammen mit dem norwegischen Kronprinz Haakon und seiner Frau Mette-Marit.
(SDA)
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